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Demokratischer Parteitag besiegelt Kandidaten-Wechsel

من Dr. Hardy Ostry, Jan Bösche

Neustart bringt neuen Schwung

Der Parteitag der Demokraten hat Kamala Harris endgültig als Kandidatin der Partei für die Präsident-schaftswahl bestätigt. Damit ist zum ersten Mal seit 1968 die Kandidatur nicht von Wählerinnen und Wählern in Vorwahlen entscheiden worden – nachdem Präsident Biden seinen Rückzug erst nach den Vorwahlen verkündet hatte. Gut eine Woche nach dem Treffen in Chicago zeigen auch die Umfragen, dass Harris einen guten Lauf hat und die Stimmung zugunsten der Demokraten in vielen Staaten drehen konnte. Ob das bis November reichen wird, hängt von vielen Faktoren ab. Bereits jetzt ist klar, dass das Rennen ums Weiße Haus knapp werden wird.

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Demonstrative Einigkeit der Demokraten

Der Rückzug Joe Bidens von der Präsidentschaftskandidatur hatte Sorgen vor Chaos bei dem Parteitag der Demokraten ausgelöst. Wenn mehrere Kandidaten bereitgestanden hätten, hätten sie auf dem Parteitag um Mehrheiten unter den Delegierten streiten müssen. Durch Bidens Rückzug waren die Delegierten nämlich frei, für welche Kandidatur sie sich entscheiden wollten. Dieses Chaos ist ausgeblieben: Dank Bidens Unterstützung hatte Vizepräsidentin Kamala Harris einen klaren Vorsprung, andere mögliche Kandidaten hielten sich zurück und sprachen sich ebenfalls für Harris aus. So konnte sie ihre Kandidatur bereits vor dem Parteitag sichern. Die Veranstaltung selbst war eine Bestätigung ihrer Kandidatur, vorgebracht von Vertretern der unterschiedlichen Lager in der Partei, Prominenten wie Oprah Winfrey und sogar von einigen Republikanern wie dem früheren Abgeordneten Adam Kinzinger.

 

 „Freiheit“ und „Patriotismus“ als neue Leitthemen

Traditionell ist die Rede der Kandidatin der Abschluss eines Parteitages. Kamala Harris argumentierte mit ihrer Lebensgeschichte, stellte sich als Verteidigerin von amerikanischen Interessen und der Sicherheit der Amerikaner da: Als Staatsanwältin, Justizministerin, Senatorin und Vizepräsidentin habe sie immer nur einen Klienten gehabt: Das Volk. Sie verspreche, eine Präsidentin für alle Amerikaner zu sein, werde die verfassungsmäßigen Prinzipien Amerikas hochhalten, von der Rechtsstaatlichkeit über faire Wahlen bis hin zur friedlichen Machtübergabe.

 

Ihre Rede wandte sich an die breite Masse der Wählerschaft. Bei Themen wie innerer Sicherheit, Grenze und Einwanderung betonte sie eine zentristische Haltung – im Gegensatz zum Vorwahlkampf vor vier Jahren, in dem Harris sich verstärkt für progressivere Haltungen einsetzte.

In Harris‘ Rede und in der Parteitagsregie war das Bemühen zu spüren, Themen wie Patriotismus und Freiheit als Demokraten neu zu besetzen. Vizepräsidenten-Kandidat Tim Walz sagte in seiner Rede, sie seien alle da aus einem wundervollen, einfachen Grund: Sie liebten dieses Land.

 

Während Republikaner das Thema „Freiheit“ zum Beispiel als Ablehnung von übermäßiger Regulierung definieren, ging es für die Demokraten um die Freiheit zur körperlichen Selbstbestimmung (einschließlich Abtreibung), Freiheit der Lebensweise (gleichgeschlechtliche Ehe) oder Freiheit von Angst (verstärkte Waffenkontrolle).

 

Der Parteitag war ein emotionales Event, der zuvorderst der Mobilisierung und Einheit der Demokraten dienen sollte. Gerade Letzteres war zur Zeit der Biden-Kandidatur immer vermisst worden. Ein möglicher Erfolg bei den Wahlen verdankt sich vorrangig dem Mobilisierungsgrad der eigenen Anhänger. Harris hat mit Chicago mindestens mit den Republikanern gleichgezogen.

 

Präsidentschaftsrennen bleibt eng

„Freude“ im Wahlkampf – der Wechsel von Biden zu Harris hat die Demokraten mobilisiert. Umfragen zeigen, dass Harris den Rückstand Bidens gegenüber dem republikanischen Kandidaten Donald Trump aufholen konnte. Mehrere so genannte „Swing states“ werden von den Wahlforschern wieder als offen oder sogar mehrheitlich demokratisch eingestuft. Harris konnte vor allem traditionelle demokratische Wählergruppen mobilisieren. Besonders bei jungen, nicht-weißen und weiblichen Wählern verbesserte sie die Ergebnisse – im Vergleich zu Präsident Biden. [1]

 

Allerdings darf der neue Optimismus der Demokraten nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Rennen weiterhin knapp ist. Wie immer bei nationalen Wahlen wird es auf wenige Bundesstaaten ankommen. Außerdem haben die Wahlen der vergangenen Jahre gezeigt, dass die Umfrageinstitute zunehmend Probleme haben, Wahlergebnisse verlässlich vorherzusagen. Umfragen zeigen, dass Harris zum Beispiel bei afroamerikanischen Wählern aufgeholt hat, aber bei der wichtigen Wählergruppe der Latinos weiter zurückliegt. Außerdem ist bislang noch offen, wie das Agieren der Biden-Regierung im Nahostkonflikt sich auf wichtige Wählergruppen auswirken wird.

