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Analysen und Argumente

Die neue Rolle von Führungskräften in der datengestützten Schulentwicklung

von Prof. Anne Sliwka

Über den Einsatz strategischer Datennutzung im deutschen Bildungssystem für Bildungsstandards und die Förderung von Chancengerechtigkeit

Länder wie Kanada und Estland haben durch datengestützte Strategien beachtliche Erfolge erzielt und bieten wertvolle Ansätze für Deutschland. Führungskräfte in Schulleitungen und Ministerien spielen dabei eine entscheidende Rolle. Die kanadische Provinz Alberta zeigt, wie klare politische Vorgaben und strukturierte Datennutzung eine Kultur der kooperativen Professionalität fördern. Empfohlen wird, technische und analytische Kompetenzen zur Datennutzung zu entwickeln, kooperative Professionalität zu stärken und strategische Ziele klar zu definieren und zu überprüfen.

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Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen drei zentrale Herausforderungen für das deutsche Bildungssystem auf: Erstens erreichen zu viele Schülerinnen und Schüler nicht die Mindeststandards in den Basiskompetenzen Deutsch und Mathematik. Zweitens beeinflusst der sozioökonomische Status der Eltern den Bildungserfolg der Kinder signifikant. Drittens leiden viele Heranwachsende unter psychosozialen Belastungen. Im internationalen Vergleich haben Länder wie Kanada und Estland durch die strategische Nutzung von Daten in diesen Bereichen bemerkenswerte Fortschritte gemacht. Diese Länder bieten wertvolle Ansätze, von denen Deutschland lernen kann.

Ein erfolgreicher Ansatz besteht darin, klare strategische Ziele zu definieren, die als gemeinsamer Orientierungsrahmen für das gesamte Bildungssystem dienen. Diese Ziele sollten auf drei Säulen basieren: der Verbesserung von Kompetenzen und Leistungen, der Förderung von Chancengerechtigkeit sowie der Unterstützung des Wohlbefindens und der Persönlichkeitsentwicklung der Schülerinnen und Schüler. Dabei spielt die regelmäßige und gezielte Datennutzung eine zentrale Rolle. Über digitale Dashboards, die in Echtzeit Leistungsindikatoren und andere Daten anzeigen, können Führungskräfte auf verschiedenen Ebenen Entscheidungen treffen und Maßnahmen steuern. Es hat sich gezeigt, dass sowohl „Small Data“, also detaillierte Einblicke in individuelle Lernprozesse, als auch „Big Data“, welche Trends und Muster auf Systemebene identifizieren, entscheidend für eine erfolgreiche Schulentwicklung sind.

In der kanadischen Provinz Alberta wird die Datennutzung strukturiert und differenziert umgesetzt. So haben Lehrkräfte Zugriff auf Klassendaten, Schulleitungen auf alle Schuldaten und die Schulaufsicht sowie das Bildungsministerium auf regionale beziehungsweise systemweite Daten. Diese strukturierte Datennutzung wird durch regelmäßige professionelle Lerngemeinschaften unterstützt, in denen sich Führungskräfte austauschen und gemeinsame Ziele entwickeln.

Die Schulleitungen tragen eine Schlüsselrolle in der effektiven Nutzung von Small Data. Sie sind verantwortlich dafür, ein Umfeld zu schaffen, in dem individuelle Fördermaßnahmen auf Basis der gesammelten Daten entwickelt werden können. Gleichzeitig müssen sie eine kooperative Arbeitskultur fördern, in der das Lehrpersonal regelmäßig Daten analysiert und pädagogische Maßnahmen ableitet. Auch die Schulaufsicht spielt eine wesentliche Rolle, indem sie den Austausch bewährter Praktiken zwischen den Schulen fördert und sicherstellt, dass die Schulen die nötigen Ressourcen zur Datennutzung haben.

Bildungsministerien und Landesinstitute unterstützen die Nutzung von Big Data und schaffen Rahmenbedingungen für eine systemweite Datennutzung. Sie sind verantwortlich für die Planung und Steuerung des Schulsystems, erkennen durch die Analyse von Daten Trends und Muster und leiten daraus Maßnahmen zur Verbesserung der Bildungsqualität ab. Ein zentrales Element ist dabei die Qualifizierung der Führungskräfte im Bereich der Datenanalyse.

Insgesamt zeigt sich, dass ein datenbasiertes Bildungssystem sowohl Top-down- als auch Bottom-up-Ansätze kombinieren muss, um effektiv zu sein. Während frühere Top-down-Ansätze oft an ihrer Starrheit scheiterten und Bottom-up-Initiativen oft isoliert blieben, müssen moderne Bildungssysteme horizontal und vertikal vernetzt agieren. Der Schlüssel liegt in der kooperativen Professionalität. Sie zielt darauf ab, Daten als Grundlage für gemeinsame Entscheidungsprozesse zu verwenden, ohne sich ausschließlich von den Daten bestimmen zu lassen. Deutschland steht vor der Herausforderung, einen Kulturwandel hin zu einem lernenden, datenbasierten Schulsystem zu vollziehen, das sich an internationalen Best-Practice-Beispielen orientiert. Führungskräfte auf allen Ebenen des Bildungssystems müssen dabei Verantwortung übernehmen und eine Lernkultur fördern, die auf Transparenz, Vertrauen und gemeinsamer Verantwortung basiert. Nur so kann die Qualität der Bildung nachhaltig gesteigert werden.

Lesen Sie die gesamte Publikation: „Die neue Rolle von Führungskräften in der datengestützten Schulentwicklung“ hier als PDF.
 

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Felise Maennig-Fortmann

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