Asset-Herausgeber

Casa Rosada

Buenos Aires-Briefing

Buenos Aires-Briefing Februar und März 2023

von Inga von der Stein
Internationale Agenda von Präsident Alberto Fernández | Mauricio Macri kandidiert nicht erneut als Präsidentschaftskandidat | Erschreckende Armutszahlen | Wirtschaftliche Probleme | Ausblick

Asset-Herausgeber

Bitte klicken Sie hier, um die Inhalte anzuzeigen.
Oder passen Sie Ihre Cookie-Einstellungen unter Datenschutz an.

Buenos Aires-Briefing Februar und März 2023

gesprochen von Inga von der Stein

Audio

Superwahljahr-Recap

❯ Der ehemalige Präsident Mauricio Macri hat per Videobotschaft mitgeteilt, dass er nicht erneut als Präsident kandidieren wird.

❯ Der Regierungschef der Stadt Buenos Aires hat seine Kandidatur offiziell gemacht.

❯ Bei den Vorwahlen in der Zentralprovinz La Pampa im Februar setzte sich der Kandidat der traditionellen sozialdemokratischen Partei „Unión Cívica Radical“ gegen den Kandidaten der neueren liberalkonservativen „Propuesta Republicana“ durch.

 

Die internationale Agenda von Präsident Alberto Fernández

Im März 2023 hatte Alberto Fernández eine vollgepackte internationale Agenda mit teils konträren Gesprächspartnern. Am 21. März kündigte er den Wiedereintritt Argentiniens in die UNSASUR an. Die UNASUR ist ein links geprägtes Bündnis, dem aktuell Bolivien, Guyana, Suriname, Peru und Venezuela angehören. Die UNASUR gilt als handlungsunfähig, Argentinien war unter der Vorgängerregierung von Mauricio Macri ausgetreten, wie auch fünf weitere Staaten. Vom 20. bis zum 24. März war Buenos Aires Gastgeber des vierten Weltforums der Menschenrechte der Puebla-Gruppe, einer losen Vereinigung von Vertretern der politischen Linken Lateinamerikas. Das Treffen wurde von der Christlich-Demokratischen Organisation Amerikas (OCDA) kritisiert, da es sich nicht die Menschenrechtsverletzungen in Nicaragua, Kuba und Venezuela thematisierte.

Am 25. März nahm Alberto Fernández an dem jährlich stattfindenden Ibero-Amerikanischen Gipfel in der Dominikanischen Republik teil. Auf diesem Gipfel trafen sich Staats- und Regierungschefs Lateinamerikas, Spaniens und Portugals sowie der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell. Ziel war der Aufbau engerer Beziehungen mit den vier Themenschwerpunkten Umweltkrise, digitale Transformation, Ernährungssicherheit und internationaler Finanzarchitektur. Alberto Fernández tauschte sich in seiner Funktion als derzeitiger Präsident des Mercosur mit seinem spanischen Amtskollegen Pedro Sánchez und Josep Borrell aus. Inhalt der Gespräche waren offene Fragen des Mercosur-EU-Abkommens, wie etwa Exportschwierigkeiten der Länder des Mercosurs in die Europäische Union.

Weiter ging es für Argentiniens Präsidenten am 28. März mit Programmpunkten in den Vereinigten Staaten. Zunächst mit dem Generalsekretär der Vereinten Nationen (UN), António Guterres, mit welchem Alberto Fernández über den Klimawandel sowie die Schwierigkeiten verschuldeter Länder in der internationalen Finanzarchitektur sprach. Am darauffolgenden Tag traf sich der argentinische Präsident mit dem US-Präsidenten Joe Biden. Alberto Fernández bat um weitere Unterstützung der USA im internationalen Währungsfonds (IWF), in welchem die USA 16 Prozent der Stimmen vereinen. Das Abkommen Argentiniens mit dem IWF befindet sich unter kontinuierlicher Überprüfung, die argentinische Wirtschaft befindet sich angesichts der historischen Dürre unter Druck, die Gefahr einer Rezession ist hoch. Weitere Themen waren Nahrungsmittel- sowie Energieproduktion. In der anschließenden Pressekonferenz verurteilte Alberto Fernández ungewohnt deutlich den russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Wenige Tage nach dem Treffen wurde bekannt, dass der IWF die Revision der vereinbarten Ziele genehmigte.  

 

Superwahljahr 2023: Mauricio Macri kandidiert nicht erneut als Präsidentschaftskandidat

Der ehemalige Präsident von 2015 bis 2019, Mauricio Macri, setzte den anhaltenden Spekulationen um eine mögliche erneute Präsidentschaftskandidatur im März ein Ende. Über die sozialen Medien veröffentlichte er ein Video, in dem er seine Kandidatur ausschloss. Grund sei der Personenkult, welcher Argentinien schade, es sei Zeit für eine Erneuerung der Partei und neue Gesichter. Mit der aktuellen Regierung ging er scharf ins Gericht: „Argentinien treibt, ohne Führung, isoliert von der Welt und allein“. Aus der eigenen Partei erntete die Entscheidung Macris viel Lob, aus der Regierungsallianz hingegen Spott.

Während Macri sich gegen eine Kandidatur entschied, machte der Regierungschef der Stadt Buenos Aires, Horacio Rodríguez Larreta, Nägel mit Köpfen. Er veröffentlichte ebenfalls ein Video, in welchem er seine Ambitionen als nächster Präsident Argentiniens offiziell machte. In dem Video wurde er sehr deutlich: „Die einzigen, die von der gesellschaftlichen Spaltung profitieren, sind diejenigen, die diesen Graben geöffnet haben, diejenigen, die ihn nutzen, sind Betrüger. Entweder wir beenden die Spaltung oder der Spaltung beendet Argentinien.“ Als sicher gilt ebenfalls die Kandidatur der Präsidentin der Partei „Propuesta Republicana“, Patricia Bullrich. Dieser Partei gehört auch Rodriguez Larreta an. Diese werden voraussichtlich in den Vorwahlen am 13. August 2023 gegeneinander antreten.

