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Text des Länderwahlgesetzes (ab dem 14. Oktober 1990 in Kraft)

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Länderwahlgesetz - Gesetz über die Wahlen zu Landtagen in der DDR am 14. Oktober 1990

I. Wahlgrundsätze und Wahlsystem

§ 1 Wahlgrundsätze und Wahldauer

(1) Die Wahlen zu den Landtagen finden auf der Grundlage des Ländereinführungsgesetzes, dieses Wahlgesetzes und der dazu ergangenen Wahlordnung statt.

(2) Die Abgeordneten der Landtage werden in freier, allgemeiner, gleicher, direkter und geheimer Wahl von den wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürgern (nachfolgend als Bürger bezeichnet) auf die Dauer von 4 Jahren nach den Grundsätzen einer mit der Personenwahl verbundenen Verhältniswahl gewählt.

(3) Die Ausübung des Wahlrechts beruht auf der freien Entscheidung der Wählerin und des Wählers (nachfolgend als Wähler bezeichnet).

§ 2 Wahltag

Die Wahlen zu den Landtagen finden am 14. Oktober 1990 statt.

§ 3 Zahl der Abgeordneten

(1) Vorbehaltlich der sich aus diesem Gesetz ergebenden Abweichungen bestehen die Landtage aus folgenden Abgeordneten:

  • Landtag des Landes Brandenburg: 88 Abgeordnete
  • Landtag des Landes Mecklenburg-Vorpommern: 66 Abgeordnete
  • Landtag des Landes Sachsen: 160 Abgeordnete
  • Landtag des Landes Sachsen-Anhalt: 98 Abgeordnete
  • Landtag des Landes Thüringen: 88 Abgeordnete.
(2) Die Hälfte der Abgeordneten der Landtage wird nach Kreiswahlvorschlägen in den Wahlkreisen und die übrigen werden nach Landeswahlvorschlägen (Landeslisten) gewählt.

§ 4 Gliederung des Wahlgebietes

(1) Wahlgebiet ist das jeweilige Land.

(2) Das jeweilige Wahlgebiet wird in Wahlkreise eingeteilt. Die Einteilung erfolgt so, dass ein Wahlkreis in der Regel 60 000 Einwohner umfasst und von dieser Zahl nicht mehr als 25 vom Hundert nach oben oder unten abweicht.

Die Wahlkreiseinteilung wird durch das Präsidium der Volkskammer festgelegt und als Anlage zu diesem Gesetz veröffentlicht.

(3) Jeder Wahlkreis wird für die Stimmabgabe von den zuständigen Gemeindeverwaltungen (§§ 8 und 27 der Kommunalverfassung) in Stimmbezirke eingeteilt. Ein Stimmbezirk soll nicht mehr als 2500 Einwohner umfassen, darf jedoch nicht so klein sein, dass die Geheimhaltung der Stimmabgabe gefährdet ist.

§ 5 Stimmen

Jeder Wähler hat 2 Stimmen, eine Erststimme für die Wahl eines Wahlkreisabgeordneten, eine Zweitstimme für die Wahl einer Landesliste.

§ 6 Wahlen in den Wahlkreisen

In jedem Wahlkreis wird ein Abgeordneter gewählt. Gewählt ist der Bewerber, der die meisten Stimmen auf sich vereinigt. Bei Stimmgleichheit entscheidet das vom Kreiswahlleiter zu ziehende Los.

§ 7 Wahlen nach Landeslisten

(1) Für die Verteilung der nach Landeslisten zu besetzenden Sitze werden die für jede Landesliste abgegebenen Zweitstimmen zusammengezählt. Nicht berücksichtigt werden dabei die Zweitstimmen derjenigen Wähler, die ihre Erststimme für einen im Wahlkreis erfolgeichen Bewerber abgegebenen haben, der gemäß § 17 Absatz 1 Satz 2 als Einzelbewerber oder von einer Partei oder anderen politischen Vereinigung, für die in dem betreffenden Lande keine Landesliste zugelassen ist, oder von einer nach Absatz 6 nicht zu berücksichtigenden Partei, anderen politischen Vereinigungen oder Listenvereinigung vorgeschlagen ist.

(2) Von der Gesamtzahl der Abgeordneten (§3 Absatz 1) wird die Zahl der in

Absatz 1 Satz 2 genannten erfolgreichen Wahlkreisbewerber abgezogen.

Die verbleibenden Sitze werden auf die Landeslisten auf der Grundlage der nach Absatz 1 Sätze 1 und 2 zu berücksichtigenden Zweitstimmen wie folgt verteil: Die Gesamtzahl der verbleibenden Sitze, vervielfacht mit der Zahl der Zweitstimmen, die eine Landesliste erhalten hat, wird durch die Gesamtzahl der Zweitstimmen aller zu berücksichtigenden Landeslisten geteilt. Jede Landesliste erhält zunächst so viele Sitze, wie ganze Zahlen auf sie entfallen. Danach zu vergebende Sitze sind den Landeslisten in der Reihenfolge der höchsten Zahlenbruchteile, die sich bei der Berechnung nach Satz 2 ergeben, zuzuteilen. Bei gleichen Zahlenbruchteilen entscheidet das vom Landeswahlleiter zu ziehende Los.

