Die Website fivethirtyeight.com sammelt Umfrageerbnisse und zeichnet ein klares Bild: Eine Mehrheit der US-Amerikaner ist sowohl mit Joe Biden als auch mit Donald Trump unzufrieden. Bidens Ablehnung liegt bei gut 53 Prozent, Trumps bei fast 58 Prozent. Trotzdem entscheiden sich klare Mehrheiten der Parteimitglieder von Demokraten und Republikanern für diese beiden Kandidaten.[1]
Erfolge, aber kein Durchmarsch für Donald Trump
Am Tag nach dem Super Tuesday ist Donald Trump die Republikanische Präsidentschaftskandidatur faktisch nicht mehr zu nehmen. Seine Herausforderin Nikki Haley beendete ihre Kandidatur – aber nicht, ohne Trumps Siegesserie zumindest in einem Bundesstaat zu unterbrechen: In Vermont konnte Haley Trump knapp schlagen. In dem Bundesstaat konnten auch Nicht-Parteimitglieder an den Vorwahlen teilnehmen. Das war Haleys zweiter Erfolg in den Vorwahlen – am Wochenende hatte sie auch die Abstimmung der Republikaner in der Hauptstadt Washington gewonnen.
Diese beiden Achtungserfolge änderten wenig an Trumps Siegeszug: In den anderen Abstimmungen am „Super Tuesday“ kam er auf eindeutige Gewinne mit meist über 70 oder 80 Prozent. Insgesamt wurden an diesem „Super Tuesday“ rund ein Drittel der Delegiertenstimmen vergeben, nach weiteren Vorwahlen könnte Trump die nötige Mehrheit Ende März erreicht haben.
Genauso wichtig wie die weiteren Erfolge in den Vorwahlen ist für Trump ein Urteil des obersten Gerichtes in dieser Woche: Die Richter hatten entschieden, dass Bundesstaaten Trump nicht von den Wahlzetteln streichen können, wegen seiner Rolle im Angriff auf das Kapitol am 6. Januar 2021. Eine wichtige juristische Hürde hat Trump damit genommen – allerdings bleiben noch weitere, die über den Sommer entschieden werden könnten.[2]
Trump und seine Unterstützer bauen ihren Einfluss in der republikanischen Partei weiter aus: Über ein Dutzend republikanischer Abgeordnete hat angekündigt, nicht wieder zu kandidieren. Die Vorwahlen für diese Positionen geben Trump die Chance, neue Kandidaten zu platzieren, die seine Politik unterstützen. Im Senat hat der republikanische Minderheitsführer Mitch McConnell seinen Rückzug aus diesem Führungsamt angekündigt. Er gilt als traditioneller Republikaner und Trump-Skeptiker. Anfang des Jahres war es ihm nicht gelungen, einen parteiübergreifenden Kompromiss durchzusetzen, der Mittel für die US-Grenze und die Ukraine bereitstellen sollte. Trump hatte diesen Kompromiss abgelehnt. Sein Erfolg wurde als Zeichen der Schwäche McConnells gewertet und als Beweis, dass Trump auch im Senat Einfluss gewinnt.
