Dabei sollten die Probleme analysiert werden, die der Stadt durch die venezolanische Migrantenwelle entstehen, insbesondere die Rechte der Menschen, Fälle von Xenophobie und Aporophobie, die Versorgung mit öffentlichen Dienstleistungen wie Strom, Gas und Wasser sowie die Sicherheit der Bürger, um dadurch Lösungsvorschläge für die public policies der Stadt zu erarbeiten.
Zunächst berichtete Ronal Rodríguez über die Arbeit des Observatoriums und seinen Beitrag zu politischen Lösungen bei der Betreuung der Migranten in den am meisten betroffenen Städten. Die Projektkoordinatorin der KAS, María Paula León ging auf die Bedeutung eines korrekten Umgangs mit dem Phänomen der Migration für die Stärkung von Demokratie und Rechtsstaat in Kolumbien ein. An den Gesprächen beteiligten sich Akademiker, Vertreter nationaler und internationaler NGO´s und Think Tanks sowie Funktionäre der Stadt Barranquilla.
Am Dienstag, dem 23. Juni fand die erste Expertenrunde zum Thema “Rechte der Migranten” statt. Man kam zu dem Ergebnis, dass in dem Bereich ein großes Informationsdefizit bestehe, so dass viele Behörden unnötigerweise erst eine Regulierung der Migration fordern, bevor sie ihre Dienstleistungen anbieten. Auch seien die meisten Migranten nicht über ihre Rechte und die erforderlichen Genehmigungen Dienstwege informiert. Im Bereich Gesundheitsversorgung müsse einigen schweren Krankheiten unter den Migranten mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden, da bisher nur Notfälle, Geburten oder die Betreuung schwangerer Frauen behandelt werden. Die fehlende Anerkennung eines legalen Status der Migranten verhindere den Zugang zur Schulbildung für die venezolanischen Kinder, sodass viele Familien von Stadt zu Stadt ziehen und die Jugendlichen ihre Ausbildung nicht regulär beenden können. Um qualifizierte Arbeitsplätze zu finden, sollten entsprechende Schulungen angeboten und bereits vorhandene Kenntnisse anerkannt werden. Auch müsse die Gründung von Unternehmen und die Eröffnung von Geschäften gefördert werden, um den am meisten betroffenen Gruppen eine Einkommensquelle und eine formelle Arbeit zu ermöglichen.
Am zweiten Veranstaltungstag drehte sich die Diskussion um den Zugang der Migranten zur Versorgung mit öffentlichen Diensten in Barranquilla. Dazu müssten zunächst legale Aufenthaltsgenehmigungen erteilt und Unterkünfte geschaffen werden, um illegal gebaute Hütten in Armenvierteln oder auf Müllhalden durch menschenwürdige Wohnungen zu ersetzen. Ein Beispiel für die komplexe Wohnungslage ist das Stadtviertel “Villa Caracas” im Südwesten Barranquillas, wo die Straßen nicht asphaltiert sind und auch sonst menschenunwürdige Bedingungen herrschen[1]. Dazu kommen die legalen Hürden für eine ärztliche Versorgung oder den Zugang zu Strom, Gas und Wasser.
Gleichzeitig wurde die humanitäre Hilfe gelobt, die von der Zivilgesellschaft organisiert werde und die durch entsprechende Information mehr Unterstützung aus der Bevölkerung erhalten könne. Die Migranten, unter denen sich auch viele zurückgekehrte Kolumbianer befinden, sollten statistisch besser erfasst werden, um eine entsprechende Migrationspolitik sowohl auf lokaler als auch auf nationaler Basis mit entsprechenden Institutionen zu schaffen und den Flüchtlingen so ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen. Dazu müssten die verschiedenen Institutionen besser zusammenarbeiten und die betroffenen Ansiedlungen gemeinsam verwalten.
Am dritten Tag analysierten die Vertreter verschiedener privater und öffentlicher Einrichtungen sowie der Zivilgesellschaft den Entwicklungsplan der Hauptstadt des Departments Atlántico und welche Elemente er enthalten müsse, um eine effiziente Inklusion der Migranten zu erreichen. Zunächst müssten die einzelnen Gemeinden Aufenthaltsgenehmigungen auf lokaler Ebene vergeben können, um den Prozess der Legalisierung zu beschleunigen der für den Zugang zu den verschiedenen Serviceleistungen erforderlich sei. Dabei sollten auch die besonderen Bedürfnisse der zahlreichen weiblichen Migranten berücksichtigt werden.
Letztendlich beschäftigte man sich am 26. Juni mit dem Thema „Integration und Xenophobie“. Zunächst müsse die Information und Orientation über den Zugang der Migranten zu ihren Rechten verbessert werden, um ihre Integration zu garantieren und Fälle von Missbrauch und Betrug zu vermeiden. Weiterhin müsse der Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert werden, zum Beispiel durch eine vereinfachte Eröffnung eines Bankkontos, Schulungen und das Anerkennen von venezolanischen Schul- und Universitätsabschlüssen; die Behörden sollten dabei Angebot und Nachfrage von Arbeitskräften koordinieren. Die Genderfrage sollte stärker berücksichtigt, gemeinsame Projekte mit den Migranten durchgeführt, psychosoziale Betreuung gewährt und durch Informationskampagnen in der Bevölkerung Fälle von Xenophobie verhindert werden. Zwar seien einzelne Instrumente zur Inklusion der Migranten in den Entwicklungsplan der Stadt integriert worden, jedoch müsse die Umsetzung in die Praxis noch verbessert werden.
[1] Artikel Zeitschrift Semana (2020), “Villa Caracas: reflejo de las condiciones de vida de los migrantes venezolanos” Verfügbar in: https://migravenezuela.com/web/articulo/migrantes-venezolanos-en-villa-caracas-barranquilla/1594