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60 Jahre Bundestagswahlen
Die Wahl zum ersten Deutschen Bundestag am 14. August 1949
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Wahlrecht
Nach dem vom Parlamentarischen Rat verabschiedeten Wahlgesetz war es eine allgemeine, unmittelbare, freie, gleiche und geheime Wahl. Das aktive Wahlrecht lag bei 21, das passive bei 25 Jahren. In 242 Wahlkreisen wurde je ein Kandidat nach dem einfachen Mehrheitsprinzip direkt gewählt, die anderen Mandate wurden unter Anrechnung der Direktmandate über Listenplätze vergeben. Es handelte sich also um eine personalisierte Verhältniswahl, eine Mischung aus Listen- und Personenwahl. Im Gegensatz zu heute hatte der Wähler nur eine Stimme, also keine Erst- und Zweitstimme; Direktkandidaten- und Listenstimme konnten nicht getrennt voneinander abgegeben werden. Die heute für das gesamte Bundesgebiet gültige Fünfprozenthürde musste nur in einem Bundesland übersprungen bzw. konnte durch die Erringung eines Direktmandats in einem Land leicht umgangen werden.
Wahlkampf
Der damalige Wahlkampf, auf den Straßen waren die Spuren physischer wie psychischer Zerstörungen durch den Zweiten Weltkrieg noch deutlich sichtbar, wurde in erster Linie themenbezogen mittels Film-, Rundfunk-, Zeitungs- und nicht zuletzt auch Plakatwerbung geführt. Hierzu war ein hohes Maß an Improvisationsfähigkeit notwendig, da die Wahlkampforganisation noch weniger straff war.
Die neu gegründete, überkonfessionelle christliche Volkspartei CDU zog mit den vom späteren Wirtschaftsminister Ludwig Erhard maßgeblich erarbeiteten „Düsseldorfer Leitsätzen“ als Wahlprogramm und ohne einen explizit benannten Kanzlerkandidaten in den Wahlkampf. Dagegen setzte die SPD personell auf ihren Vorsitzenden Kurt Schumacher, thematisch auf Planung, Lenkung und Kontrolle. Soziale Marktwirtschaft und echter Leistungswettbewerb oder Sozialisierung und Planwirtschaft lautete die zentrale wirtschaftspolitische Alternative, gefolgt von der ideologischen Auseinandersetzung zwischen christlicher Freiheit und kommunistischem Zwang vor dem Hintergrund des sich verschärfenden Ost-West-Konflikts.
Die Wahlkampfslogans und -plakate (Plakatdatenbank des ACDP) spiegelten die Zeit der materiellen Not, der deutschen Teilung und des geistigen Neuaufbaus wider. Die CDU warb mit „Freiheit – Gerechtigkeit – Frieden“, „Das ganze Deutschland soll es sein. Zum ungeteilten Vaterland durch die CDU“ und „1947 – Hunger! Not! Elend! 1949 – Vorwärts! Aufwärts! Der Erfolg der CDU!“. Die SPD setzte auf „Nun erst recht: Sozialisierung! SPD“, „Alle Millionäre wählen CDU-FDP. Alle übrigen Millionen Deutsche die SPD“ und „In der Eintracht liegt die Macht – alle wählen SPD“ sowie „SPD – Das ganze Deutschland soll es sein“. Die FDP dagegen mahnte „Deutschland darf nicht sozialistisch werden“ und „Nur freie Wirtschaft bricht Not! Wählt FDP“.
Wahlergebnisse
An den Wahlen beteiligten sich 78,5 Prozent der 31 207 620 Wahlberechtigten, also knapp 24,5 Millionen. 11 von 19 angetretenen Parteien schafften den Einzug in den ersten Deutschen Bundestag.
Partei | Stimmanteil in Prozent | Absolute Stimmen | Mandate | zusätzliche Berliner Abgeordnete |
CDU/CSU | 31,0 | 7.359.084 | 139 | 2 |
SPD | 29,2 | 6.934.975 | 131 | 5 |
FDP/DVP | 11,9 | 2.829.920 | 52 | 1 |
Kommunistische Partei | 5,7 | 1.361.706 | 15 | |
Bayernpartei | 4,2 | 986.478 | 17 | |
Deutsche Partei | 4,0 | 939.934 | 17 | |
Zentrumspartei | 3,1 | 727.505 | 10 | |
Wirtsch. Aufbauvereinigung | 2,9 | 681.888 | 12 | |
DKP/Deutsche Rechtspartei | 1,8 | 429.031 | 5 | |
Radikalsoziale Freiheitspartei | 0,9 | 216.749 | ||
SSW | 0,3 | 75.388 | 1 | |
Europäische Volksbewegung | 0,1 | 26.162 | ||
Rhein-westfälische Volkspartei | 0,1 | 21.931 | ||
Parteilose und Kreiswahlvorschläge | 4,8 | 1.141647 | 3 |
Die Wählerstimmen wurden damals wie heute in Wahllokalen abgegeben; häufig handelte es sich um Gaststätten, in denen Wahlurnen aufgestellt wurden. Übrigens gab Konrad Adenauer seine Stimme im Lokal „Zur Traube“ in Rhöndorf ab. Den Wahlkreis Bonn, in dem er kandidierte, gewann er mit 54,9 Prozent.
Der Vorsitzende der CDU in der britischen Zone, Dr. Konrad Adenauer, äusserte nach Bekanntwerden seines Wahlsieges im Wahlkreis Bonn am Sonntagabend vor Bonner Bürgern, er hoffe, die CDU werde in den kommenden vier Jahren einen entscheidenden Einfluss auf die deutschen Geschicke ausüben können. Dr. Adenauer erklärte weiter: „Seien Sie versichert, dass ich mir der Verpflichtung, die mit einer solchen Wahl verbunden ist, voll bewusst bin und sie nach besten Kräften zu erfüllen versuche. Sie müssen dafür sorgen, dass Bonn wirklich dem neuen Deutschland das gibt, was eine Hauptstadt Bundesregierung und Bundestag geben muss. Sie müssen dafür sorgen, dass Ihre Stadt der neuen Bundesregierung ihren Charakter mitteilt, nicht aber am Charakter verliert.“ (Original-Erklärung als .pdf) |
Politische Ausgangslage
Keine Partei verfügte alleine über die erforderliche Mehrheit im Deutschen Bundestag zur Bildung der ersten Bundesregierung. Letztendlich setzte sich die kleine Koalition von CDU/CSU, FDP und DP gegen eine mögliche große Koalition von Union und SPD durch. Diese bürgerliche Koalition mit eindeutiger antisozialistischer Ausrichtung kam auf Drängen Adenauers und seines Verhandlungsgeschicks zustande und prägte für viele Jahre das Parteiensystem der Bundesrepublik. Der erste Deutsche Bundestag konstituierte sich am 7. September 1949.
Ulrike Quadbeck