Länderberichte
14. September
Ein peruanischer Fernsehsender strahlt ein Video aus, in dem der inoffizielle Chef des Geheimdienstes und Präsidentenberater Vladimiro Montesinos zusammen mit dem später zur Regierungsfraktion übergewechselten Oppositionsabgeodneten Alberto Khouri zu sehen ist. Montesinos übergibt in seinem Büro die Summe von 15.000 US-Dollar an Khouri. Das Geheimdienstvideo - eines von 2000 - sollte ursprünglich als eventuell benötigtes Belastungsmaterial dienen, um korrumpierte Personen gefügig machen zu können.
16. September
Präsident Alberto Fujimori ruft Neuwahlen aus und erklärt sowohl seinen Rücktritt für den 28. Juli 2001 als auch die Deaktivierung des Geheimdienstes SIN. (Nach der ausführlichen Aussage des damaligen Ministerratsvorsitzenden Federico Salas vor dem Untersuchungsausschuss des Kongresses am 29. November sah sich Fujimori zu diesem Schritt gezwungen, nachdem sich Montesinos schlichtweg geweigert haben soll, den Geheimdienst sofort aufzulösen und das Land zu verlassen. Vielmehr habe er Fujimori und Salas mit einem Militärputsch gedroht).
19. September
Fujimori dementiert, dass es Probleme mit den peruanischen Streitkräften gebe und delegiert das "Problem Montesinos" an drei wichtige (zivile) Minister seiner Regierung, die jedoch zugeben müssen, den Aufenthaltsort von Montesinos nicht zu kennen.
20. September
Nach einem gemeinsamen Treffen im Präsidentenpalast und später im Hauptquartier der Armee verkünden die Führungen der Streitkräfte und der Polizei, auch weiter unter dem Befehl des Präsidenten zu stehen. Der drohende Schatten des Militärputsches ist damit aber nicht gebannt.
23. September
Nach langen Verhandlungen und mit Unterstützung der USA und der OAS erklärt sich Panama bereit, Montesinos aufzunehmen. Um 23.30 Uhr verlässt der mächtigste Mann Perus mit dem treffenden Beinamen "Schwarzer Mönch" das Land.
25. September
Im Kongress verliert die Regierungsfraktion von "Perú 2000" ihre Mehrheit. Das Abbröckeln der Abgeordneten von "Perú 2000" setzt sich bis Mitte November (43 von 120 Sitze) weiter fort.
28. September
Fujimori unternimmt überraschend eine Reise in die USA, wo er sich mit dem Generalsekretär der OAS trifft. Die Weiterführung seiner Regierungsgeschäfte scheint vorerst auch international akzeptiert zu werden.
11. Oktober
Fujimori gibt zu, mit Montesinos in telefonischem Kontakt zu stehen, da er sich "um die Sicherheit seines ehemaligen Beraters sorge". Zugleich stellt er fest, dass keine Änderungen in der Führung der Streitkräfte geplant seien. Nahezu alle Generäle sind Montesinos-Jahrgangsgefährten der Militärakademie. Montesinos war bereits in den 80er Jahren unehrenhaft aus der Armee entlassen worden.
12. Oktober
Der erste Versuch eines Misstrauensvotums der Opposition gegenüber der Kongresspräsidentschaft scheitert an vier Stimmen.
22. Oktober
Montesinos kehrt aus Panama nach Peru zurück, landet mit einem Privatjet auf einem Militärflughafen 200 km südlich von Lima und verschwindet im Untergrund. Noch heute fehlt jede Spur von seinem Verbleib. Am gleichen Tag versucht die Regierung, eine Generalamnestie für alle Angehörigen der Streitkräfte und der Polizei im Kongress durchzusetzen und scheitert an der Opposition. Die Amnestie, die alle Delikte im Zusammenhang mit der Terroristenbekämpfung wie auch des Drogenhandels umfassen sollte, war offensichtlich von der Generalität als Vorbedingung für ihre weitere Loyalität verlangt worden. Eine Woche lang steht Peru unmittelbar vor der Machtübernahme durch Teile des Militärs.
23. Oktober
Francisco Tudela erklärt seinen Rücktritt vom Amt des ersten Vizepräsidenten.
24. Oktober
Montesinos gibt per Handy einem regierungstreuen Radiosender überraschend ein Telefoninterview und stellt sich als unschuldiges Opfer dar.
