Fachkonferenz
Details
Vergangenheitsbewältigung hat in Deutschland einen hohen Stellenwert. Die kritische Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und seit 1990 auch mit der DDR gilt als Kernstück demokratischer Identität der Bundesrepublik. Aber taugt der deutsche Umgang mit der Geschichte auch als Modell für andere Staaten?
Seit 2020 untersucht ein Projekt am Lehrstuhl für Neueste Geschichte der Universität Würzburg die Aufarbeitung der Vergangenheit in unterschiedlichen Ländern. Wurden die Verantwortlichen für begangene Verbrechen bestraft? Kam es zu einem Austausch der Eliten? Wurden die Opfer der Diktatur entschädigt und gibt es Stätten der Erinnerung? Ziel des Projektes ist es, aus den weltweiten Erfahrungen Handlungsempfehlungen für die Zukunft zu formulieren. Auf der Tagung sollen aktuelle Forschungsergebnisse vorgestellt und diskutiert werden.
Programm
15.00 Uhr PANEL 1: Erinnern oder Vergessen? Gewaltregime als Gegenstand von Geschichtspolitik
Jahrhundertelang galt die Bereitschaft zum Vergessen als das wichtigste Instrument zur Befriedung gewaltsamer Konflikte. Erst die Massenverbrechen des Nationalsozialismus haben das Postulat ewiger Erinnerung hervorgebracht. Eine Schlüsselrolle wird dabei Gedenkstätten eingeräumt, die oftmals an früheren Verfolgungsorten errichtet wurden. Wie sinnvoll und wirksam ist diese Art der Geschichtspolitik? Und wie sehr wird die Vergangenheit dabei auch für Gegenwartsinteressen instrumentalisiert?
Prof. Peter Hoeres, Lehrstuhl für Neueste Geschichte an der Universität Würzburg
Hanna Radziejowska, Direktorin des Pilecki-Instituts Berlin
Dr. Veit Straßner, Fachleiter für katholische Religion am Staatlichen Studienseminar für das Lehramt an Gymnasien, Speyer
Dr. Julia Viebach, Dozentin am African Studies Center der University of Oxford
Moderation: Dr. Joachim Klose, Leiter des Politischen Bildungsforums Berlin der Konrad-Adenauer-Stiftung
16.30 Uhr Kaffeepause
17.00 Uhr PANEL 2: Bestrafen oder Vergeben? Möglichkeiten und Grenzen strafrechtlicher Aufarbeitung von Gewaltregimen
Sollen Verantwortliche für Diktatur und Massenverbrechen strafrechtlich zur Verantwortung gezogen? Während sich in den letzten Jahrzehnten immer mehr die Überzeugung durchgesetzt hat, dass eine strafrechtliche Aufarbeitung im Interesse der Opfer und der Abschreckung notwendig ist, zeigt die historische Erfahrung, dass ein Verzicht darauf oft eine wesentliche Voraussetzung für den friedlichen Übergang zu Rechtsstaat und Demokratie war. Was bedeutet dies für aktuelle Konflikte, etwa in der Ukraine, und für die weitere Entwicklung des Völkerstrafrechtes?
Prof. Dr. Susanne Buckley-Zistel, Zentrum für Konfliktforschung an der Universität Marburg
Christoph Schaefgen, ehemaliger Leiter der Staatsanwaltschaft II in Berlin für DDR-Regierungskriminalität
Prof. Dr. Christoph Safferling, Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht, Internationales Strafrecht und Völkerrecht mit ICLU an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Christoph Flügge, ehemaliger Richter am Internationalen Strafgerichtshof für das frühere Jugoslawien, Den Haag
Moderation: Sven-Felix Kellerhoff, Leitender Redakteur für Zeitgeschichte der Zeitung Die Welt
18.30 Uhr Imbiss
19.30 Uhr PANEL 3: Die Renaissance der Diktatur. Der Vormarsch autoritärer Regime als Herausforderung für Rechtsstaat und Demokratie
Weltweit erlebte das politische Modell der Demokratie Anfang der 1990er Jahre einen Siegeszug: Von Südamerika über Osteuropa bis hin zum asiatischen Taiwan wurden reihenweise Diktaturen gestürzt. Der US-amerikanische Politikwissenschaftler Francis Fukuyama sah bereits das „Ende der Geschichte“ herannahen. Inzwischen hat sich die Entwicklung ins Gegenteil verkehrt: Von Russland und China über die Türkei und Syrien bis hin zu Myanmar, Nicaragua und Venezuela sind Diktaturen auf dem Vormarsch. Woher kommt die weltweite Renaissance autoritärer Regime und wie sollte der Westen ihnen begegnen?
Linda Teuteberg, Mitglied des Deutschen Bundestags und stellvertretende Vorsitzende des Vereins Gegen Vergessen – Für Demokratie
Prof. Jörg Baberowski, Professor für Geschichte Osteuropas an der Humboldt-Universität zu Berlin
Roderich Kiesewetter, Mitglied des Deutschen Bundestags und Obmann im Auswärtigen Ausschuss
Dr. Hubertus Knabe, Projekt „Nach der Diktatur“ am Lehrstuhl für Neueste Geschichte der Universität Würzburg
Moderation: Markus Wehner, Korrespondent der FAZ in Berlin