Auch wenn alles nach einer völligen Übernahme der republikanischen Partei durch Trump und seine Gefolgsleute aussieht – es gibt eine Anti-Trump-Minderheit in der Partei, und Nikki Haley hat es mit ihrer Präsidentschaftskandidatur geschafft, das Gesicht dieser Minderheit zu sein. In einer Analyse des „New York Magazine“ erklärte Eric Levine, einer von Haleys Großspendern, die Führung der Republikaner denke, man könne ohne Donald Trump nicht gewinnen. Der Versuch, die Trump-Wählerschaft zu besänftigen habe aber dazu geführt, dass die Reagan-Wählerschaft beleidigt sei. Stimmen für Haley seien ein Zeichen: „Vergesst uns nicht“. [3]
Ihre Wahlkampagne nahm bis zum Schluss weiter Spenden ein; erst kürzlich bekam Haley die offizielle Unterstützung der gemäßigten republikanischen Senatorinnen Susan Collins und Lisa Murkowski. Haleys Unterstützer verweisen darauf, dass sie durchaus 30 bis 40 Prozent der Republikanischen Vorwählerschaft für sich gewinnen konnte, mit traditionellen republikanischen Inhalten. Haley sagte nach ihrem Rückzug, es liege nun an Trump, die Stimmen derjenigen in der Partei zu gewinnen, die ihn nicht unterstützt haben. Es gehe darum, Menschen für die eigene Sache zu gewinnen, nicht, sie abzuweisen. Ein Seitenhieb gegen Trump, der vor einigen Wochen gesagt hatte, wer Haley unterstütze, habe keinen Platz in seiner „Make America Great Again“ -Bewegung. Haleys hatte in den Vorwahlen besonders Stimmen aus der gemäßigten Wählerschaft und von Wählern mit Hochschulabschluss bekommen. Gruppen, die in der eigentlichen Wahl im November eine entscheidende Rolle spielen können.
Trotz des Rückzugs aus dem Vorwahlkampf: Sollte Trump im November verlieren, stünde Haley danach bereit, eine Erneuerung der Republikanische Partei anzuführen. Ihr scheinbar aussichtloser Wahlkampf jetzt wäre dann das Fundament dafür. Haley ist 52 Jahre alt und hat damit noch viel Gelegenheiten, wieder für den Einzug ins Weiße Haus zu kämpfen. Dieses Interesse an der Zukunft der Republikaner ist ein Grund, warum Beobachter es für unwahrscheinlich halten, dass Haley als unabhängige Kandidatin ins Rennen eingreifen wird. Sie selbst hat diesen Schritt klar ausgeschlossen.
Joe Biden und die „Ungebundenen“
Präsident Biden steht regelmäßig in der Kritik – wegen seines Alters, seiner Politik im Nahen Osten, wegen der Situation an der Südgrenze der USA oder der Wirtschaftslage, die trotz guter Zahlen von vielen Amerikanern als nicht gut eingeschätzt wird. In den Vorwahlen der Demokraten ist von diesem Unmut aber wenig zu sehen: Biden hat es auch an diesem „Super Tuesday“ wieder geschafft, in den meisten Bundesstaaten Werte von weit über 80 Prozent zu bekommen. Seine parteiinternen Wahlergebnisse sehen damit besser aus als die von Donald Trump bei den Republikanern.
Deswegen wird Biden den einzigen Rückschlag dieses Wahlabends verkraften können: Die Vorwahl in Amerikanisch-Samoa verlor Biden gegen den Investor Jason Palmer. Palmer erhielt 51 Stimmen, Biden 40. Die Demokraten in Amerikanisch-Samoa überraschten schon der Vergangenheit: 2020 gewann hier der Milliardär Michael Bloomberg seine einzige Vorwahl.
Mit größerer Aufmerksamkeit verfolgen die Demokraten die Wahlergebnisse der „uncommitted“-Bewegung. Hier geht es darum, Delegierte zum Nominierungsparteitag zu schicken, die keinem Kandidaten verpflichtet sind. Bei diesen Vorwahlen nutzen Biden-Kritiker diese Abstimmungsmöglichkeit, um gegen die Nahost-Politik der US-Regierung zu protestieren. Besonders jüngere und linkere Demokratinnen und Demokraten fordern von Biden eine Politik, die kritischer gegenüber Israel ist. Diese Kritik wurde in der vergangenen Woche bei der Vorwahl in Michigan deutlich. Hier gibt es eine große arabischstämmige Wählerschaft. Pro-palästinensische Gruppen hatten dazu aufgerufen, nicht für Biden, sondern für „uncommitted“ zu stimmen. Über 13 Prozent folgten der Aufforderung. Biden erreichte über 81 Prozent der Stimmen. In Umfragen sagten manche „uncommitted“-Wähler, trotz dieses Denkzettels an Biden wollten sie im November bei der eigentlichen Wahl für ihn stimmen. Auch jetzt am „Super Tuesday“ gab es wieder ein „uncommitted“-Bewegung, vor allem in Minnesota. Hier erreichte sie über 18 Prozent der Stimmen, im Vergleich zu über 70 Prozent für Biden. In Colorado, Massachusetts oder North Carolina gingen um die zehn Prozent der Stimmen an diese Bewegung.
