Auf einen Blick
- Trotz anfänglicher Euphorie über die Wiedervereinigung gestaltete sich der Prozess der inneren Einheit als schwierig und stellte das Land vor große wirtschafts- und sozialpolitische Herausforderungen.
- Mit Reformen sollte der Weg in eine wirtschafts- und finanzpolitisch stabile Zukunft beschritten werden. Die Neuordnung des Arbeitsmarktes und der Sozial- und Rentensysteme erwies sich zwar als wirksam, blieb aber umstritten.
- Außenpolitisch wirkte das vereinte Deutschland an der Vertiefung der europäischen Integration und der endgültigen Überwindung der Teilung Europas maßgeblich mit.
- In der Sicherheitspolitik übernahm Deutschland auch militärisch mehr Verantwortung, um den internationalen Erwartungen gerecht zu werden.
- Die Beschäftigung mit Geschichte und Erinnerung gehört zu unserem Auftrag. Im Rahmen verschiedener Projekte und Publikationsreihen widmen wir uns dabei auch explizit der deutschen Geschichte nach 1990.
Inhalt
1. Der Weg zur inneren Einheit
2. Reformen in Staat und Gesellschaft
3. Europäische Integration des vereinigten Deutschlands
4. Neue außen- und sicherheitspolitische Herausforderungen
5. Unsere Angebote und Projekte zum Thema
6. Publikationen, Veranstaltungen und Medienbeiträge zum Thema
Der Weg zur inneren Einheit
Nach der anfänglichen kollektiven Euphorie über die Wiedervereinigung Deutschlands am 3. Oktober 1990 stand die Bundesrepublik vor weitgehend unterschätzten Schwierigkeiten, die der notwendige Strukturwandel in beiden Teilen Deutschlands mit sich brachte. In dem langwierigen und kostspieligen Vereinigungsprozess hatten die Deutschen im Osten die sozialen Lasten der Einheit und diejenigen im Westen die finanziellen Lasten zu tragen.
Auch die im Laufe der Zeit stattgefundene Entfremdung zwischen Ost- und Westdeutschen sorgte dafür, dass die Annäherung der Gesellschaften zunächst schleppend verlief. Nachdem der Systemwechsel und der Institutionentransfer in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre weitgehend abgeschlossen waren, wurden die Erfolge des Aufbau Ost sowie die Angleichung von Lebensverhältnissen allmählich sichtbar.
Reformen in Staat und Gesellschaft
Die ökonomischen Lasten der Einheit, die Massenarbeitslosigkeit in den neuen Ländern sowie der demographische Wandel stellten das Land vor wirtschafts- und sozialpolitische Herausforderungen. Die mit der Agenda 2010 eingeleiteten Reformen des Sozialsystems und des Arbeitsmarktes erwiesen sich zwar als wirksam, blieben aber umstritten. Das gilt auch für die schrittweise Erhöhung des Renteneintrittsalters sowie die Einführung eines privat finanzierten und öffentlich subventionierten Parallelsystems zur Rentensicherung. Trotz der weltweiten Finanzkrise 2008 und der "Eurokrise" 2009 konnte so die wirtschafts- und finanzpolitische Situation des Landes stabilisiert werden.
Zu den wichtigsten gesellschaftspolitischen Liberalisierungen der Berliner Republik zählen die Aussetzung der Wehrpflicht und die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe. Im verstärkten Bewusstsein für den Klimawandel wurde mit dem Kohle- und Atomausstieg eine Energiewende hin zu sauberen und erneuerbaren Energien eingeleitet. Nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine wurde dieser Prozess entsprechend beschleunigt.
Europäische Integration des vereinigten Deutschlands
Der Zusammenbruch des Kommunismus, die Desintegration der Sowjetunion und die daraus resultierende Unabhängigkeit zahlreicher Staaten in Osteuropa waren neben der Wiedervereinigung Deutschlands grundlegende Veränderungen, die eine weitgehende Neuordnung Europas erforderten. Dabei setzte Deutschland die europäische Integrationspolitik fort, die seit Konrad Adenauer einen zentralen Bestandteil der Außenpolitik der Bundesrepublik ausgemacht hatte.
