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Präsidentschaftswahlen 2022
Überblick des französischen Wahlsystems
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Ausgabe 9 - Zweiter Wahlgang der französischen Präsidentschaftswahlen: Ein Ergebnis das „verpflichtet“.
Die Euphorie des ersten Mandats von Staatspräsident Emmanuel Macron, der eine „neue politische Welt“ mit neuen Gesichtern anführte und mit seinen Ansätzen einer „Start-up-Nation“ auch im Ausland begeisterte, ist verflogen. Seine Wahl ist eine gute Nachricht für Europa - ein zeitnaher Besuch in Berlin ist zu erwarten -, innenpolitisch drohen ihm jedoch zahlreiche Herausforderungen.
Ausgabe 8 - Zweite Runde Präsidentschaftswahlen - was folgt danach?
Die Ergebnisse der Parlamentswahlen geben einen ersten Hinweis auf die Präsidentschaftswahlen im Jahr 2027. Vieles wird davon abhängen, welchem Kandidaten es gelingt, sich als Vertreter der politischen Mitte zu etablieren. Wie bereits erwähnt, könnte der Präsident der Republik Emmanuel Macron, falls er wiedergewählt werden sollte, aus verfassungsrechtlichen Gründen keine dritte Amtszeit in Folge antreten. Innerhalb der Bewegung En Marche zeichnet sich derzeit kein „natürlicher" Nachfolger des französischen Staatspräsidenten ab. Der ehemalige Premierminister, Edouard Philippe, mit seiner neuen Partei Horizons gilt derzeit als der aussichtsreichste Politiker, der die politische Mitte hinter sich versammeln könnte. Es bleibt jedoch abzuwarten, inwieweit die Verhärtung des politischen Diskurses in Frankreich die Ränder weiter stärken wird und 2027 als das eigentliche Schicksalswahljahr für Europa in die Geschichte eingehen wird.
Ausgabe 7 - Erster Wahlgang der französischen Präsidentschaftswahlen
Der scheidende Präsident Emmanuel Macron verzeichnet ein höheres Ergebnis als 2017 (24,01%) und kommt auf 27,6 % der Stimmen; vor der Kandidatin des rechtspopulistischen Rassemblement National, Marine Le Pen, die mit 23,4 % der Stimmen ebenfalls einen neuen Wahlrekord aufstellt (2017: 21,3%). Der Einzug von Emmanuel Macron und Marine Le Pen in die zweite Runde der Präsidentschaftswahlen ist keine Überraschung. Seit ihrem letzten Duell im Jahr 2017 haben sich der Staatschef und die Kandidatin des Rassemblement National bemüht, die damals aufkommende Spaltung zwischen Progressiven und Nationalisten zu bestätigen und das traditionelle politische Rechts-Links-Wechselspiel aufzubrechen.
Ausgabe 6 - Europa im Wahlkampf
Europa ist in Frankreich kein populäres und wählermobilisierendes Wahlkampfthema, insbesondere seit dem Scheitern des Referendums über die Verfassung für Europa im Jahr 2005. Lediglich Emmanuel Macron schaffte es 2017, die Europa-Thematik zu einem Schwerpunkt seiner Kampagne und einem „Kennzeichen“ seiner Politik zu machen. Auch für das Wahljahr 2022 schienen europapolitische Themen kaum relevant. Die Invasion der Ukraine mischte die politischen Karten jedoch neu; internationale und europäische Themen sind nunmehr Teil der Wahlkampfdebatten. Der Ukrainekrieg, Frankreichs Rolle in der Welt und europapolitische Fragen werden von den Wählern unter den Top 17-Themen genannt, die ihre Wahlentscheidung beeinflussen könnten.
Ausgabe 5 - Der Kandidat Emmanuel Macron (La République En Marche !)