Bei der Regierungsallianz „Frente de todos“ herrscht noch Unklarheit. Der derzeitige Präsident Alberto Fernández hat seine erneute Kandidatur bisher nicht offiziell erklärt, aufgrund seiner Unbeliebtheit in der Bevölkerung fehlt ihm der Rückhalt in der eigenen Partei. Vize-Präsident Cristina Fernández de Kirchner steht unter Druck, da sie von einem Strafgericht zu sechs Jahren Haft und dem Verbot der Ausübung öffentlicher Ämter verurteilt wurde, aufgrund von Korruptionsvorwürfen. Das Urteil bedeutet jedoch nicht, dass die Vizepräsidentin sofort ins Gefängnis muss, da es von zwei weiteren Instanzen ratifiziert werden muss, was Jahre dauern kann. Kirchner genießt außerdem bis zum 10. Dezember 2023, wenn ihre Amtszeit endet, Immunität und kann bei den Wahlen im nächsten Jahr für ein neues Amt kandidieren, wodurch ihre Immunität verlängert werden könnte.

 

Erschreckende Armutszahlen: Jedes zweite Kind lebt in Armut

Ende März veröffentlichte die argentinische Regierung die erschreckenden Armutszahlen aus der zweiten Jahreshälfte 2022: 39,2 Prozent der argentinischen Bevölkerung leben in Armut, was 17,6 Millionen Menschen entspricht. Vor allem Kinder betrifft die Armut: Mehr al 50 Prozent fallen unter die Armutsgrenze, das heißt mehr als jedes zweite Kind unter 14 Jahren in Argentinien ist von Armut betroffen. Die höchsten Armutsquoten wurden im Nordosten mit 43,6 Prozent und im Nordwesten des Landes mit 43,1 Prozent beobachtet. Die niedrigsten Werte wurden in den Regionen Patagonien mit 34,7 Prozent und La Pampa mit 36,3 Prozent verzeichnet. Es wird angenommen, dass die Armut weiter steigen wird. Argentinien schloss das vergangene Jahr mit einer Inflationsrate von 94,8 Prozent ab - eine der höchsten Raten der Welt - und die Preise stiegen allein im Februar um 6,6 Prozent.

 

Wirtschaftliche Probleme mit wenig aussichtsreichen Lösungen

Im März erlebte Argentinien eine historische Dürre: Seit 1929 hat es nicht mehr so wenig geregnet. Folge sind Probleme in der Landwirtschaft, welche Schlüssel für die argentinische Exportwirtschaft ist. Exporte spülen Devisen in das Land, die Argentinien dringend braucht. Die Börse von Rosario schätzt den Verlust, den die Dürre bei der Produktion der drei wichtigsten Anbauprodukte des Landes - Sojabohnen, Mais und Weizen - verursachen wird, auf mehr als 14 Milliarden US-Dollar. Rechnet man die Auswirkungen auf andere Wirtschaftszweige hinzu, so belaufen sich die Gesamtverluste für die nationale Wirtschaftstätigkeit auf 19 Milliarden US-Dollar, was drei Prozentpunkte des geschätzten argentinischen Bruttoinlandsprodukts in 2023 ausmacht.

 

Ausblick für April und Mai 2023

National: Im April und Mai stehen gleich drei der vier „Superwahlsonntage an“. Am 16. April werden in gleich in zwei Provinzen, Neuquén und Río Negro, neue Gouverneure gewählt, am 7. Mai in den Provinzen Jujuy, Misiones und La Rioja, am 14. Mai in Feuerland, San Juan, Salta, Tucumán und La Pampa.

International: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen plant Argentinien zu besuchen. Themen sind das Mercosur-EU-Freihandelsabkommen und die Zusammenarbeit in Bereichen wie digitaler und sauberer Technologien.

Trivia: Im Februar wurden die Daten des nationalen Zensus veröffentlicht, welcher 2022 durchgeführt wurde. Ergebnisse sind folgende: Argentinien besitzt nun offiziell 46 Millionen Einwohner, davon sind 51,76 Prozent Frauen und 48,22 Prozent Männer. Kurios war der Fall des Stadtteils La Matanza im Ballungsraum von Buenos Aires. Von 2001 bis 2010 wuchs La Matanza jährlich um 4 Prozent, zwischen 2010 und 2022 waren es 0,2 Prozent, zeigten die Ergebnisse. Ein abrupter Rückgang, der damit zu erklären ist, dass die Zahlen bewusst vorher manipuliert worden, damit die Regierung von La Matanza einen größeren Finanzzuschuss erhielt.

 

 

 

© Fotos: Casa Rosada

Asset-Herausgeber

Kontakt

Susanne Käss

Susanne Käss bild

Leiterin des Auslandsbüros Argentinien / Leiterin des Auslandsbüros Brasilien (kommissarisch)

susanne.kaess@kas.de +54 11 4326-2552
Kontakt

Inga von der Stein

comment-portlet

Asset-Herausgeber

Über diese Reihe

Die Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. in Argentinien möchte allen Interessierten einen besseren Zugang zu den politischen Ereignissen des Landes ermöglichen. Dafür veröffentlichen wir monatlich ein kurzes Briefing mit den wichtigsten Nachrichten aus dem Land.

Susanne Käss

Susanne Käss bild

Leiterin des Auslandsbüros Argentinien / Leiterin des Auslandsbüros Brasilien (kommissarisch)

susanne.kaess@kas.de +54 11 4326-2552