Auf einen Blick
- Seit dem Beginn des Arabischen Frühlings 2011 haben annähernd alle Staaten des Nahen Ostens und Nordafrikas einschneidende politische und gesellschaftliche Veränderungsprozesse erlebt.
- Eine nachhaltige Demokratisierung der Region erfolgte nicht. Vielmehr brachen teils geopolitische und identitäre Konflikte aus, die zu millionenfacher Flucht, Radikalisierung und politischer Instabilität führten.
- Dennoch ist der Wandel nicht überall vorbei. Vielerorts finden gesellschaftliche und ökonomische Transformationen statt. Als Motor gelten mittlerweile die Königshäuser, die ihre Länder unter anderem auf eine Zeit nach der Energiewende vorbereiten.
- Die Konrad-Adenauer-Stiftung beobachtet, analysiert und begleitet die anhaltenden Transformationsprozesse in der Region durch die Arbeit ihrer Auslandsbüro vor Ort und aus der Zentrale in Berlin.
Inhalt
1. Temporäres Scheitern der Demokratiebewegung
2. Vom „Willen des Volkes“ zur Modernisierung von oben
3. Andauernde Übergangsprozesse
4. Unsere Angebote und Projekte zum Thema
5. Publikationen, Veranstaltungen und Medienbeiträge zum Thema
Nahezu alle Länder des Nahen Ostens und Nordafrika haben in den vergangenen Jahren starke gesellschaftliche und politische Wandlungen erlebt. Angefangen mit dem sogenannten Arabischen Frühling, der im Dezember 2011 im tunesischen Hinterland mit einer Protestwelle begann und rasant Städte wie Tunis, Kairo oder Damaskus erreichte. Die Forderungen der vorwiegend jungen Demonstranten nach „Brot, Freiheit, Würde“ auf der Avenue Bourguiba in Tunis und dem Tahrir-Platz in Kairo fanden Widerhall in weiten Teilen der arabischen Welt und führten zu umfassenden politischen Umbrüchen in der Region. Innerhalb eines Jahres wurden die autoritären Herrscher in Tunesien, Ägypten, Libyen und im Jemen, die ihre Länder jahrzehntelang regiert hatten, gestürzt.
Temporäres Scheitern der Demokratiebewegung: Ohne wirtschaftlichen Erfolg ist Freiheit kaum etwas wert
Doch eine rasche Demokratisierung und ein frühlingshaftes Aufblühen der Region folgte nicht. Stattdessen zeigte sich viel mehr: Freiheit ist ohne wirtschaftliche Entwicklung kaum etwas wert. Und so steht der vormalige demokratische Vorreiter der Region – Tunesien – seit einem Staatsstreich 2021 exemplarisch für das temporäre Scheitern der Demokratiebewegungen in der Region.
Anderorts ist das Fazit der Proteste aus 2011 noch düsterer. Vielerorts brachen geopolitische und identitäre Konfliktlinien auf, Proteste wurden gewaltsam unterdrückt, Frustration führte zu Radikalisierung und Instabilität. Politische Gewalt und eskalierende Konflikte in Syrien, Jemen und Libyen zwangen Millionen Menschen zur Flucht in Nachbarländer und nach Europa.
Vom „Willen des Volkes“ zur Modernisierung von oben: Königshäuser als Treiber gesellschaftlicher Transformation
Waren die diktatorisch geführten Scheindemokratien 2011 noch die Epizentren gesellschaftlicher Proteste, so sind die Königshäuser zehn Jahre später maßgebliche Treiber gesellschaftlicher Transformation in der Region. Die, vom saudischen Kronprinz Mohamed Bin Salman initiierte „Saudi Vision 2030“, die ein vormals abgeschottetes Land schrittweise für Investoren, Touristen und auch die eigene Gesellschaft geöffnet hat, steht sinnbildlich für viele Initiativen der Golfmonarchien, die sich auf die Zeit nach der Energiewende vorbereiten.
Ähnlich ambitioniert liest sich die Entwicklungsstrategie Marokkos, die das nordafrikanische umfassend gesellschaftlich und wirtschaftlich transformieren soll. Jordanien als einzige levantische Monarchie setzt auf vorsichtige politische Reformen, die jedoch vor allem als „Protestprävention“ verstanden werden.
Andauernde Übergangsprozesse: Die Konrad-Adenauer-Stiftung beobachtet und begleitet den Prozess intensiv
Die Auseinandersetzung zwischen Bürgerinnen und Bürgern im Nahen Osten und Nordafrika und ihren politischen Eliten über die Anforderungen an einen modernen Staat und die Zukunft ihrer Gesellschaften setzt sich indes fort. Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) begleitet diesen andauernden Transformationsprozess über die Arbeit ihrer Auslandsbüros in der Region und aus der Zentrale in Berlin. Das zehnjährige Jubiläum des „Arabischen Frühlings“ nahm die Konrad-Adenauer-Stiftung 2021 zudem zum Anlass für eine umfangreiche Bestandsaufnahme der mannigfaltigen und langwierigen Übergangsprozesse im Nahen Osten und Nordafrika.
