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Kaiser Otto III. auf der Tiberinsel
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Auf der Suche nach weiteren Spuren des deutschen Kaisers Otto III. in Rom kommt man auf die Tiberinsel. Die Insel ist seit der Antike mit der Heilkunst verbunden. Auf kleinstem Raum drängen sich hier bis heute verschiedene Institutionen. Auf der einen Seite das Krankenhaus ‚Fatebenefratelli’ aus dem 16.Jahrhundert, daneben eine Apotheke und die Kirche San Giovanni Calibita. Gegenüber der mittelalterliche Turm der Familie Caetani aus dem 12. Jh. mit dem ehemaligen Herrenhaus, heute ein kleines Restaurant und eine Bar. An der Seite zum Platz seit 1775 der Sitz der Bruderschaft ‚Sacconi Rossi’, wie auf dem blanken Messingschild zu lesen ist. Ihre Aufgabe früher war, Pesttote, und Tote ohne Angehörige zu begraben. Gleich daneben der Eingang zum Ospedale Israelitico, ein jüdisches Krankenhaus, jetzt nur noch als Ambulanz tätig. Das steinerne Monument auf der Platzmitte erinnert an die Auflösung des Kirchenstaates im 19.Jahrhundert und an vier Heilige, die mit der Insel verbunden sind.
‚In Hac.Basilica Requiescit Corpus S. Bartholomaei Apostoli’ - in großen Lettern steht der Name des Heiligen Bartholomäus an der Kirchenfassade, dem sie geweiht ist. Diese Kirche ist voller Geheimnisse. Im 12. Jahrhundert war sie erneuert und im Barock noch einmal umgestaltet worden. Aber zuvor, im 10. Jahrhundert, hatte Kaiser Otto III. in den Ruinen des antiken Äskulap Tempels eine erste Kirche erbauen lassen. Von dem ottonischen Gotteshaus ist heute nur noch die Krypta erhalten. Aber der Name des Kaisers erscheint noch in einer Inschrift über der Tür des Kircheneingangs im Portikus.
Im Inneren befindet sich ein wahres Kuriosum vor dem Hauptaltar. Da steht mitten auf den Treppenstufen ein kleiner runder Marmorbrunnen mit einer heute unlesbaren Inschrift. Der Brunnen kennzeichnet die Heilquelle im antiken Äskulap-Tempel. Diese Quelle blieb in Ottos Kirche erhalten. Vier Personen sind im Relief der Außenseite dargestellt. Vorne sehen wir Christus mit dem Nimbus, seitlich den Heiligen Bartholomäus mit dem Messer und den Heiligen Adalbert mit dem Bischofsstab. Auf der Rückseite (man muss sich hinknien) das Bildnis von Kaiser Otto III. mit Krone, Zepter und einer Scheibe mit dem eingeritzten Kirchenmodell. Damit ist der Kaiser als Stifter der Kirche ausgewiesen.
Der Hauptaltar steht auf einer hochwertigen dunkelroten Porphyr Wanne aus einer antiken Thermenanlage. Wie die Inschrift besagt, befinden sich darin die Reliquien des Heiligen Bartholomäus. Die Geschichte um die Gebeine des Apostels ist mehr als mysteriös. Kaiser Otto III. soll sie aus dem Dom in Benevent entwendet und in der großen Bronzeschale, die heute rechts vom Altar an der Wand hängt, nach Rom gebracht haben. Die Porphyr Wanne steht allerdings erst seit dem 16. Jahrhundert hier. Wessen Gebeine darin liegen, bleibt ein Geheimnis.
Die linke Chorkapelle ist dem heiligen Adalbert gewidmet. Er war Bischof von Prag und von Kaiser Otto III. hoch verehrt. Adalbert zu Ehren hatte der Kaiser die Kirche auf der Tiber Insel erbauen lassen und von ihm eine Armreliquie aus Prag nach Rom gebracht. Als dann die Gebeine des Apostels Bartholomäus aus Benevent hierher kamen, wurde die Kirche später nach diesem berühmteren Heiligen umbenannt.
Die meist unzugängliche Krypta unter dem hochgelegten Altarraum ist der einzige verbliebene Bauteil aus Ottos Kirche. Der Raum wirkt verstellt, weil man im 12. Jahrhundert aus statischen Gründen die Säulen ummauert und ein neues Gewölbe eingezogen hatte. Ganz einzigartig sind die Blockkapitelle der Säulen mit kaiserlichen Adlern aus dem 10.Jahrhundert.
Über vierhundert Jahre war die Kirche des Bartholomäus mit einem Franziskanerkloster verbunden. 1994 wurden Kirche und Klostergebäude der Comunità Sant’ Egidio übergeben, die sie bis heute betreut.
Verlassen wir die Stille der Kirche, so holen uns der tosende Verkehrslärm der Tiber Straßen und die Sirenen der Krankenwagen wieder zurück in die Gegenwart. Um noch einen Augenblick dem jungen Kaiser Otto III. und seiner Apostelkirche auf der Tiberinsel, seinen romantischen Utopien eines geeinten West- und Ostreiches und der Einführung der griechischen Sprache nachzusinnen, muss man sich still ans Ufer der Tiberinsel setzen, wo man nur noch das Wasser rauschen hört.
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Literatur
Arnold Esch. Wege nach Rom 2004
Hagen Keller. Die Ottonen 2008
P. Adalberto Sisti. Basilica San Bartolomeo all’Isola Tiberina Roma