Schlaglichter zur Kandidatur von Emmanuel Macron
- Macron genießt in der Bevölkerung mit 40% deutlich mehr Vertrauen als die beiden Vorgänger zum Ende ihrer Amtszeit (28% für Sarkozy im Jahr 2012; 18% für Hollande im Jahr 2017). Vor allem aber liegt er weit vor den anderen Kandidaten in der zweiten Runde (Marine Le Pen 33%; Jean-Luc Mélenchon 28%; Valérie Pécresse 27%). (Stand: 02.03.22)
- Auch bei der Wahlabsicht im ersten Wahlgang für die Präsidentschaftswahlen liegt Macron aktuell mit 28,5% vor Marine Le Pen (18,5%), Jean-Luc Mélenchon (14,5%), Eric Zemmour (11%) und Valérie Pécresse (10%). (Stand 28.03.22)
- Der seit zwei Jahren herrschende Krisenkontext (Pandemie, Krieg in der Ukraine) begünstigt die Ausgangssituation des amtierenden Präsidenten: Rolle des „Chefs der Streitkräfte“, die in der Bevölkerung einen hohen Stellenwert einnimmt sowie die des „Beschützers der Nation“
Ausgabe 4 - Frankreichs Gesellschaft vor den Wahlen: Politische Verortung und thematische Prioritäten
Schlaglicht 1: Themenfokus Sicherheit unter dem Eindruck des Ukrainekriegs
Im Präsidentschaftswahlkampf 2022 hat sich ein klares Novum ergeben. Durch den Ukrainekrieg, der derzeitig die Berichterstattung und politische Debatte in Frankreich dominiert, ist erstmalig ein außenpolitisches Thema in den Fokus der Bürgerinnen und Bürger gerückt, das Einfluss auf ihre finale Wahlentscheidung nehmen könnte.
Schlaglicht 2: Starkes Wählerpotential im Mitte-Rechts-Lager
Verschiedene französischen Studien und Umfragen weisen aktuell darauf hin, dass die Präsidentschaftswahlen im rechten Parteienspektrum entschieden werden könnten.
Schlaglicht 3: Starke Heterogenität bei den rechts verorteten Wählern
Auch wenn die potenzielle Wählerschaft der bürgerlich-konservativen und rechten Kandidaten im Februar 2022 rund 45%iv der geäußerten Wahlabsichten auf sich vereint, hängt ihre tatsächliche Stärke davon ab, ob sie sich im Hinblick auf eine Stichwahl gegen Emmanuel Macron vereinen kann und vor allen Dingen will. Es ist zu betonen, dass die Wählerschaft sowohl in ihren Charakteristika als auch in ihren Werten alles andere als homogen ist.
Ausgabe 3 - Die Kandidatin Valérie Pécresse (Les Républicains)
Die 54 Jahre alte Kandidatin zeichnet sich durch eine lange politische Karriere auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene mit Regierungserfahrung aus. Als erste weibliche Kandidatin der politischen Rechten verleiht sie der Partei einen „modernen“ Anstrich und könnte ein ausschlaggebendes Argument gegenüber Macrons Bewegung La République en Marche! sein, die das Thema Parität auf dem Blatt für sich beansprucht, Spitzenämter jedoch vorwiegend männlich besetzt.
Ausgabe 2 - So wird man Präsidentschaftskandidat
Am Montag, den 7. März, veröffentlichte der Verfassungsrat die offizielle Liste der Kandidaten, die an dem ersten Wahlgang der Präsidentschaftswahlen teilnehmen dürfen. Wie wird man Kandidat? Was sind die rechtlichen Voraussetzungen für die Wählbarkeit? Welche Auswahlverfahren wurden in Frankreich genutzt?
Ausgabe 1 - Wahlkampf: Wichtige Daten und wahlrechtliche Voraussetzungen
Die Präsidentschaftswahlen in Frankreich finden am 10. und 24. April 2022 statt. Diese Daten wurden auf Grundlage der Verfassung gewählt, die besagt, dass „die Wahl des neuen Präsidenten mindestens 20 Tage und höchstens 35 Tage vor Ablauf der Amtszeit des amtierenden Präsidenten stattfindet“. Da die Amtsübergabe von François Hollande an Emmanuel Macron am 14. Mai 2017 stattfand, ist das Ende der Amtszeit somit auf den 13. Mai 2022 festgelegt.