25. Oktober
Fujimori jagt persönlich mit Polizei, Funk und Fernsehen sechs Stunden lang im schlechtesten Hollywood-Stil seinen ehemaligen Vertrauten Montesinos. Seine Intention, damit Glaubwürdigkeit in der Bevölkerung zu erzeugen, wandelt sich ins Gegenteil. Schlimmer noch: der japanischstämmige Präsident macht sich mit dieser Posse in der Öffentlichkeit lächerlich.
26. Oktober
Alberto Khouri, einer der auslösenden Faktkoren der gesamten Krise, setzt sich überraschend in die USA ab, während Fujimori nun mit sogar Helikopter Montesinos hinterherjagt.28. Oktober Überraschender Austausch der Oberbefehlshabers der Streitkräfte, der Marine und der Luftwaffe sowie des Innenministers (traditionell ein Streitkräftegeneral). In der südlichsten Region Perus, im Andenhinterland der Provinzhauptstadt Tacna rebelliert der Oberstleutnant des Heeres, Ollanta Humala, indem er seinen kommandierenden General und 50 weitere Offiziere gefangen nimmt, und fordert den Rücktritt Präsident Fujimoris. Die Schweizer Regierung informiert die Regierung Perus über die Existenz dreier Schweizer Bankkonten auf den Namen Montesinos mit insgesamt 48 Millionen US-Dollar. Der bekannte Strafrechtler José Ugaz wird zum ad hoc-Prokurator zur Untersuchung dieser Angelegenheit ernannt. Fujimori beteuert, nichts gewusst zu haben von den Finanzmachenschaften seines Ex-Beraters und gibt zu dass, das Geld nur aus kriminellen Kanälen stammen könne. Am gleichen Tag erklärt die Oberste Staatsanwältin, Blanca Nélida Colán, ihren Rücktritt aufgrund ihres engen persönlichen Verhältnisses zu Montesinos. Bei der (illegalen, da von keinem Staatsanwalt begleiteten) Durchsuchung des Hauses von Montesinos wurden eine Uhrenkollektion im Wert von 125.000 US-Dollar, 1200 Maßanzüge und Tausend Hemden sowie eine neues Fünf-Millionen-Dollar-Konto auf den Cayman Islands entdeckt.. Der Bruder eines der Wahlkampfmanager Fujimoris erklärt, der gesamte Fujimori-Wahlkampf 2000 sei mit Drogengeldern finanziert worden. Fujimori verlässt Peru mit Ziel Brunei, um am APEC-Gipfel teilzunehmen. Das zweite Misstrauensvotum der Opposition im Kongress ist erfolgreich: Martha Hildebrant wird als Präsidentin des Kongresses abgewählt. Die Vizepräsidentinnen (alle "Perú 2000") bleiben jedoch im Amt. Ein neues Video zeigt Montesinos, als er sich bei der Generalität für ihre Unterstützung bei den erfolgreich durchgeführten Wahlen bedankt. Valentín Paniagua, Kongressabgeordneter der "Acción Popular", wird zum neuen Kongresspräsidenten gewählt und die drei 1996 von der damaligen Kongressmehrheit entlassenen Verfassungsrichter wiedereingesetzt. Präsident Fujimori reist unterdessen nach Japan, um dort Verwandte zu besuchen und "Kredite auszuhandeln". Präsident Fujimori lässt erklären, dass er aus privaten Gründen weitere drei Tage in Japan verweilen werde. Der Vorsitzende des Ministerrates, Federico Salas, gibt bekannt, dass Staatspräsident Alberto Fujimori seinen Rücktritt erklären werde. Dies erfolgt wenige Stunden später. Ricardo Márquez, Zweiter Vizepräsident, muss erkennen, dass seine politische Position unhaltbar geworden ist, und tritt ebenfalls zurück. Die Generalität wiederum erklärt, sie stelle sich - verfassungsgemäß - unter den Befehl des Kongresses. Der Kongress bestätigt die Rücktritte des Staatspräsidenten und der beiden Vizepräsidenten und vereidigt gemäss Art. 115 der peruanischen Verfassung den Kongresspräsidenten - Valentín Paniagua - zum neuen Staatspräsidenten Perus.
Präsident Paniagua stellt sein neues Kabinett vor. Der Oberbefehlshaber der Streitkräfte wie auch alle 12 aktiven Generäle des Abschlussjahrgangs 1966 werden in den sofortigen Ruhestand versetzt.
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