Vortrag
Details
Alles war perfekt geplant, durchorganisiert, der Abtransport konnte beginnen. Jedoch kein einziger Jude wurde deportiert!
Politiker, kirchliche Amtsträger, bedeutende Intellektuelle sowie viele einfache Menschen solidarisierten sich mit ihren jüdischen Mitbürgern und verhinderten deren Auslieferung!
Die Rettung der bulgarischen Juden ist ein wunderbares Zeugnis für gelebte Zivilcourage. Liliana Panitza handelt in diesem Sinn. Sie handelt so, weil sie so handeln muss. Aus einem inneren Beweggrund, der nicht hinterfragt, ob es gefährlich, ob es richtig oder falsch ist. Sie gibt die Informationen über die Organisation der Deportation der Juden in ganz Bulgarien weiter. Sie, als Sekretärin des Kommissars für jüdische Angelegenheiten, sitzt an der Quelle. Tagsüber schreibt sie die Anweisungen, nachts gibt sie dieselben an die jüdische Freundin weiter. Diese – die Ehefrau des Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde – reicht die lebensgefährlichen Informationen an ihren Mann weiter. Der wiederum verfügt über ein landesweites Netz, das somit gewarnt werden kann. Eine einzige Frau rettet Tausende von Menschen und zahlt letztendlich dafür mit ihrem eigenen Leben! Sie wird 1945 von den Kommunisten im Folterkeller getötet. 43 Politiker, Parlamentsabgeordnete, die zunächst den Viermächtepakt unterschreiben und damit einen völkerrechtlichen Vertrag abschließen, kündigen im März 1943 die festgelegten Bedingungen, die bulgarischen Juden zu deportieren. Sie unterschreiben eine Resolution, sie weigern sich und rufen zum Widerstand auf. Sie begehen damit Rechtsbruch und bekennen sich zu ihren jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern. Sie machen aufmerksam, auch sie retten! Alle Bischöfe des Landes missachten die gesetzlichen Anordnungen des Kommissariats. Der Bischof von Plovdiv stellt sich vor seine jüdischen Schwestern und Brüder, die im Schulhof bereits zusammengetrieben auf ihre Deportation warten. Die Aufseher wagen es nicht, gegen den Bischof vorzugehen, alle werden in Plovdiv gerettet! Der Erzbischof von Sofia bietet allen jüdischer Mitbürgerinnen und Mitbürgern an, sie sofort umzutaufen. Er gibt entsprechende Anweisungen an alle Kirchen der Hauptstadt. Daraufhin lässt die bulgarische Regierung alle Kirchen für einen Tag schließen, am nächsten Tag wird die Anordnung aufgehoben. Der mutige Einsatz des Erzbischofs zeigte lebensrettende Wirkung.
Beeindruckende Zeugnisse im Namen der Humanität werden spürbar. Wir erleben, wie Entschlossenheit und radikales Bekenntnis zum Nächsten plötzlich die Macht entmachtet. Wie Unerschrockenheit die Bedrohung wirkungslos macht. Wie Handeln die Angst besiegt. Wie das Dunkle dem Hellen weicht.
Vladimir Danovsky
Geboren in Sofia, als Sohn des berühmten jüdisch-bulgarischen Regisseurs Boyan Danovsky. Nach dem Studium an der Hochschule für Musik in Sofia und der Deutschen Staatsoper Berlin arbeitete er mehrere Jahre als Gastregisseur an den bedeutendsten Opernhäusern in Bulgarien sowie als Dozent für szenischen Unterricht und Leiter des Studientheaters an der Hochschule für Musik in Sofia. Eine über die Grenzen Bulgariens hinaus erfolgreiche Inszenierung von Carl Orffs „Die Kluge und Der Mond“ brachte die ersten Regie-Engagements in Deutschland und anschließend eine feste Position als Oberspielleiter des Theaters in Memmingen. Danach arbeitete Danovsky mehr als 10 Jahre als freier Regisseur in Deutschland, Schweiz, Österreich und Japan. Parallel gründete er 1990 die Studiobühne
Werkstatt München und 1996 die Organisation EurOpera München. Danovsky war von 2002 bis 2005 Künstlerischer Leiter und Co-Regisseur beim König-Ludwig-Musical – Füssen, Deutsches Theater München.