Jüdinnen und Juden im Widerstand – Der Passfälscher Cioma Schönhaus
Clever, kreativ und mit viel Chuzpe überlebte Cioma Schönhaus in der Illegalität in Berlin, nachdem seine Eltern deportiert wurden. Obwohl er selbst verfolgt wurde, fälschte er im Kreis der Bekennenden Kirche Ausweisdokumente und rettete damit vielen anderen Untergetauchten das Leben.
Als seine Eltern im Juni 1942 deportiert wurden, blieb Schönhaus in Berlin zurück: Als Zwangsarbeiter in der Rüstungsindustrie wurde er von der Deportation vorläufig freigestellt. Doch er verlor seine Anstellung und tauchte unter. Mit Einfallsreichtum und viel Glück schlug Cioma Schönhaus sich als „U-Boot“ durchs Leben. Vor dem NS-Regime schützte er sich und viele andere, indem er im Widerstandskreis der Bekennenden Kirche Ausweisdokumente täuschend echt fälschte, was ihn immer wieder in Gefahr brachte. Doch er versteckte sich nicht, sondern begab sich mitten ins Leben und unter Menschen – denn seiner Ansicht nach waren die besten Verstecke dort, wo alle hinsahen. Als der Widerstandskreis entdeckte wurde, gelang ihm die Flucht: Mit dem Fahrrad und einem gefälschten Wehrpass fuhr er quer durch Deutschland und floh im September 1943 in die Schweiz, wo er das Kriegsende erlebte.
Mit „Der Passfälscher“ ist Regisseurin Maggie Peren ein eindrucksvolles Portrait dieses Überlebenskünstlers gelungen. Beim anschließenden Filmgespräch – moderiert von Dr. Michael Borchard, Leiter Wissenschaftliche Dienste/Archiv für Christlich-Demokratische Politik der Konrad-Adenauer-Stiftung – diskutierten die Regisseurin sowie der Hauptdarsteller Louis Hofmann, die Historikerin Dr. Karoline Georg (Gedenkstätte Stille Helden Berlin) und die Präsidentin der Jüdischen Studierendenunion Deutschland, Anna Staroselski, über die Hintergründe des Films.
Peren berichtete, wie Schönhaus Autobiographie, die als Vorlage des Films diente, sie berührt habe. Dabei faszinierte sie besonders, wie er Klischees auf den Kopf stellte: „Ich wollte keinen weiteren Film machen, bei dem die Nationalsozialisten im Mittelpunkt stehen, und ich wollte die gängigen Bilder auflösen, die es bis heute von Juden gibt.“ Weil der Film jedoch nicht gängige Narrative bediene, sei es schwierig gewesen, das Vorhaben umzusetzen.
„Durch den Geschichtsunterricht hatte ich kaum Kenntnisse über die Zeit des Nationalsozialismus“, erklärte Hofmann. Er habe sich aber über die Art, wie Schönhaus seine Geschichte erzählt, an die Figur annähern können. „Er war eine leuchtende Figur. Und es war eine Gabe und sicher auch eine Art Schutzmechanismus, dass er die Dinge nicht an sich heranließ.“ Dabei sei Schönhaus auch später immer wichtig gewesen, dass die Menschen ihn nicht für gierig und einen Hochstapler hielten, erinnerte sich Peren, die Schönhaus noch persönlich kennenlernen konnte: „Er war vollkommen zufrieden mit seinem Leben, und hätte es die Verfolgung durch die Nationalsozialisten nicht gegeben, hätte er auch nie Dokumente gefälscht.“
Staroselski, die als Tochter jüdischer Kontingentflüchtlinge in Deutschland geboren und aufgewachsen ist, berichtete, dass die Shoah für ihre Familie immer ein schmerzhaftes Thema gewesen sei. „Ich finde es gut, dass mit dem Film eine andere Geschichte erzählt wird. Cioma hat sein Leben selbst gestaltet.“ Wichtig sei Staroselski, dass junge Menschen heute keine Schuld trügen, aber eine Verantwortung hätten. Mit Blick auf den wieder erstarkenden Antisemitismus heute erklärte sie, dass die Ignoranz der Menschen eine Gefahr in sich trage. Das Wort „Jude“ sei in Deutschland immer negativ belastet. „Davon sollten wir wegkommen, von diesen Bildern müssen wir uns lösen und stattdessen die Geschichte eines selbstbewussten und selbstbestimmten jüdischen Lebens in Deutschland stärken.“
„Viele Untergetauchte schlossen sich Widerstandskreisen an“, erklärte Georg. In Dahlem organisierte Franz Kaufmann einen Widerstandskreis der Bekennenden Kirche. Die Ausweise, die von Schönhaus umgearbeitet wurden, stammten von Gemeindemitgliedern, die ihre Dokumente in die Opferstöcke der Kirche gaben und als verloren meldeten. Ciomas Taktik „Mimikry“ – also sich dem Gegner anzupassen, um nicht aufzufallen – war nicht die Regel, doch gab es auch andere Beispiele von Untergetauchten Jüdinnen und Juden, die sich in Uniform in der Öffentlichkeit bewegten oder sich die Haare blondierten, so Georg. „Das waren meist junge Menschen, um die 20 Jahre. Und sie wollten nicht nur überleben – sie wollten leben.“
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