Wahlverfahren
Wann?
Die französischen Präsidentschaftswahlen finden seit 2002 alle fünf Jahre statt (Verfassungsgesetz Nr. 2000-964 vom 2. Oktober 2000). Davor betrug die Amtszeit des Staatspräsidenten sieben Jahre.
Wer?
Französische Staatsbürger und Staatsbürgerinnen, die mindestens 18 Jahre alt sind und nicht in Gerichtsverfahren verwickelt sind, haben einen Anspruch auf Beteiligung durch ihre Stimmabgabe. Sie müssen sich vor der Wahl in die Wählerliste eintragen (im Rathaus oder im Konsulat für die Franzosen im Ausland. Die Frist für die Eintragung in die Wählerlisten endete am Mittwoch, den 2. März 2022, für eine Online-Anmeldung und am Freitag, den 4. März 2022, im Fall einer Anmeldung am Rathaus. Sobald sie sich eingetragen haben, erhalten die Wahlberechtigten ihre Wählerkarte („carte d’électeur“) per Post. Sie gilt als Registrierungsnachweis der Registrierung und muss nicht unbedingt am Wahltag vorgelegt werden.
Wo und wie?
Um zu wählen, haben die französischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger zwei Möglichkeiten:
› Ein Wahllokal aufsuchen, wo sie in einer Wahlkabine einen Stimmzettel mit dem Namen eines Kandidaten auswählen, den sie in einen Umschlag stecken, der dann bis zur Auszählung in eine versiegelte Wahlurne gelegt wird. Anschließend unterschreibt er das Wählerverzeichnis und läßt seine Wahlkarte stempeln. Die Wahllokale werden nur an Wahltagen eingerichtet und geöffnet.
› Eine Vollmacht – die sogenannte „Procuration“ an eine Person ihres Vertrauens geben, die für sie abstimmen wird. Der Vertreter wird am Wahltag im Wahllokal diese zusätzliche Stimme abgeben, zusätzlich zu seinem eigenen Wahlzettel.
Die Vorgehensweise des Wahllokals wird durch das Wahlgesetz geregelt. In jedem Wahllokal gibt es einen Vorsitzenden (oft der Bürgermeister oder einer seiner Stellvertreter), mindestens zwei Beisitzer, die die Wähler das Wählerverzeichnis unterschreiben lassen und die Wahlkarte abstempeln, und einen Sekretär, der das Protokoll erstellt.
Jedes Wahllokal empfängt etwa 800 bis 1000 Wählerinnen und Wähler. Bürger müssen an dem Ort wählen, wo sie im Wählerverzeichnis eingetragen sind (in der Regel Wohnsitz).
Auszählung
Am Tag der Präsidentschaftswahlen sind die Wahllokale von 8.00 bis 19.00 Uhr geöffnet. Die Auszählung der Stimmen beginnt nach Abschluss der Wahl. Die Wähler haben das Recht, der Auszählung beizuwohnen.
Das vom Sekretär des Büros erstellte Protokoll enthält folgende Informationen: Anzahl der registrierten Wähler, Anzahl der Wähler, Anzahl der ungültigen Stimmzettel (die für „ungültig“ erklärt wurden), Anzahl der „leeren“ Stimmen, Anzahl der abgegebenen Stimmen, Anzahl der von den Kandidaten erhaltenen Stimmen.
Das Protokoll wird in zweifacher Ausfertigung erstellt. Ein Exemplar wird an die Präfektur für die nationale Zählung weitergeleitet.
Ergebnisse der letzten Präsidentschaftswahlen 2017
Die französischen Präsidentschaftswahlen fanden am 10. April (erster Wahlgang) und 24. April 2022 (zweiter Wahlgang) statt.