(3) Erhält bei der Verteilung der Sitze nach Absatz 2 eine Landesliste, auf die mehr als die Hälfte der Gesamtzahl der Zweitstimmen aller zu berücksichtigenden Landeslisten entfallen ist, nicht mehr als die Hälfte der zu vergebenden Sitze, wird ihr von den nach Zahlenbruchstellen zu vergebenden Sitzen, abweichend von Absatz 2 Sätze 5 und 6, zunächst ein weiterer Sitz zugeteilt. Danach zu vergebende Sitze werden nach Absatz 2 Sätze 5 und 6 zugeteilt.

(4) Von der für jede Landesliste so ermittelten Abgeordnetenzahl wird die Zahl der von der Partei, anderen politischen Vereinigung oder Listenvereinigung in den Wahlkreisen des Landes errungenen Sitze abgerechnet. Die restlichen Sitze werden aus der Landesliste in der dort festgelegten Reihenfolgen besetzt. Bewerber, die in einem Wahlkreis gewählt sind, bleiben auf der Landesliste unberücksichtigt. Entfallen auf eine Landesliste mehr Sitze als Bewerber benannt sind, so bleiben diese Sitze unbesetzt.

(5) In den Wahlkreisen errungene Sitze verbleiben einer Partei, anderen politischen Vereinigung oder Listenvereinigung auch dann, wenn sie die nach den Absätzen 2 und 3 ermittelte Zahl übersteigen. In einem solchen Fall erhöht sich die Gesamtzahl der Sitze (§3 Abs. 1) um die Unterschiedszahl; eine erneute Berechnung nach den Absätzen 2 und 3 findet nicht statt.

(6) Bei der Verteilung der Sitze auf die Landeslisten werden nur Parteien, andere politische Vereinigungen oder Listenvereinigungen berücksichtigt, die mindestens 5 vom Hundert der in Wahlgebiet abgegebenen gültigen Zweitstimmen erhalten oder mindestens in drei Wahlkreisen einen Sitz errungen haben.

Satz 1 findet auf die von Parteien, anderen politischen Vereinigungen oder Listenvereinigungen nationaler Minderheiten eingereichten Listen keine Anwendung.

II. Wahlrecht und Wählbarkeit

§ 8 Wahlrecht

(1) Wahlberechtigt ist jeder Bürger der DDR, der am Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet und im jeweiligen Land seinen Hauptwohnsitz (nachfolgend als Wohnsitz bezeichnet) hat.

(2) Nicht wahlberechtigt ist,

  • wer rechtskräftig entmündigt ist,
  • wem infolge eines rechtskräftigen Urteils die staatsbürgerlichen Rechte aberkannt wurden.
(3) Das Recht zu wählen ruht bei Bürgern, die wegen einer psychischen Erkrankung oder wegen schwerer Fehlenentwicklung der Persönlichkeit von Krankheitswert oder wegen intellektueller Schädigung unter vorläufiger Vormundschaft oder unter Gebrechlichkeitspflege stehen. Entsprechendes gilt bei Bürgern, die aus den gleichen Gründen auf der Grundlage der geltenden Rechtsvorschriften unbefristet in eine Einrichtung für psychisch Kranke eingewiesen sind.

§ 9 Ausübung des Wahlrechts

(1) Wählen kann nur, wer in das Wählerverzeichnis am Ort seines Hauptwohnsitzes eingetragen ist oder einen Wahlschein hat.

(2) Wer im Wählerverzeichnis eingetragen ist, kann nur in dem Stimmbezirk wählen, in dessen Wählerverzeichnis er geführt wird.

(3) Wer einen Wahlschein hat, kann sein Wahlrecht in dem Wahlkreis, in dem der Wahlschein ausgestellt ist,

  • durch Stimmabgabe in einem beliebigen Stimmbezirk dieses Wahlkreises oder
  • durch Briefwahl
ausüben.

(4) Jeder Wahlberechtigte kann sein Wahlrecht nur einmal und nur persönlich ausüben.

§ 10 Wählbarkeit

(1) Wählbar ist jeder Bürger der DDR, der am Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet hat.

(2) Nicht wählbar ist,

  • wer gemäß § 8 Absatz 2 nicht wahlberechtigt ist oder dessen Wahlrecht gemäß § 8 Absatz 3 ruht,
  • wer rechtskräftig zu einer Strafe mit Freiheitsentzug verurteilt ist, wenn diese noch nicht vollzogen ist.

!XII: Schlussbestimmungen

§ 63 Ordnungsstrafbestimmung

(1) Wer

  • entgegen § 14 ohne wichtigen Grund ein Ehrenamt ablehnt oder sich ohne genügende Entschuldigung den Pflichten eines solchen entzieht, oder
  • die Ruhe und Ordnung im Wahllokal stört oder
  • entgegen § 31 Abstimmungen unzulässig beeinflusst, behindert oder belästigt, kann mit einer Ordnungsstrafe in Höhe von 10 bis 500 DM bestraft werden.
(2) Die Durchführung des Ordnungsstrafverfahrens obliegt dem örtlich zuständigen Bürgermeister.

(3) Für die Durchführung des Ordnungsstrafverfahrens gilt das Gesetz vom 12. Januar 1968 zur Bekämpfung von Ordnungswidrigkeiten - OWG - (GBI. I Nr. 3 Seite 101)

§ 64 Wahlordnung

In Übereinstimmung mit dem vorstehenden Wahlgesetz erlässt der Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik unverzüglich nach Inkrafttreten dieses Gesetzes eine Ordnung zur Durchführung der Wahlen zu Landtagen (Wahlordnung).

§ 65 Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am 22. Juli 1990 in Kraft.

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