 

Nahost-Konflikt als Belastungsprobe

Der Konflikt zwischen Israel und der Hamas hat in diesem Wahlkampf die Qualität eines innenpolitischen Themas. Nicht nur arabische, sondern auch junge und progressive Wählerinnen und Wähler kritisieren die amerikanische Unterstützung Israels. Das zeigte sich im Vorwahlkampf, in dem besonders in Michigan oder Minnesota Wählergruppen nicht für Biden, sondern für „uncommitted“ Delegierten stimmten. Vor dem Parteitag in Chicago gab es Sorgen, dass es zu Massenprotesten und Ausschreitungen kommen könnte.

 

Am Ende der Woche zeigte sich, dass die Demonstrationen nicht die von den Organisatoren erhoffte Zahl von über 20.000 Teilnehmern erreicht hatten. Die meisten Proteste waren friedlich; es kam zu Festnahmen, als eine Gruppe den Sicherheitszaun um den Parteitagsort einreißen wollte. [2]

 

Bis zum Ende des Parteitages gab es Verhandlungen, ob ein pro-palästinensischer Vertreter auf der Hauptbühne sprechen dürfe – das wurde aber abgelehnt. Die Partei verwies auf ein Diskussionsforum zu dem Thema und zu Äußerungen von Kamala Harris. Sie hatte in ihrer Rede das Recht Israels auf Selbstverteidigung betont und weiter amerikanische Unterstützung versprochen. Gleichzeitig verurteilte sie die Lage in Gaza und verwies auf die laufenden Verhandlungen der Biden-Regierung für eine Waffenruhe.

 

Bidens Vermächtnis

Der Parteitag war eindeutig organisiert worden, um einen Neuanfang zu präsentieren. Viele Redner sahen die Demokraten in der Rolle des „Underdogs“, der im Wahlkampf gegen einen übermächtigen Gegner antreten muss. Präsident Joe Biden hatte am ersten Tag des Parteitages die Gelegenheit, sich von der Partei zu verabschieden und seine Leistungen in den vergangenen dreieinhalb Jahren herauszustellen. „Thank you Joe” war regelmäßig zu hören, wenn Redner auf seine Leistung hinwiesen – besonders darauf, dass er für einen Wahlerfolg seine eigenen Ambitionen auf eine zweite Amtszeit zurückstellte. Allerdings gab es keine Versuche, eine Amtszeit Harris als Fortsetzung der Biden-Amtszeit darzustellen. Biden kann zwar auf Erfolge verweisen: Mehrere große Gesetzespakete für Investitionen in Klimaschutz, Infrastruktur und Industrieentwicklung. Die Arbeitslosigkeit ist niedrig und die hohe Inflation gebremst. Allerdings kommen diese Fortschritte bei vielen Wählern nicht an – besonders die Folgen der Inflation führten zu Preisschocks in Supermärkten.

 

Neue Gesichter für die Zukunft der Partei

Vier Tage lang Reden von verschiedenen demokratischen Politikern zeigte auch, welche neuen Gesichter die Partei den Wählern zu bieten hat. Dazu gehörten zahlreiche junge Gouverneure, wie Wes Moore aus Maryland, Gavin Newsom aus Kalifornien, Josh Shapiro aus Pennsylvania oder Gretchen Whitmer aus Michigan. Nachdem es vor acht Jahren nach der Zeit von Präsident Obama interne Kritik gab, die Partei habe diese Politikebene vernachlässigt, sind die Bundesstaaten wieder zu einem Nachwuchspool der Partei geworden.

 

Politische Kommentatoren hoben auch den Auftritt der jungen Abgeordneten Alexandria Ocasio-Cortez hervor, die aus New York stammt. Vor fünf Jahren war sie ins Repräsentantenhaus eingezogen, nachdem sie einen erfahrenen Demokraten in den Vorwahlen besiegt hatte. Sie galt lange als progressive Kritikerin des Partei-Establishments. Ocasio-Cortez ist zwar weiterhin eine wichtige Stimme des progressiven Parteiflügels, ihre Parteitagsrede war aber trotzdem eine umfassende Lobrede auf Kamala Harris und folgte den Wahlkampfkonzepten der Kandidatin.

 

Damit erlangte sie mehr Aufmerksamkeit als Bill Clinton: Der 78-jährige frühere Präsident und Strippenzieher der Partei wurde für seine teilweise mäandernde Rede mit freundlichem Applaus bedacht. Gleichzeitig war klar, dass der Generationswechsel innerhalb der demokratischen Partei in vollem Gange ist – nicht nur in der Präsidentschaftskandidatur.

 

[1] https://www.politico.com/news/magazine/2024/08/21/kamala-harris-gains-polls-00175262

[2] https://apnews.com/article/democrats-convention-activists-war-chicago-84740bc13c96fe005107a38bc9d640d7

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