Die Biden-Regierung hat in den vergangenen Wochen ihre Haltung gegenüber Israel bereits verschärft, eine Waffenruhe verlangt und Hilfsgüter über Gaza abgeworfen. Vizepräsidentin Harris nannte die Lage dort eine „humanitäre Katastrophe“. Die Biden-Kampagne muss die innerparteiliche Kritik an der Israel-Politik ernstnehmen, denn sie kommt vor allem von einer jungen, engagierten Wählerschaft. Sie hatte Biden vor vier Jahren zum Sieg verholfen. Umfragen zeigen jetzt, dass besonders junge Wähler unzufrieden sind, vor allem, weil sie sich schon wieder zwischen zwei Kandidaten entscheiden müssen, die Jahrzehnte älter sind als sie.[4]
Von den anderen Kandidatinnen und Kandidaten, die sich für die demokratische Präsidentschaftskandidatur bewerben, kann keiner Biden gefährlich werden. Das zeigt sich am Wahlergebnis des Abgeordneten Dean Phillips: Er kam in seinem Heimatstaat Minnesota, wo ihn viele Wähler kennen, auf knapp 8 Prozent.
Vorwahlen nicht nur für die Präsidentschaft
Wenn am 5. November in den USA gewählt wird, geht es nicht nur um die Präsidentschaft: Die Wählerschaft entscheidet auch über ein Drittel der Senatoren und das gesamte Repräsentantenhaus, über Ämter in den Bundesstaaten und auf regionaler Ebene. Auch für diese Ämter begannen am „Super Tuesday“ die Vorwahlen.
In Kalifornien ging es um die Kandidatur für den Senatssitz der verstorbenen Dianne Feinstein. In dem Bundesstaat sind die Vorwahlen der beiden Parteien kombiniert. Der Demokrat Adam Schiff bekam die meisten Stimmen, gefolgt von dem Republikaner Steve Garvey. Das ist ein Erfolg für Schiff, denn ein Demokratischer Sieg ist so gut wie sicher und Schiff muss bei der eigentlichen Wahl nicht mehr gegen einen anderen Demokraten antreten.
Bei den Gouverneurswahlen wird besonders die Entscheidung in North Carolina von nationalem Interesse sein. Hier prallen mit den zwei Kandidaten zwei Politikstile aufeinander: Die Republikaner nominierten Mark Robinson für das Gouverneursamt, er gilt als konservativer Hardliner mit polarisierenden Ansichten und hat die Unterstützung Donald Trumps. Die Demokraten schicken den bisherigen Attorney General Josh Stein ins Rennen, der als ausgleichend gilt.
Texas ist seit Jahren fest in der Hand der Republikaner. Trotzdem lieferte sich die Partei in diesem Jahr einen erbitterten Vorwahlkampf für die Wahl des Staatsparlamentes. So musste sich der Sprecher des Repräsentantenhauses von Texas, Dade Phelan, einem Herausforderer stellen, der von Donald Trump unterstützt wurde. Das Rennen fiel so knapp aus, dass es eine Stichwahl gibt. Auslöser des innerparteilichen Streits war ein Impeachment-Verfahren gegen Texas‘ Attorney General Ken Paxton im vergangenen Jahr. Paxton musste sich wegen Korruptionsvorwürfen verantworten. Er wurde vom Repräsentantenhaus verurteilt, aber im Senat freigesprochen. Jetzt unterstützte er Gegenkandidaten gegen alle Republikaner, die für sein Impeachment gestimmt hatten.
[1] https://projects.fivethirtyeight.com/biden-approval-rating/
[2] https://apnews.com/article/supreme-court-trump-colorado-ballot-2390f3204e3ecaad3c617f9db0ff9d2e
[4] https://www.axios.com/2024/02/26/biden-trump-gen-z-millennial-poll
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