Vom 11. bis zum 14. April lud das Hermann-Ehlers-Bildungsforum zu einer Studienfahrt in die alte Sommerresidenz Konrad Adenauers in Cadenabbia, Italien ein. Die Themen waren Staats- und Parteienmodernisierung, sowie Verwaltungsreformen.
Nach der Anreise am Donnerstag, den 11. April, ging es Freitag mit einer Vorstellung der Geschichte der Villa La Collina durch den Geschäftsführer Heiner Enterich los. Mithilfe eines Kurzfilmes wurden wir über Adenauers Aufenthalte in Cadenabbia informiert.
Danach starteten wir mit dem Schwerpunktthema Staatsmodernisierung. Marcel Schepp, Referent für Internationalen Parteiendialog und Staatsmodernisierung der Konrad-Adenauer-Stiftung fragte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer hierfür, was sie sich unter Staatsmodernisierung überhaupt vorstellen könnten. Neben Begriffen wie Digitalisierung, Bürokratieabbau und höhere Effizienz nannten die Teilnehmer auch Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit.
Herr Schepp hob hervor, dass Staatsmodernisierung als Politikfeld und nicht als Thema gesehen werden müsste, da es niemals verschwinden würde. Zudem sei Staatsmodernisierung potenziell offen und nahezu allumfassend. Es ginge hierbei jedoch nicht darum, das Staatswesen als Ganzes zu reformieren, sondern die Gesellschaft durch bestimmte Entwicklungen zu modernisieren. Im Kern bedeutete dies folglich eine Verwaltungsreform.
Ziel solch einer Verwaltungsreform sei eine effektive Reduzierung von Staatsaufgaben. Herr Schepp warf hierbei die Frage ein, wieviel effektiver Verwaltung werden könne, wenn das Mittel dafür mehr Verwaltung sei. Er hielt fest, dass Effizienz allein somit kein passendes Kriterium sei, um die Leistungsfähigkeit zu messen, Effektivität hingegen schon. Man müsse hierbei nicht nur entscheiden was modernisiert werden müsse, sondern auch wie der Staat ansetzen sollte, um mit möglichst geringem Aufwand möglichst große Wirkungen zu erzielen.
Anschließend beleuchtete Herr Schepp vier Instrumente für die Staatsmodernisierung. Als erstes erklärte er, dass der Staat durch politische Steuerung, also Strukturveränderungen, modernisiert werden könne. Ein Beispiel hierfür wäre eine Föderalismusreform. Danach nannte er den Bürokratieaufbau, also die Prozessvereinfachung zum Beispiel im Bereich des öffentlichen Auftragswesen. Das nächste Instrument sei die Digitalisierung in Bereichen wie der Infrastruktur oder Dienstleistungen. Als letztes Instrument listete er die Prozessvereinfachung, sprich die Optimierung von Funktionen, auf. Die Bereiche, die dies anspricht, seien zum Beispiel Monitoring und Evaluierung.
Zusammenfassend sei das Ziel von Staats- und Verwaltungsmodernisierung also Strukturen und Funktionen durch verschiedene Prozesse zu vereinfachen. Es kristallisierte sich heraus, dass wir erst festlegen müssten, was wir mit unserem Staat wollen, bevor wir ihn anfangen zu reformieren.
In der anschließenden Diskussion wurde unter anderem das Vertrauen an den Staat beispielsweise bezüglich des Datenschutzes und das Verhältnis der deutschen Bevölkerung zum Staat besprochen. Die Teilnehmer filterten heraus, dass sich das Staatsverständnis über die letzten Jahrzehnte verändert habe und der Staat als Mitspieler gesehen werden sollte.
Nachmittags führten wir Rundtischgespräche in Kleingruppen und diskutierten, was für Reformen man mit unbegrenzten Ressourcen und Zustimmung und dem gegenüber mit begrenzten Ressourcen und begrenzter Zustimmung umsetzen könnte. Anschließend referierte Herr Schepp über die Konfliktlinien der Parteien bezüglich der Staatsmodernisierung. Hierbei verglich er die verschiedenen Sichten der Parteien.
Am Samstag widmeten wir uns der Parteienmodernisierung. Sebastian Weise, Referent für Digitale Demokratie der Konrad-Adenauer-Stiftung, erläuterte hierfür zuerst das Parteiensystem im Wandel. Mithilfe einer Präsentation und Grafiken analysierte er als erstes die Ergebnisse der Bundestagswahlen ausgewählter Parteien von 1953 bis 1990. Er merkte hierbei Stabilität als dominante Eigenschaft an. Dies läge unter anderem an einer großen Koalitionsfähigkeit und an zwei Volksparteien (CDU und SPD), die das Parteiensystem dominierten.
In diesem Zuge verglich er die Bonner Republik mit der Berliner Republik bezüglich der Dominanz, des Formats, der Fragmentierung und der Polarisierung. Während in Bonn eine hohe Konsensorientierung und eine breite Koalitionsfähigkeit existiert habe, gäbe es in der Berliner Republik eine zunehmende Polarisierung von Parteien.
Daraufhin erläuterte Herr Weise die Ursachen für und die Dynamiken hinter den Veränderungen der Parteienlandschaft. Hinter dem Wandel würden gesellschaftliche Dynamiken, Nachfrage, Angebot und externe Schocks stehen. Hierzu gehören zum Beispiel die Globalisierung und Digitalisierung sowie eine abnehmende Parteienbindung und einem neuen Nutzungsverhalten digitaler Medien.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer diskutierten dann, wie die Medien die Parteienlandschaft aufgreifen und wie sie die Bevölkerung beeinflussen würden. Auch über den politischen Einfluss von Protesten wie zum Beispiel die Bauernproteste und Aktionen der Letzten Generation wurde sich ausgetauscht.
Im Anschluss dazu betrachteten wir die Krisen der Volksparteien CDU und SPD und stellten fest, dass es gleich mehrere Krisen gibt: Eine Mitgliederkrise, eine Vertrauenskrise, eine Ergebniskrise und einen Repräsentationsdefizit. Bezüglich der Repräsentation schauten wir uns unter anderem die Verteilung der Altersgruppen von Parteienmitgliedern an und stellten hier eine Überalterung und eine Überrepräsentation von Beamten und Angestellten, männlichen Parteienmitgliedern und Menschen mit höheren Bildungsabschlüssen in beiden Volksparteien fest. Herr Weise zog das Fazit, dass Parteienmodernisierung eine stetige Aufgabe sei, die als solche auch dementsprechend in Parteistrukturen dauerhaft verankert werden sollte. Parteien sollten sich zudem den Personengruppen außerhalb von Politikern und Parteienmitgliedern klar werden und mögliche Ressourcen ausschöpfen, um diese anzusprechen.
Sonntags schlossen wir das Seminar mit einer Einheit zum Thema Digitalisierung von Parteien ab. Herr Weise klärte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer über KI und generative KI auf und argumentierte, dass generative KI als Unterstützung in der politischen Arbeit genutzt werden könne, zum Beispiel in der Informationsbeschaffung, in der Erstellung von ersten Textentwürfen oder auch im Überprüfen von Texten.
Sowohl Staatsmodernisierung als auch Parteienmodernisierung sind wichtige aktuelle Themen, die auch im gesellschaftlichen Diskurs häufiger diskutiert werden sollten. Als Teil der Demokratie hat die Bevölkerung das Recht mitzubestimmen und sollte dies auch nutzen, da die Modernisierung unseres Staates nur überparteilich und gesamtgesellschaftlich möglich ist.
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