Die Parlamentswahlen folgen zwei Monate später, am 12. und am 19. Juni.
Der Zeitpunkt der Präsidentschaftswahl wird durch Artikel 7 der Verfassung festgelegt. Dieser besagt, dass die Wahl des neuen Präsidenten mindestens 20 und höchstens 35 Tage vor dem Ablauf der Amtszeit des amtierenden Präsidenten durchgeführt werden muss.
Der französische Staatspräsident wird in direkter Wahl für eine Amtszeit von fünf Jahren („Quinquennat“) gewählt, und kann einmal wiedergewählt sein („mandat renouvelable une fois“). Nach einer zehnjährigen Amtszeit muss der Präsident theoretisch 5 Jahre warten, wenn er erneut kandidieren möchte (Verfassungsreform 2008).
Ein Kandidat kann bereits nach dem ersten Wahlgang das Amt des Staatspräsidenten übernehmen, wenn er die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen erhält. Seit 1969 musste jedoch stets ein zweiter Wahlgang durchgeführt werden und die zwei bestplatzierten Kandidaten in einer Stichwahl gegeneinander antreten.
Die Befugnisse des französischen Staatspräsidenten
Nach seiner Wahl verfügt der Präsident der Französischen Republik über Befugnisse, die ihm von der Verfassung übertragen werden. Einige sind ihm eigen, andere werden geteilt (erforderliche Gegenzeichnung des Premierministers oder der Minister nach Zuständigkeitsbereich).
Seine eigenen Befugnisse sind die Ernennung des Premierministers, die Auflösung der Nationalversammlung, die Anrufung eines Referendums, die Anrufung des Verfassungsrats und Ernennung von drei seiner neun Mitglieder. Der Präsident der Französischen Republik ist außerdem Oberbefehlshaber der Streitkräfte (Artikel 15 der Verfassung). In den Bereichen Diplomatie und Verteidigung verhandelt und ratifiziert er internationale Verträge. Er ist für die Gewährleistung der nationalen Unabhängigkeit und der territorialen Integrität zuständig (Artikel 5). Er ist der einzige, der den Einsatz der Atomwaffen anordnen kann. Er kann jedoch nicht ohne Zustimmung des Parlaments den Krieg erklären.
Der Präsident verfügt außerdem über außergewöhnliche Befugnisse, die volle exekutive und legislative Macht im Falle einer schweren Krise. Die Bedingungen, unter denen diese "Krisenbefugnisse" zur Anwendung kommen, bleiben sehr spezifisch und sind in Artikel 16 der Verfassung festgehalten: Der Präsident kann nur dann über diese außergewöhnlichen Befugnisse verfügen, wenn eine ernste und unmittelbare Bedrohung die Nation gefährdet und das ordnungsgemäße Funktionieren der öffentlichen Gewalten unterbrochen wird. Die außergewöhnlichen Befugnisse wurden in der Geschichte der Fünften Republik nur ein einziges Mal eingesetzt. Es war Charles de Gaulle, der 1961 nach dem Putsch der Generäle in Algerien von ihnen Gebrauch machte.
Die zwischen dem Präsidenten und dem Premierminister oder anderen Ministern geteilten Befugnisse sind die Ernennung in zivile und militärische Staatsämter (z.B. Präfekten, Botschafter, Leiter der Zentralverwaltung, ...), die Unterzeichnung von Dekreten und Verordnungen, die im Ministerrat beraten werden, und das Begnadigungsrecht. Außerdem kann er der Staatspräsident das Parlament auf Antrag des Premierministers oder einer Mehrheit von Abgeordneten zu einer außerordentlichen Sitzung (Zusammenkunft von Nationalversammlung und Senat) einberufen.
Es ist die allgemeine Wahl des Staatsoberhauptes, die ihm Legitimität verleiht und ihm eine herausragende Rolle gegenüber dem Premierminister verleiht.