Länderberichte
Die Fakten
An der Wahl beteiligten sich 73,09 % der rund 2,5 Millionen Wahlberechtigten, in der im Landesinneren gelegenen Provinz Naryn war die Beteiligung am höchsten. In der Hauptstadt Bischkek gingen nur 52,38% zur Wahl.
Präsident Akajew erzielte mit 74,47% ein gutes Ergebnis, das andererseits auch davon zeugt, dass seine Gegenkandidaten auch einen für post-sozialistische Staaten beachtlichen Stimmenanteil erhielten.
Omurbek Tekebajew, Vorsitzender der Partei "ATA-MEKEN" (Vaterland) bekam 13.85% der Stimmen. Er war ein Wahlbündnis mit Felix Kulow, dem Führer der Partei "AR NAMIS" (Würde), eingegangen. Tekebajew erhielt besonders im bevölkerungsreichen und usbekisch geprägten Süden einen größeren Stimmenanteil.
Zwei Kandidaten, der junge Unternehmer Almasbek Atambajew, Vorsitzender der sozialdemokratischen Partei Kirgistans, sowie Melis Eschimkanow, jugendlicher Redakteur der sehr populären Zeitung "ASABA" und Vorsitzender der Heimatpartei, erzielten 6% bzw. 1,8%. Unter einem Prozent der Stimmen, erhielten die Kandidaten Tursumbay und Akunow.
Die Bewertung der OSZE/ODIHR-Wahlbeobachter
Zur Wahlbeobachtung hielten sich seit dem 21. September 120 Experten und ausländische Beobachter unter der Leitung von Mark Stevenson aus Großbritannien im Lande auf. In ihrem Bericht, vom 30. Oktober 2000, kamen sie zu dem Schluss, dass die Präsidentschaftswahlen internationalen Standards für freie, gleiche und faire Wahlen nicht entsprachen.
In ihrer Presseverlautbarung, v. 31.10.2000, kam Frau Ferrero-Waldner, die österreichische Außenministerin und amtierende OSZE-Vorsitzende, zu dem Schluss: "Unfortunately the elections did not reverse the negative trends identified during during the parliamentary electionsat the beginning of this year and can therefore not be qualified as being equal, free and fair."
Beurteilung durch Einheimische
Bereits die Vorwahllage war durch politische Prozesse gegen Kandidaten und durch eine Sprachprüfung in Kirgisisch belastet. Letzteres ungeachtet der Tatsache, dass Russisch nach der Verfassung als zweite Staatssprache zugelassen ist. Sechs Kandidaten blieben im Rennen, zwölf weitere wurden ausgeschlossen.
Auf eine Nichtregierungsorganisation zur Wahlbeobachtung "Für Demokratie und Bürgergesellschaft" wurde großer Druck ausgeübt. Nach den Parlamentswahlen, bei denen diese NRO viele Verletzungen festgestellt hatte, begann man amtlicherseits diese Störmanöver.
Intellektuelle, wie Ärzte, Lehrer und Studenten lud man zu "Gesprächen" ein, bei denen man ihnen das Versprechen abzuringen versuchte, dass sie ihre Stimme Akajew geben würden. Die KAS, die seit geraumer Zeit, im ganzen Lande Seminare zur Vorbereitung der Parlamentswahlen durchgeführt hatte, wurde darüber von ehemaligen Teilnehmern informiert und um Hilfe gebeten.
Zu bemängeln ist auch die Rolle der Medien. Die staatlichen Medien standen dem Präsidenten zur Verfügung. Die privaten Medien, wie die populäre Zeitung: "Wetscherny Bischkek" (Bischkek am Abend) und der populäre Fernsehsender "Pyramide" weigerten sich, an der Vorwahlkampagne teilzunehmen und gewährten den Gegenkandidaten keinen Raum bzw. keine Sendezeit, brachten aber ständig Sendungen über die Aktivitäten von Präsident Akajew. Die negative Beurteilung der OSZE und des amerikanischen NDI wurden nur von drei Oppositionszeitungen veröffentlicht.
Bei der Wahl wurden Unterschriften gefälscht, die früher, zur sowjetischen Zeit, übliche Gemeinschaftsstimmabgabe durch ein Familienoberhaupt wurde zugelassen und fortgeführt. Agitation im Wahllokal wurde zugelassen.
Abschlussbemerkung
War der Ruf Kirgistans, unter den zentralasiatischen Staaten das demokratischste zu sein, bereits durch die vielen Verletzungen während der Parlamentswahlen sehr beeinträchtigt, so wurde dieser Trend durch die jetzigen Wahlen noch fortgesetzt.
Präsident Akajew, darf nach der Verfassung nur zwei Amtsperioden regieren. Die jetzige dritte wurde nur durch den Hinweis darauf möglich, dass die kirgisische Verfassung erst nach der ersten Wahl in Kraft getreten sei. Internationale Pressestimmen beurteilen seine Persönlichkeit uneingeschränkt positiv, bemängeln aber, dass er nicht über genügend Durchsetzungsvermögen verfügt, um seine richtig und gut konzipierte Politik auch durchzusetzen.
Nach den Worten von Alexander Agafonoff, einem australischen Berater im Präsidialamt, veröffentlicht in der "TIMES of CENTRAL ASIA" (v. 26.10.00, S.5): "It is clear that the nation's leader fully understands its problems and what needs to be done to correct them. What seems to be the problem is that those who serve him are unwilling to tak the necessary decisions ... Corrupt officials and business peoploe are robbing nit just the State, but also the people of this country, and subverting its devlopment ... The banking system is at present so corrupt and unreliable that it has lost the respect of even the local population."
Diese klaren und negativen Beurteilungen ließen sich in manchen Aspekten, mutatis mutandis, auch auf die Nachbarstaaten anwenden. Zentralasien, dessen geopolitische Bedeutung unumstritten ist, benötigt Zeit und gute Freunde in der Not, um sich allmählich zum Besseren, zu einer freieren Region mit gut nachbarschaftlichen Beziehungen zu entwickeln.
Die von Präsident Akajew befürchteten, verstärkten Angriffe durch jetzt überwinternde Gruppierungen aus dem Nachbarstaat Tadschikistan sind auf Dauer nur durch eine bessere Wirtschaftslage und durch Hilfe internationaler Organisationen abzuwehren.