Das Hauptziel der Studie war die Analyse der Wirkung von Quarantänemaßnahmen zur Prävention der Verbreitung der Covid-19-Epidemie, der Anpassung von Einzelbranchen der ukrainischen Wirtschaft an die neuen Bedingungen der Geschäftsführung und Erkennung von Bedürfnissen von Geschäftsleuten, ohne welche keine Bewältigung von Folgen der Coronavirus-Pandemie und Wiederherstellung der ukrainischen Wirtschaft möglich ist.
In seinem Grußwort äußerte der Leiter des Auslandsbüros der Konrad-Adenauer-Stiftung (Kiew) Tim B. Peters die Hoffnung aus, dass die Ergebnisse dieser Studie der Ukraine helfen werden, die aktuelle Situation zu bewältigen. In Deutschland sei die Lage um die Covid-19-Epidemie auch nicht leicht, demnächst führe das Land einen harten Lockdown ein (Schließung des Einzelhandels und öffentlicher Einrichtungen), der bis zum 10. Januar andauern werde.
Das Analysepapier „Folgen der Covid-19-Epidemie und Quarantänemaßnahmen für führende Sektoren der ukrainischen Wirtschaft“ stellten Vorsitzender der NGO „Zentrum für angewandte Studien“ Andrij Karakuz und der Chefredakteur der Internetzeitung „Ekonomitschna Prawda“ Dmytro Denkow vor. Als Studienmethode wurden strukturierte Tiefinterviews mit Besitzern und Top-Managern führender ukrainischer Unternehmen von 19 Sektoren der ukrainischen Wirtschaft gewählt.
In ihren Aussagen betonten die Projektleiter, dass trotz eines allgemeinen Falls der Wirtschaft im 2. Quartal 2020 auf fast 11 % des BIP der Einfluss der harten regulatorischen Politik des Staates im Frühling 2020 nicht homogen war. Nach Andrij Karakuz waren am stärksten die Sektoren betroffen, die mit dem Tourismus und Besuch in öffentlichen Stätten zu tun haben, besonders schlimm ging es den Klein- und Mittelunternehmen. Allerdings habe der Lockdown die Landwirtschaft und Chemieindustrie so gut wie nicht beeinflusst. Einige Branchen überdecken ihre Verluste (IT), entwickelten sich intensiv (Pharmazie) und führten neue Dienstleistungen ein (Güterverkehr und Postwesen).
Die staatliche Hilfe wurde von Dmytro Denkow als mäßig (Probanden spürten sie nicht) und ohne strategische Vision bewertet, denn es hätte keine Umbildungsangebote für Arbeitskräfte gegeben, die wegen der Coronakrise ihre Arbeitsplätze verloren hatten. In jedem Interview ginge es vor allem um fehlende Kommunikation zwischen Staat und Geschäftsleuten.
Im Rahmen der Veranstaltung fand auch eine Diskussion unter der Teilnahme von Vertretern der ukrainischen Branchen statt, die durch den Frühlingslockdown 2020 besonders hart betroffen wurden (Restaurants, Hotels und Unterhaltungsbereich wie Kinos). Als Diskussionsteilnehmer traten Maxim Bohdanow, Leiter der Verkaufsabteilung von Reikartz Hotel Group und Roman Romantschuk, Generaldirektor der Multiplex-Kinokette, auf.
Der Restaurantbetreiber Ihor Tynny beschrieb die Situation in der HoReCa und Leichtindustrie als tragisch und rief die ukrainische Regierung auf, keine Erfahrungen wohlhabender Länder bei der Einführung von Quarantänemaßnahmen nachzuahmen, denn es werde überhaupt keine staatliche Hilfe angeboten. Die während der Quarantäne gewonnene Zeit hätte nicht effizient angewandt worden, um den medizinischen Bereich zu stärken, wobei die Beschränkungen der Wirtschaft geschadet hätten und viele Ukrainer ums Überleben kämpfen sollten.
Maxim Bohdanow, der Leiter der Verkaufsabteilung von Reikartz Hotel Group, wies auf fehlende staatliche Hilfe und Diskriminierung mancher Branchen hin, das größte Problem sei aber die chaotische und inkonsequente Kommunikation der Regierung über die Fristen und Volumen der Quarantänebeschränkungen.
Roman Romantschuk, der Generaldirektor der Multiplex-Kinokette, kritisierte ebenfalls inkonsequente Aktivitäten der Regierung zur Eindämmung der Epidemie und unvorhersehbare Beschränkungen wie die im November eingeführte Wochenend-Quarantäne. Die reduzierten Gewinne der Kinos und entsprechend gesunkenen Investitionen in die ukrainische Kinoproduktion, die gerade eine Widergeburt zu erleben begann, würden die Kulturentwicklung recht negativ beeinflussen.
Im Allgemeinen rechnen ukrainische Unternehmer kaum mit der Hilfe des Staates, vielmehr beteiligten sie sich aktiv an der Lösung von Problemen der Krankenhäuser in verschiedenen Regionen der Ukraine. Die Geschäftsleute zogen gewisse Lehren aus der ersten Welle der Quarantänebeschränkungen und sind auf den wiederholten Lockdown besser vorbereitet. Vom Staat erwarten sie klare Kommunikation, Berücksichtigung ihrer Interessen und Bereitschaft zum Dialog, vor allem aber Ergreifung dringender Maßnahmen zur Impfung der Bevölkerung in der Ukraine.
Die Aufzeichnung der Veranstaltung können Sie sich per Link des Ukrainischen Krisenmedienzentrums ansehen.
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