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Länderberichte

Politische Kurzberichte der KAS-Auslandsbüros

Publikationen

Yossipik, CC BY-SA 4.0 , via Wikimedia Commons

Israel ein Jahr nach dem Terrorüberfall der Hamas

Ein Krieg, mehrere Fronten

Am 7. Oktober 2024 jährt sich erstmalig der Terrorüberfall der Hamas auf Israel und der seitdem an mehreren Fronten geführte Krieg. Noch immer befinden sich 101 von der Hamas verschleppte Israelis im Gazastreifen. Die Sicherheitslage im Land hat sich im letzten Jahr immer wieder verändert und zugespitzt. Insbesondere im Norden ist der Konflikt mit der Hisbollah über die Sommermonate immer weiter eskaliert. Israel verlegte bereits über die letzten Monate signifikante Kräfte in den Norden. Nach der Tötung von Hisbollah-Chef Nasrallah hat Israel mit einer Bodenoffensive im Südlibanon begonnen. Die Front mit der Hamas im Gazastreifen, sowie die im Norden mit der Hisbollah, sind dabei jedoch nicht die einzigen, mit denen sich Israel seit einem Jahr auseinandersetzen muss. So wurde Israel am 1. Oktober (erneut) direkt vom Iran mit einer Vielzahl von ballistischen Raketen angegriffen. Eine israelische Antwort auf diese Attacke steht bisher noch aus, ist aber zu erwarten. Entlang der verschiedenen Fronten und Konfliktherde lässt sich ein Jahr nach dem Terrorangriff der Hamas die (Sicherheits-)Lage in Israel wie auch die gegenwärtige Zuspitzung der Eskalation analysieren und nachvollziehen.

Imago / Xinhua

Zuspitzung der Eskalation im Nahen Osten

Ist ein regionaler Krieg unausweichlich?

• In etwas mehr als einem Monat jährt sich erstmalig der Terrorüberfall der Hamas auf Israel vom 7. Oktober 2023. Israel befindet sich seitdem im Krieg mit Angriffen aus mehreren Fronten.
• Über die Sommermonate hat die Situation eine dramatische Zuspitzung erfahren. Bei einem Raketenangriff der Hisbollah wurden zwölf Kinder getötet. Die israelische Armee (IDF) schaltete daraufhin mit einem gezielten Luftschlag einen ranghohen Hisbollah Kommandeur in Beirut aus. Wenige Stunden später wurde in Teheran der Hamas-Anführer Ismail Haniyya getötet. Der Angriff wird – wenn auch nicht offiziell bestätigt – Israel zugeschrieben.
• Der Iran und seine Proxys schworen Vergeltung und kündigten einen Angriff auf Israel an. Die IDF und die israelischen Sicherheitsdienste sind seitdem in höchster Alarmbereitschaft. Am 25. August 2024 wurde ein unmittelbar bevorstehender Angriff der Hisbollah durch einen Präventivschlag abgewehrt. Über 100 israelische Kampfjets griffen dabei zahlreiche Ziele im Libanon an und zerstörten über 6000 Raketen und Drohnen der Hisbollah, bevor diese abgefeuert werden konnten.
• Vertreter der israelischen Regierung haben Ende August angekündigt, die Kriegsziele zu erweitern, so dass die evakuierten Einwohner des Nordens Israels in ihre Häuser zurückkehren können.
• Die Verhandlungen über ein Abkommen zwischen Israel und Hamas zur Befreiung der am 7. Oktober 2023 verschleppten israelischen Geiseln und einen Waffenstillstand scheinen in eine Sackgasse geraten zu sein. Seit dem 28. August 2024 führt Israel zudem eine größere Militäroperation im Westjordanland durch, mit dem Ziel, weitere Anschläge von dort zu verhindern.

IMAGO / IPON

Israels regionale Außen- und Sicherheitspolitik

Im Spannungsfeld innenpolitischer Volatilität, regionaler Friktionen und externer Bedrohungen

Nur wenige Tage nachdem Israels Staatspräsident Jitzchak Herzog in einer Rede vor dem US-Kongress den Bestand der Demokratie in Israel gegenüber der Biden-Administration rückversichert und die Bedeutung der bilateralen Beziehungen zu den USA gepriesen hatte, verabschiedete die Knesset kurz vor der parlamentarischen Sommerpause Ende Juli einen Teil der umstrittenen Justizreform. Die Auseinandersetzungen um diese Reform, die von ihren Gegnern als Gefahr für die demokratische Verfasstheit des Staates bewertet wird sowie die Proteste unterschiedlicher Gruppierungen haben die gesellschaftliche Polarisierung in Israel in den letzten Monaten deutlich verschärft.