Die hierbei angesprochenen Grundsatzfragen behalten auch weiterhin ihre Gültigkeit. Warum ist der „Arabische Frühling“ in so vielen Ländern gescheitert? Wo gibt es dennoch Anzeichen für einen demokratischen Wandel? Welche Zukunft wünschen sich die jungen Menschen heute in der Region? Wie können Partizipation und Repräsentation in den Gesellschaften der Region organisiert werden? Gibt es dabei auch eine Rolle für Deutschland und Europa?
Unsere Angebote und Projekte zum Thema
Ausgewählte Webseitenprojekte
Zu ausgewählten Problemlagen und Konflikten in der MENA-Region erstellt die Konrad-Adenauer-Stiftung regelmäßig informative Übersichtsseiten, auf denen unsere Expertinnen und Experten Sie mit aktuellen Beiträgen und Einschätzungen auf dem Laufenden halten.
Proteste im Iran
Der gewaltsame Tod der 22-jährigen iranischen Kurdin Jina Mahsa Amin, der durch die Brutalität der berüchtigten Sittenpolizei herbeigeführt wurde, hat seit Mitte September 2022 eine Welle der Empörung ausgelöst, die sich schlagartig auf den Straßen zu flächendeckenden Protesten brach.
Was als Solidaritätsbekundung und Ablehnung rigoroser Gewalt durch die Sittenpolizeit begann, wuchs innerhalb kürzester Zeit infolge des Übergreifens auf weite Landesteile und des Aufkommens von Forderungen nach mehr Rechten und Freiheiten zu einer ernstzunehmnden Herausforderung für das iranische Regime heran. Die Konrad-Adenauer-Stiftung beobachtet die Lage im Iran aus der Zentrale in Berlin und ihren Auslandsbüros in der Region und informiert auf einer eigenen Seite über die aktuellen Entwicklungen im Land.
Der Konflikt im Jemen
Von der Öffentlichkeit nur wenig beachtet, tobt im Jemen infolge des durch den Arabischen Frühling angestoßenen Transitionsprozess ein blutiger Bürger- und Stellvertreterkrieg. Das gewaltsam ausgetragene Mächteringen hat in den letzten Jahren zu einer humanitären Großkatastrophe geführt, bei der es derzeit kaum Hoffnung auf ernthafte Besserung gibt. Die Problem- und Konfliktlage ist und bleibt komplex. Dennoch bemüht sich die Konrad-Adenauer-Stiftung darum, den Konflikt im Jemen umfassend zu analysieren und Experten und Entscheidungsträger aus Deutschland und der Region zusammenzubringen, um nach politischen Lösungsansätzen zu suchen.
Podcasts
Die Konrad-Adenauer-Stiftung veröffentlicht in unregelmäßigen Abständen Podcast-Folgen, die sich den Entwicklungen im Nahen Osten und Nordafrika widmen.
Berlin Mideast Podcast
Mit unser regionalen Podcast Reihe „Berlin Mideast Podcast“ betrachten und analysieren wir in unregelmäßigen Abständen die aktuelle Lage und wichtige Entwicklungen im Nahen und Mittleren Osten. Besonderes Augenmerk legen wir hierbei auf Themen wie die Stellung der Frau in der islamischen Welt oder die Rolle arabischer Armeen in den politischen Systemen der Region. Natürlich betrachten wir auch die situativen Fort- und Rückschritte mehr als eine Dekade nach Beginn des „Arabischen Frühlings“.
Virtuelle Kunstausstellung
Mit der virtuellen Kunstausstellung „Arts and Politics“ hat die Konrad-Adenauer-Stiftung gemeinsam mit ihrem Partner, der „I Have Learned Academy“ eine Plattform bereitgestellt, auf der Kunstschaffende aus dem Nahen Osten und Nordafrika Werke präsentieren, die sich schwerpunktartig mit den Problemen und Herausforderungen in ihrer Region auseinandersetzen.
Arts and Politics
„Arts and Politics“ ist eine virtuelle Kunstausstellung, welche sich über Installationen, Graffities und Videos den aktuellen gesellschaftlichen Trends im Nahen Osten und Nordafrika nähert. Künstlerinnen und Künstler aus dem Libanon, Jordanien, dem Irak, Syrien und Tunesien erzählen mit ihren Werken von den Herausforderungen ihrer Heimatländer.