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Rede des Bundespräsidenten zum 50. Jubiläum der KAS

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Grußwort von Horst Köhler

"Ich habe mit meinem Hausarzt gesprochen, ein bis zwei Jährchen werde ich das machen können."

Das sagte Konrad Adenauer, als er bei einem Treffen in seinem Rhöndorfer Haus im August 1949 von Parteifreunden zum Kanzlerkandidaten der Union gekürt wurde. Gut, dass er das mit den ein, zwei Jährchen in seiner rheinischen Art nicht so ganz wörtlich gemeint hat. Denn sonst hätte er wohl nicht sechs Jahre später maßgeblich dazu beitragen können, die "Gesellschaft für christlich-demokratische Bildungsarbeit" zu gründen, die dann schon bald zur "Politischen Akademie" samt Begabtenförderung ausgebaut wurde und seit 1964 Konrad-Adenauer-Stiftung heißt.

Der Einladung, heute mit Ihnen und mit Ihren Gästen aus dem In- und Ausland den 50. Geburtstag der Stiftung zu feiern, bin ich gerne gefolgt.

Blickt man auf die Karriere des Namensgebers, dann darf man die Voraussage wagen: Die besten Jahre liegen noch vor der Adenauer-Stiftung. Ihr Namenspatron jedenfalls war mit 50 Jahren noch lange nicht zu seiner Höchstform gelangt, auch wenn er damals schon seit fünf Jahren Präsident des Preußischen Staatsrates war, der zweiten Kammer des Preußischen Parlamentes.

Uns allen ist Konrad Adenauer vor allem als der erste Bundeskanzler ein Begriff und als der Mann, der seinen Mitbürgerinnen und Mitbürgern auf unnachahmliche Weise Zuversicht und neues Selbstvertrauen gegeben und die junge Bundesrepublik auf einen guten Kurs gebracht hat.

Vor drei Wochen war ich in Friedland, um mit vielen Zeitzeugen einer seiner großen Leistungen zu gedenken: der Heimholung der letzten deutschen Kriegsgefangenen und Zivilinternierten aus der Sowjetunion. Es war bewegend, wie lebendig die Dankbarkeit dieser Menschen und ihrer Familien ist.

Möglich wurden Erfolge wie der von Moskau durch die Art, wie Adenauer die junge Bundesrepublik Deutschland im Ausland repräsentierte und die Werte und Interessen des jungen, demokratischen Deutschlands vertrat: im Bewusstsein der deutschen Verantwortung, auf Verständigung bedacht, ohne Schärfe, aber mit Bestimmtheit in der Sache. Das galt für seine legendäre Moskau-Reise, für seinen Dialog mit David Ben-Gurion und den schrittweisen Aufbau von Beziehungen zu Israel und für eine weitere historische Leistung Konrad Adenauers: für die Aussöhnung mit Frankreich, die zum Grundstein der europäischen Einigung wurde. Das Anliegen internationaler Verständigung und Partnerschaft, das Konrad Adenauer so klug verfolgte, führt die Adenauer-Stiftung erfolgreich fort. Der Austausch und die Zusammenarbeit mit Menschen aus aller Welt war von Anfang an ein Schwerpunkt der Stiftung.

Schon 1962 wurde ihr "Institut für Internationale Solidarität“ gegründet. Zwei Jahre später war die Stiftung bereits in acht süd- und mittelamerikanischen Staaten vertreten und schloss dort Partnerschaften mit christlich-demokratischen Parteien, Gewerkschaften, Genossenschaften und Bildungseinrichtungen. Die Stiftung gehörte damit zur entwicklungspolitischen Avantgarde: Erst 1961 hatte die Bundesrepublik Deutschland selber ein Ministerium für die Zusammenarbeit mit den Ländern in Afrikas, Asiens und Lateinamerikas geschaffen – und das damals als erster westlicher Staat. Die Konrad-Adenauer-Stiftung begleitete diese wegweisende Politik praktisch von Anfang an – ebenso wie dann auch die Friedrich-Ebert-Stiftung, die Friedrich-Naumann- Stiftung und alle politischen Stiftungen. Es ging bei der Auslandsarbeit im besten Sinne um Solidarität. Die Konrad-Adenauer- Stiftung nahm und nimmt dabei in starkem Maße Bezug auf das von Oswald von Nell-Breuning beschriebene Prinzip der Subsidiarität: Betroffene und Benachteiligte in Gesellschaft, Wirtschaft, Politik sollten Hilfe erhalten, um ihre eigenen Ideen umsetzen und selbst Verantwortung für ihre Projekte übernehmen zu können. Die Stiftung leistet darum zuallererst Beratungshilfe. Diese Art der internationalen Zusammenarbeit und, wenn nötig, Hilfestellung, bedeutete damals eine kopernikanische Wende.

