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Albers, Johannes
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Nach dem 2. Weltkrieg gingen die sowjetischen Sieger in ihrer Besatzungszone gewaltsam gegen bürgerliche Politiker vor, die sich in demokratischem Geist dem kommunistischen Führungsanspruch und Gleichschaltungsdruck zu widersetzen suchten. Ein herausragendes, in der Literatur aber bislang kaum gewürdigtes Beispiel mutigen Widerstandes gegen den Monopolanspruch von Sowjets und SED bietet der brandenburgische CDU-Landtagsabgeordnete und frühere Staatssekretär im preußischen Finanzministerium, Franz Schleusener.
Beruflicher Werdegang bis 1933
Franz Schleusener wurde am 28. Dezember 1876 in Sellnow in der Neumark in Pommern als Sohn einer Gutsbesitzerfamilie geboren. Nach Gymnasialzeit und Jura-Studium war er in verschiedenen juristischen Ämtern und Funktionen tätig, bevor er 1910 seine politische Laufbahn als Zweiter Bürgermeister von Lissa in Posen begann. Er war danach Stadtrat in Stettin, Oberbürgermeister von Brandenburg a.d. Havel und seit Ende 1919 Regierungspräsident für den Bezirk Potsdam in der Provinz Mark Brandenburg.
Seit April 1924 war er zunächst Ministerialdirektor im Preußischen Innenministerium, seit April 1925 Staatssekretär im Preußischen Finanzministerium, das er 1932 zeitweilig kommissarisch leitete.
Bald nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde Schleusener wegen seiner republikanischen Gesinnung und wegen eines persönlichen Zerwürfnisses mit dem preußischen Ministerpräsidenten Hermann Göring aus dem Staatsdienst entlassen; er hatte sich als Finanzstaatssekretär geweigert, Rechnungen der Schauspielerin Emmy Sonnemann, Görings Geliebter (seit 1935: Ehefrau) im preußischen Staatshaushalt zu verbuchen. Nach seiner Entlassung war Schleusener als Rechtsanwalt zunächst in Berlin, dann in Potsdam tätig.
Eintritt in die CDU und Mandat im brandenburgischen Landtag
Im September 1945 wurde Schleusener wegen seiner breiten Verwaltungserfahrung in das Präsidium der Provinzialverwaltung der Mark Brandenburg (später: Land Brandenburg) berufen. Er war dort für die Ressorts Finanzen, Gesundheit und Justiz zuständig. Im November 1945 trat er in die CDU ein. Bei der Gemeindewahl in Brandenburg im September 1946 wurde er in die Potsdamer Stadtverordnetenversammlung gewählt. Mit der Landtagswahl vom 20. Oktober 1946 erlangte er auch ein Mandat im Landtag der Provinz Mark Brandenburg. Er war dort Mitglied des Ältestenrates und Vorsitzender des Rechts- und Verfassungsausschusses.
In dieser Funktion griff Schleusener die vor allem von Innenminister Bernhard Bechler (SED) zu verantwortenden Willkürakte der Verwaltung scharf an, insbesondere das brutale und gegen rechtsstaatliche Prinzipien verstoßende Vorgehen bei der Bodenreform und bei den Industrieenteignungen. Bechler, ein ehemaliger Wehrmachtsoffizier und überzeugter Nationalsozialist, der 1941 an der Entstehung des „Kommissarbefehls“ zum Mord an sowjetischen Politoffizieren beteiligt war, hatte sich in sowjetischer Kriegsgefangenschaft zum Kommunismus ‚bekehrt’. Er zeigte sich als bedingungsloser Gefolgsmann der Sowjetischen Militäradministration im Land Brandenburg, und er agierte kalt, berechnend, maßlos ehrgeizig und rücksichtslos.
Auseinandersetzung mit der SED
Mit der SED und insbesondere mit Bechler geriet Schleusener im Landtag häufig aneinander. Der SED-Fraktion galt er als ein „Trommler der Reaktion“. Er verlangte, die entstehende Landesverfassung mit demokratischem Geist zu erfüllen, mahnte ein geordnetes und rechtsstaatliches Verfahren bei den Enteignungen an und forderte die Fortdauer der Privatwirtschaft, parlamentarische Kontrolle der Regierung und die Erhöhung der Rechtssicherheit. Er tadelte im Landtag und in den Medien die Bevorzugung von Kommunisten bei der Stellenbesetzung in den Verwaltungen. Insbesondere beklagte Schleusener das Ausbleiben der von Sowjets und SED zugesagten freien Wahlen in der SBZ/DDR. Die aus dem Volksrat hervorgegangene Provisorische Volkskammer und damit der neu entstandene Staat DDR seien ohne demokratische Legitimation; man könne deshalb den Vorgang der Staatsgründung als „einen Gewaltakt, einen Staatsstreich“ bezeichnen (ACDP, Bestand Exil-CDU, 03-013-339/2). Er kritisierte auch die von Ministerpräsident Grotewohl (SED) den Polen zugesagte Abtretung der deutschen Ostgebiete.
Diese Positionen vertrat Schleusener auch als CDU-Fraktionsvorsitzender in der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung. Er war ein überzeugter Anhänger des von den Sowjets Ende 1947 als CDU-Vorsitzender in der SBZ entlassenen Jakob Kaiser, der sich dazu bekannt hatte, die CDU müsse „Wellenbrecher des dogmatischen Marxismus und seiner totalitären Tendenzen sein“. Mit seinem demokratischen Impetus geriet Schleusener bei der SED, bei der sowjetischen Besatzungsmacht und bei seiner eigenen, zunehmend gleichgeschalteten Partei immer mehr ins Abseits.
Kommunistische Gewalt gegen bürgerliche Politiker
Nach der DDR-Gründung erreichten die kommunistischen Säuberungswellen gegen demokratische und bürgerliche Politiker einen neuen Höhepunkt. Überall in der SBZ gingen SED und SMAD mit physischem und psychischem Terror, mit Pressekampagnen, organisierten Demonstrationen, Resolutionen und gewalttätigen Einsätzen von Betriebsdelegationen gegen die letzten noch im Amt verbliebenen oppositionellen Funktionäre aus CDU und LDP vor. Verunsichert und resigniert legte Schleusener am 13. Februar 1950 seine Mandate im Landtag und in der Länderkammer nieder. Am späten Nachmittag des 29. März 1950 wurde er unter dem Vorwurf der illegalen, oppositionellen Gruppenbildung in Potsdam verhaftet und in das Polizeigefängnis der K 5, der Vorläuferorganisation des Ministeriums für Staatssicherheit, verbracht. Mit Schleusener wurden weitere Potsdamer Christdemokraten verhaftet, u.a. der Bürgermeister Erwin Köhler und seine Ehefrau Charlotte; beide wurden später in der Sowjetunion hingerichtet.
Tod im Gefängnis
Franz Schleusener wurde am 3. April 1950 in seiner Zelle im Polizeigefängnis in Potsdam tot aufgefunden – offenbar verstorben nach schweren Misshandlungen während der Vernehmungen. Weder wurde die Leiche freigegeben, noch die Urne der Familie zur Bestattung ausgeliefert. Die genauen Vorgänge und Umstände bei seinem Tod dürften niemals ganz aufzuklären sein. Ohne Zweifel zählte Franz Schleusener nach fachlicher Kompetenz und persönlichem Mut zu den führenden Köpfen jener bürgerlichen Politiker in der SBZ/DDR, die den Diktaturanspruch der SED konsequent ablehnten und die im Einsatz für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie gegen kommunistische Willkür ihr Amt, ihre Freiheit oder sogar ihr Leben verloren.