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"Mit feinem Gehör"
Zum Tode von Eduard Ackermann
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„Mann, der das Gras wachsen hört“, „Institution im Bonner Raumschiff“, „treuer Eduard“, „politisches Frühwarnsystem“, „medialer Feuerwehrmann“ – die Charakterisierungen, die Eduard Ackermann während seiner fast vier Jahrzehnte währenden Tätigkeit im politischen Bonn zuteil wurden, sind vielfältig.
Ursprünglich hatte der im niederrheinischen Geldern geborene Ackermann Gymnasiallehrer werden wollen. Nach dem mit der Promotion abgeschlossenen Studium der Germanistik, Geschichte und Philosophie holte ihn aber Heinrich Krone, enger Mitarbeiter Konrad Adenauers und Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, 1957 in deren Pressestelle. Schon ein Jahr später wurde er Pressesprecher der Fraktion. In dieser Funktion diente Ackermann nach Krone den Fraktionsvorsitzenden Heinrich von Brentano, Rainer Barzel, Karl Carstens und Helmut Kohl mit nicht nachlassender Loyalität und rastlosem Einsatz. Kohl, mit dem ihn in ein besonderes Vertrauensverhältnis verband, folgte er nach dem Regierungswechsel von 1982 als „Abteilungsleiter für gesellschaftliche und politische Analysen, Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit“ im Range eines Ministerialdirektors ins Bundeskanzleramt. Auch hier war er für die Kontakte zu den in- und ausländischen Journalisten zuständig, führte bis zu 100 Telefonate pro Tag, vermittelte und akquirierte Informationen, konnte oftmals frühzeitig auf sich anbahnende Entwicklungen Krisen hinweisen und war so „die oft entscheidende Schaltstelle im Informations- und Einflusssystem Kohl“ (Helmut Herles). Der langjährige Vorsitzende der Bundespressekonferenz, Rudi Strauch, brachte es auf den Punkt: „Was für Goethe Eckermann, ist für Kohl der Ackermann.“ Die Bedeutung von „Dr. Carbonara“, wie der Kanzler ihn wegen seiner Vorliebe für das gleichnamige italienische Nudelgericht zuweilen nannte, lässt sich auch daraus ablesen, dass er auf dessen Wunsch hin erst 14 Monate nach seinem 65. Geburtstag in den Ruhestand ging, als Bundestagswahl und Regierungsbildung 1994 erfolgreich abgeschlossen waren.
Beliebt, zumindest aber geachtet war Ackermann auch bei wohl fast allen Journalisten in Bonn. Er trat ohne jede Arroganz auf, unterrichtete alle – ungeachtet ihrer politischen Couleur - fair, sagte zwar oftmals nicht alles, was er wusste, aber eben auch nie bewusst die Unwahrheit. Nicht zu Unrecht meinte er auf die Frage, was seine Feinde ihm nachsagen würden: „Meine Ehrlichkeit.“
Im Ruhestand betätigte Ackermann sich als Buchautor. 1994 erschienen seine Erinnerungen unter dem Titel „Mit feinem Gehör“, 1996 folgte das Buch „Politiker. Vom richtigen und vom falschen Handeln“. Auch hier zeigte er sich, wie er sein ganzes Berufsleben hindurch gewesen war: bescheiden, diskret und nötigenfalls verschwiegen. Wer auf spektakuläre Enthüllungen gehofft hatte, wurde enttäuscht.
Ob eine Rolle, wie sie Eduard Ackermann in Bonn seinerzeit spielte, im heutigen Berliner Politikbetrieb möglich wäre? Höchst unwahrscheinlich, auch angesichts einer gründlich veränderten Medienlandschaft. Allerdings war er auch schon zu Bonner Hauptstadtzeiten eine außergewöhnliche Figur. Die Journalistin Nina Grunenberg beendete 1994 ein Porträt Ackermanns in der „ZEIT“, in dem sie vor allem seine Bescheidenheit und unerschütterliche Loyalität hervorgehoben hatte, denn auch mit dem Satz: „Find so einen noch mal!“
Auf die Frage, welche Aussage er sich in seiner Grabrede erhoffe, antwortete Eduard Ackermann einmal: „Dass ich stets meine Pflicht getan habe.“ Dieser Wunsch wird mit Sicherheit in Erfüllung gehen. Am 10. Februar ist Eduard Ackermann in Bonn gestorben.
Christopher Beckmann