Die Arbeit der Konrad-Adenauer-Stiftung trug auf diese Weise sehr zur Glaubwürdigkeit der westdeutschen Politik im Ausland bei. Ein weiteres bedeutendes Datum für die internationale Arbeit der Stiftung war die erste Direktwahl des Europaparlaments im Jahr 1979. Die Konrad-Adenauer-Stiftung begann damals damit, Außenstellen auch in den westeuropäischen Ländern und in den USA aufzubauen und die politische Zusammenarbeit zwischen Deutschland und den westlichen Demokratien zu vertiefen. Diese Arbeit ist heute so wichtig wie nur je. Das zeigen die Kontroverse um die Europäische Verfassung und die leider wachsende Entfremdung der Menschen gegenüber den europäischen Institutionen. Gerade auf diesem Feld ist die Arbeit der politischen Stiftungen jetzt besonders gefordert. Die wohl größte Zäsur für die Arbeit der Konrad-Adenauer-Stiftung brachte das Jahr 1989. Am 10. November 1989, einen Tag nach dem Mauerfall, eröffnete sie im Warschauer Schloss ihre erste Außenstelle in Mittel- und Osteuropa. Die Entscheidung, nach Polen zu gehen, fiel natürlich nicht über Nacht. Am zeitlichen Zusammentreffen der beiden Ereignisse kann man aber ablesen, dass die Stiftung die Zeichen der Zeit längst erkannt hatte. Bald nach 1989 kamen Büros in der damaligen Sowjetunion, in Ungarn, in der tschechischen und der slowakischen Republik, in den baltischen Ländern, in Bulgarien, Rumänien und in den Nachfolgestaaten des früheren Jugoslawien hinzu.

Die Stiftung setzt heute etwa die Hälfte ihrer Haushaltsmittel für die internationale Arbeit ein. Bei den anderen politischen Stiftungen ist das ähnlich. Ich begrüße dieses Engagement sehr. Wie Sie wissen, liegt mir die Entwicklungszusammenarbeit besonders am Herzen: Heute Nachmittag werde ich die erste Konferenz der von mir initiierten Initiative "Partnerschaft mit Afrika" auf dem Petersberg eröffnen. Ich sehe den Gesprächen dort bereits mit Freude und Neugierde entgegen. Die Auslandsarbeit der politischen Stiftungen ist wertvoll für unser Land, denn sie trägt wesentlich dazu bei, Einblicke in fremde Länder und Kulturen zu gewinnen und das Bild zu vervollständigen und zu bereichern, das uns Diplomaten und Wirtschaftsdelegationen vermitteln.

Die politischen Stiftungen haben nämlich im Ausland einen anderen und nicht selten einen noch direkteren Zugang zu den Menschen, als ihn die diplomatischen Vertretungen haben können. Die politischen Stiftungen tragen aber nicht nur dazu bei, im Ausland Einsichten zu gewinnen; sie vermitteln dort auch Einsichten – Einsichten in die Werte und Grundsätze, die unser Zusammenleben in Deutschland tragen, und Einsichten in die Überzeugungen, für die wir Deutsche stehen. Das Interesse daran ist gerade in dieser Zeit weltweiten Umbruchs groß – und als ehemaliger Geschäftsführender Direktor des Internationalen Währungsfonds ich weiß, wovon ich spreche. In vielen Staaten wird darüber nachgedacht, wie unter den Bedingungen der Globalisierung ein zukunftsweisender Gesellschaftsvertrag aussehen kann. Deutschland hat auf diesem Gebiet viel zu bieten: das Modell der Sozialen Marktwirtschaft zum Beispiel, die Erfahrungen beim Aufbau seiner freiheitlichen Demokratie und seinen guten Beitrag zur europäischen Integration. Diesen Erfahrungsschatz sollten wir pflegen und auch anderen zugänglich machen.

Ich wünsche mir, dass das gerade die politischen Stiftungen mit Verve und mit Selbstbewusstsein tun. Und ich weiß durch meine vielen Begegnungen mit ausländischen Gesprächspartnern, dass dies im Ausland auch erwartet wird. Wir machen noch zu wenig aus unserem Erfahrungsschatz und unserem guten Ruf im Ausland. Sehr geehrte Damen und Herren, neben der Internationalen Zusammenarbeit ist die Förderung des akademischen Nachwuchses aus dem In- und Ausland der wichtigste Schwerpunkt der Stiftungsarbeit. Dass auch die Begabtenförderung dieses Jahr ihr 40-jähriges Bestehen feiert, soll deshalb nicht unerwähnt bleiben. Konrad Adenauer sagte einmal: "Wir müssen in Deutschland wieder eine Schicht von Gebildeten schaffen. Ich spreche absichtlich von Bildung und nicht von Wissen. Die Bildung steht höher als das Wissen." Diese Aufgabenbeschreibung ist immer noch aktuell.

Ich möchte Sie ermutigen, an diesem Bildungsverständnis auch in Zukunft festzuhalten und es in die Gesellschaft zu tragen. Der Soziologe Norbert Elias hat Bildungsarbeit als Fackellauf beschrieben: Man nimmt die Fackel von den vorangehenden Generationen, trägt sie ein Stück weiter und gibt sie ab in die Hände der nächstfolgenden Generation. Die Arbeit der vorangehenden Generation wird dadurch, so Elias, nicht vernichtet. Vielmehr ist sie die Voraussetzung dafür, dass die späteren Generationen über sie hinauskommen können. Auch in der Bildungsarbeit ist ein funktionierender Generationenvertrag unabdingbar. Die Konrad-Adenauer-Stiftung ermuntert junge Menschen dazu, von ihren geistigen Gaben mit wachem Bürgersinn Gebrauch zu machen, sich für das Gemeinwohl zu engagieren und politische Verantwortung zu übernehmen. Die Liste der Altstipendiaten, die diesen Erwartungen gerecht geworden sind, ist ausgesprochen ansehnlich – und auch das hat unserem Land gut getan und ihm in aller Welt Freunde gewonnen. So leistet die Stiftung seit nun einem halben Jahrhundert einen unverzichtbaren Beitrag für Freiheit und Gerechtigkeit.

Ich danke allen, die dazu beigetragen haben und weiter beitragen; und ich wünsche der Konrad-Adenauer-Stiftung auch weiterhin viel Erfolg.

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