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Hisba
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In dem Terminus hisba ist die Doktrin »das Gute gebieten, das Schlechte verbieten« (al-amr bi-l-ma‘ruf wa-n-nahi ‘ani-l-munkar) zusammengefasst. Speziell bezeichnet hisba seit dem 9. Jahrhundert die Aufgaben des von den lokalen Autoritäten bestellten muhtasibs und sein Amt, das für die Überwachung des sittlichen Verhaltens in Städten verantwortlich war. Insbesondere waren es jedoch die Einhaltung der oft unübersichtlichen gesetzlichen Maß- und Gewichtseinheiten sowie der Qualitätsstandards und Preise von den auf städtischen Märkten angebotenen Erzeugnissen, die der Kontrolle der muhtasibs unterworfen waren. Während die sittliche Prüfung den Umgang der Geschlechter miteinander, die Anwesenheit beim Gebet und die Einhaltung von Kleidungsvorschriften und Verhaltensnormen für Nicht-Muslime betraf, war es vor allem die Funktion als »Wirtschaftspolizei«, die den muhtasib auszeichnete. Nachdem die hisba in der frühen Neuzeit an Effektivität verlor, geriet sie durch die Reformen der Kolonialzeit fast in Vergessenheit. Bekannt wurde die neuzeitliche Verwendung der hisba, als im Falle von Nasr Hamid Abu Zaid, dessen liberale Koranexegese in die Kritik geriet, dessen Ehe aufgrund des Vorwurfs der Apostasie annulliert wurde. In Saudi-Arabien existiert eine »Religionspolizei«, die sich auf die hisba beruft. Auch im sog. »Islamischen Staat« kommt der hisba eine Rolle als Sittenpolizei zu, die beispielsweise den verbotenen Konsum von Alkohol und Zigaretten mit drakonischen Leibesstrafen ahndet. Inwiefern sie auch Qualitätskontrollen auf den Märkten durchführt, wie es die Propaganda glauben lassen möchte, lässt sich nicht überprüfen. In Europa wird in salafistischen Kreisen zuweilen die Forderung erhoben, in mehrheitlich von Muslimen bewohnten Vierteln eine »Religionspolizei« patrouillieren zu lassen.
Dr. Christian Funke