Im 1992 unterzeichneten Vertrag von Maastricht wurden die seit langem angestrebte Wirtschafts- und Währungsunion verwirklicht und die politische Union vorangetrieben. Die Erweiterung der Europäischen Union nach Osten stellte einen weiteren Schritt zur dauerhaften Überwindung der Teilung Europas dar, den Deutschland maßgeblich mitgestaltet und von dem das Land profitiert hatte.
Neue außen- und sicherheitspolitische Herausforderungen
In der Außen- und Sicherheitspolitik blieb Deutschland zunächst zurückhaltend, was dem historischen Erbe und der pazifistischen Grundhaltung der Bevölkerung geschuldet war. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1994 wurden deutsche Streitkräfte 1999 im Kosovo-Konflikt gegen Serbien und nach den Anschlägen am 11. September 2001 im Kampf gegen die Taliban und das Al-Qaida-Netzwerk in Afghanistan eingesetzt.
Im Irak-Krieg von 2003 und Libyen-Konflikt von 2011 wandte sich die Bundesregierung gegen ihre NATO-Bündnispartner, lehnte eine Beteiligung deutscher Soldaten ab und suchte gleichzeitig die Annäherung an Russland und Frankreich. Diese Haltung führte zwar zu einer ernsthaften Belastung für das deutsch-amerikanische und deutsch-britische Verhältnis, die NATO-Mitgliedschaft sowie die Allianz mit den USA und Großbritannien wurden aber zu keiner Zeit infrage gestellt.
Wenngleich die Beteiligung Deutschlands an internationalen Friedensmissionen und Stabilisierungseinsätzen innenpolitisch nicht unumstritten ist, versucht Deutschland der internationalen Erwartung zur Übernahme von Verantwortung in der neuen weltpolitischen Konstellation gerecht zu werden.
Unsere Angebote und Projekte zum Thema
Publikationsreihen
Mehrere Publikationsreihen der Konrad-Adenauer-Stiftung setzen sich mit zeitgeschichtlichen Themen auseinander. Sie beschäftigen sich u. a. mit der Erforschung der Christlichen Demokratie aber vor allem auch mit deutscher Geschichte vor und nach 1990.
Forschungen und Quellen zur Zeitgeschichte
In der Reihe „Forschungen und Quellen zur Zeitgeschichte“ veröffentlicht das Archiv für Christlich-Demokratische Politik seit 1980 wissenschaftliche Studien zur Christlichen Demokratie, Darstellungen zur Geschichte der Bundesrepublik und der CDU sowie Biographien wichtiger Repräsentanten.
Mehr erfahren über die Forschungen und Quellen zur Zeitgeschichte
Historisch-Politische Mitteilungen
Die einmal im Jahr erscheinenden „Historisch-Politischen Mitteilungen“ der Konrad-Adenauer-Stiftung bieten ein Forum für Forschungen und Darstellungen zur Geschichte der christlich-demokratischen Bewegungen und Parteien und ihrer Vorgeschichte im Kontext der geistigen, politischen und sozialen Entwicklungen des 19. und 20. Jahrhunderts. Der thematische Schwerpunkt liegt auf Deutschland und Europa.
Zeitgeschichte AKTUELL
Nicht selten bedürfen aktuelle Debatten zeitgeschichtlicher Fundierung. Das Wissen um die Ursprünge und Hintergründe von Konflikten ermöglicht auch ein besseres Abwägen und Entscheiden. Vor diesem Hintergrund besteht gerade in der Politik ein großer Bedarf an Orientierung. Dabei möchte die Konrad-Adenauer-Stiftung unterstützen. Mit der Publikationsreihe „Zeitgeschichte AKTUELL“ werden aktuelle Diskurse identifiziert und die historischen Hintergründe und Zusammenhänge erläutert.
Webseitenprojekte
Mit dem Webseitenprojekt „Helmut Kohl“ bieten wir Ihnen eine umfassende Sammlung an Informationen, Materialien und Quellen über den ersten gesamtdeutschen Bundeskanzler Helmut Kohl an. Außerdem können Interessierte sich umfassend auf den Seiten unseres Projektes „Geschichte der CDU“ über die jüngeren Entwicklungen der Partei seit 1990 informieren.