Sicherheitsexperten warnen zudem vor Risiken für Israels innere und äußere Sicherheit und sahen sich bestätigt, als im Laufe der letzten Wochen immer mehr Reservisten erklärten, ihren Dienst – als Protest gegen die Vorhaben der Regierung – zu verweigern. Die Befürchtungen einer fortschreitenden Erosion des gesellschaftlichen Zusammenhaltes und damit schwindender nationaler Resilienz – in der israelischen Wahrnehmung ein existenzieller Bestandteil innerer und äußerer Sicherheit – finden in der angespannten Sicherheitslage an Israels Nordgrenze, einer Eskalationsspirale der Gewalt zwischen Israelis und Palästinensern, einer aggressiveren Siedlungspolitik unter der gegenwärtigen Regierung sowie verschlossenen Türen für Benjamin Netanjahu in Washington und am arabischen Golf aktuell ihre außen- bzw. sicherheitspolitische Entsprechung.

Israels Regierungschef – dem in der Vergangenheit von Anhängern wie Gegnern als „Mr. Security“ ein exzellentes außen- und sicherheitspolitisches Gespür bescheinigt worden war – hat sich auch in diesem Bereich in eine Zwangslage katapultiert; daran tragen seine politischen Hardliner-Koalitionspartner einen nicht unerheblichen Anteil. Ein Überblick über die aktuellen regionalen außen- und sicherheitspolitischen Entwicklungen zeigt die unterschiedlichen Spannungsfelder auf.

IMAGO / UPI Photo

Justizreform in Israel

Die Knesset verabschiedet gegen massiven Widerstand ein Kernelement der umstrittenen Justizreform

Am 24. Juli hat die rechte Koalitionsregierung unter Führung Benjamin Netanyahus geschlossen mit 64 Stimmen für die Abschaffung der sogenannten „reasonableness clause“ („Angemessenheitsklausel“) gestimmt. Bisher erlaubte es die Klausel dem Gericht, Entscheidungen der Regierung oder auch die Ernennung von Ministern als „unangemessen“ zu deklarieren und so zu verhindern. Die Opposition boykottierte die Abstimmung und verließ unter lautstarken Protesten den Sitzungssaal – die Abstimmung ging symbolisch mit 64:0 aus. Das nun verabschiedete Gesetz, das ein Kernelement der umstrittenen Justizreform ist, schränkt die Handlungsmöglichkeiten des israelischen Obersten Gerichts ein.

IMAGO / ZUMA Wire

Israel zwischen Aufruhr und Paralyse

Ein Teil der umstrittenen Justizreform wurde vom israelischen Parlament in erster Lesung gebilligt

Zum wiederholten Male rief der israelische Staatspräsident Jitzchak Herzog Anfang Juli zur Wiederaufnahme der Gespräche zwischen Regierung und Opposition zu den Inhalten der Justizreform auf. Er warnte vor einem „Fehler historischen Ausmaßes“ und vor irreversiblen Gräben in der israelischen Gesellschaft, sollte die Justizreform ohne Dialog voranschreiten. Wieder wurden seine Mahnungen von der israelischen Regierung ignoriert: Unter Applaus der Regierung und lautstarken Protestbekundungen der Opposition wurde in der Nacht auf Dienstag, den 11. Juli 2023, ein Teil der umstrittenen Justizreform – die „Reasonableness Standard Bill“ (Angemessenheitsklausel) – in erster Lesung durch die Knesset gebilligt. Die 64 Abgeordneten der Koalitionsregierung Benjamin Netanyahus überstimmten wie erwartet geschlossen die 56 Gegenstimmen der Opposition. Für ein Inkrafttreten des Gesetzes sind zwei weitere Lesungen notwendig, welche nach Regierungsplänen noch vor Eintreten der Sommerpause der Knesset am 31. Juli abgeschlossen werden sollen.

Reuters / POOL New

Israel im Schatten der Justizreform - aktuelle Herausforderungen für die Demokratie

Steht die Gewaltenteilung auf dem Spiel?

„We are no longer in a political debate, but on the brink of constitutional and social collapse“ - Israel am Rande eines verfassungsrechtlichen und gesellschaftlichen Zusammenbruchs - so der israelische Staatspräsident Jitzchak Herzog in einer emotionalen Fernsehansprache vom 12. Februar, die die Dramatik der aktuellen innenpolitischen Situation in Israel verdeutlicht. Anlass dieser - für israelische Staatspräsidenten eher ungewöhnlichen - Rede an die Nation war die andauernde Debatte um die von der Regierung Benjamin Netanjahu geplante Justizreform. Diese hat das Land in eine historische Verfassungskrise und Krise der inneren Verfasstheit gleichermaßen gestürzt und stellt die Demokratie vor große Herausforderungen.

IMAGO / IPON

Netanjahus Tanz auf dem Vulkan

Israel nach den Wahlen

Wahlen werden am Wahltag entschieden - eine simple Tatsache, die sich in Israel mit den Parlamentswahlen bewiesen hat. Alle Umfragen und Prognosen hatten auf ein knappes Wahlergebnis gedeutet oder gar eine politische Pattsituation vorausgesagt. Das Resultat der Parlamentswahlen vom 1. November ist allerdings deutlicher, als viele Experten vermuteten. Benjamin „Bibi“ Netanjahus Likud und seine ultraorthodoxen und rechtsextremen Wunschkoalitionspartner konnten eine stabile Mehrheit von 64 von 120 Knessetsitzen erringen. Insbesondere das rechtsextreme Wahlbündnis „Der Religiöse Zionismus“ konnte seine Mandate verdoppeln. Das Wahlergebnis überrascht nicht wirklich, hält man sich die demografischen und gesellschaftspolitischen Veränderungen Israels der letzten Jahre vor Augen. Allerdings ist das Ausmaß des Wahlsieges des ultrarechten Bündnisses - gekoppelt mit dem signifikanten Absturz der politischen Linken durch das Ausscheiden der grünen Meretz aus dem Parlament - ein Schock und Weckruf zugleich. Kann „Bibi“ die Geister, die er rief, kontrollieren? Diese Frage ist entscheidend, wenn es darum geht, den Charakter der israelischen Demokratie zu bewahren und Schaden vom Ansehen Israels in der Welt abzuwenden.

Wahlen in Israel

Demokratie auf dem Prüfstand

In Israel finden am 1. November 2022 erneut Knesset-Wahlen statt. Es sind die fünften Wahlen zum israelischen Parlament innerhalb von nur drei Jahren. Diese politische Instabilität ist Resultat einer Überlagerung des ohnehin zerklüfteten politischen Systems durch die Frage, wie man sich zum Langzeitpremierminister und derzeitigen Oppositionsführer Benjamin Netanjahu positioniert. „Wie hast Du’s mit Bibi [Netanjahu]?“ bleibt die politische Gretchenfrage in Israel. Übergangspremierminister und gefährlichster Gegner Netanjahus, Yair Lapid, versucht indes den Nimbus des Staatsmännischem, den ihm sein Amt verleiht, für den Wahlkampf zu nutzen. Über die politische Zukunft Israels dürfte die Wahlbeteiligung entscheiden – nicht zuletzt die der arabischen Israelis oder Palästinenser mit israelischer Staatsbürgerschaft. Der Wahlkampf wird mit kompromissloser Härte geführt und die politischen Führungsfiguren stehen nicht nur vor der Mammutaufgabe, eine Koalition zu schmieden. Auch die Risse innerhalb der israelischen Gesellschaft treten immer deutlicher zutage und wo Kompromiss und Annäherung geboten wäre, scheinen sich Abgrenzung und Ablehnung durchzusetzen.

Das vorzeitige Ende des Wandels?

Die israelische Regierung vor großen Herausforderungen

Die Regierung Bennett-Lapid, die als „Regierung des Wandels“ vor knapp einem Jahr angetreten ist, sieht sich mit Herausforderungen konfrontiert, die der Vertreibung der Stymphalischen Vögel gleichkommen. Während sich außenpolitisch vielfach Entspannung und regionale Annäherung abzeichnet, besteht ein politisches Patt in der Knesset. Das Überleben der Acht-Parteien-Koalition hängt am seidenen Faden und im Hintergrund sieht Benjamin Netanjahu bereits seine dritte Amtszeit aufdämmern.

Israel: Zwei Monate zwischen Kompromiss und Krise

Die Regierung Bennett-Lapid: „Koalition des Wandels“ oder politisches Kurzzeitexperiment?

Unmittelbar nach der jüngsten Gaza-Gewalteskalation vom Mai 2021 ist in Israel eine neue Regierung ins Amt gekommen, der Skeptiker keine lange Lebensdauer voraussagen. Es handelt sich um eine Acht-Parteien-Koalition unterschiedlicher politischer Couleur, deren einendes Element zunächst die Bestrebung war, Langzeitpremier Benjamin Netanjahu (dauerhaft) aus dem Amt zu drängen. Nachdem dies zumindest aktuell gelungen ist, gilt es, sich den vordergründigen innen- und außenpolitischen Herausforderungen zu stellen. Wo eigentlich die politisch ruhige See benötigt würde, zeichnen sich nationale und regionale Konflikte ab, die die äußert dünne Regierungsmehrheit von nur einer Stimme gefährden. Es gibt aber auch Anzeichen, die möglicherweise für einen längeren Bestand der Regierung sprechen.

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