Helmut Kohl
Das Online-Portal stellt Quellen und Informationen zum Leben und Wirken Helmut Kohls (1930–2017) zur Verfügung. Themenartikel widmen sich seinen politischen Überzeugungen sowie einzelnen Politikfeldern. Fotogalerien, Stichworte, biographische Angaben zu Weggefährten, Dokumente und eine Bibliografie runden das Angebot ab.
Zur Geschichte der CDU nach 1990
Der Überblick ist Teil unseres Webseitenprojektes „Geschichte der CDU“ und schildert die Entwicklung der CDU im wiedervereinigten Deutschland. Die Seite bietet samt zugehörigen Unterseiten Informationen zu den thematischen Arbeitsschwerpunkten, zu politischen Akteuren, aber auch zu internationalen Zusammenschlüssen der Partei.
Veranstaltungsreihen
Die Konrad-Adenauer-Stiftung bietet zahlreiche Veranstaltungen an, die sich mit unterschiedlichen Aspekten und Themen der deutschen Geschichte nach 1990 auseinandersetzen. Besonders hervorzuheben sind dabei unsere einmal jährlich stattfindenden Veranstaltungsreihen „Die Ära Kohl im Gespräch“ sowie das „Bonner Forum zur Einheit“.
Die Ära Kohl im Gespräch
Ziel der im Jahr 2000 begonnenen Veranstaltungsreihe ist es, anhand der Auseinandersetzung mit jeweils einem klar umrissenen Thema Beiträge zur Erforschung der Ära Kohl und damit zur Historisierung der jüngeren Geschichte der Bundesrepublik Deutschland zu leisten. Dabei geht es nicht darum, dem Kanzler der Einheit ein „Denkmal“ zu errichten. Vielmehr sollen der Diskurs über diese Epoche befördert und neben ersten Ergebnissen vor allem Fragestellungen und Ansatzpunkte für die weitere historische Forschung aufgezeigt werden.
Bonner Forum zur Einheit
Die Konrad-Adenauer-Stiftung veranstaltet jedes Jahr am 3. Oktober, dem Tag der Deutschen Einheit, eine Feierstunde. Diese findet im ehemaligen Plenarsaal des Deutsches Bundestages in Bonn statt. Kern der Veranstaltung, die besonders im Rheinland zu den wichtigsten Ereignissen dieses Tages zählt, ist u. a. der Gedankenaustusch und die Diskussion zu zentralen politischen und historischen Themen des 21. Jahrhunderts
Stipendienangebote
Für Promotionsstudentinnen und -studenten bietet die Konrad-Adenauer-Stiftung das interdisziplinäre Promotionskolleg „Demokratien in Europa – Transformationen nach 1990“ an. Dabei widmet sich das Kolleg vor allem dem Zeitraum nach dem Zerfall der Sowjetunion und konzentriert sich in der Erforschung der Übergangsprozesse insbesondere auf ost- und mitteleuropäische EU-Länder.
Promotionskolleg „Demokratien in Europa – Transformationen nach 1990“
Inwieweit und auf welche Weise beeinflussen das kommunistische Erbe und der postkommunistische Systemwandel der letzten drei Jahrzehnte das heutige Verständnis und die Qualität der Demokratie den „neuen“ und den „alten“ Mitgliedsstaaten der Europäischen Union? Warum mündeten die Umwälzungen der 1990er Jahre nur ansatzweise in das vielfach erhoffte „Zeitalter der Demokratie, des Friedens und der Freiheit“ (Charta von Paris)?
Das Promotionskolleg setzt sich zum Ziel, diese und weitere Grundfragen der historisch-politikwissenschaftlichen Transformationsforschung zu untersuchen. Es sollen neue Erkenntnisse über die Verläufe von Transformationsprozessen, insbesondere in Deutschland und den mittelosteuropäischen Ländern, gewonnen und somit ein Beitrag zum besseren Verständnis der Gegenwartsprobleme in Europa geleistet werden.