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„Data-Mining wird immer wichtiger“

E-lection Bridge Africa: Interview mit Ralf Güldenzopf

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Alle (vier) Jahre wieder schauen politische Kommentatoren nach Amerika. Denn im Land der nahezu unbegrenzten finanziellen und technologischen Möglichkeiten werden die Trends gesetzt – besonders auf dem Gebiet der Politischen Kommunikation. Aktuell sind in diesem Bereich die sog. „Tele-Townhalls“ ein großes Thema. Ralf Güldenzopf hat sich als Experte der Konrad-Adenauer-Stiftung nicht nur theoretisch mit diesem Instrument beschäftigt – er hat auch Deutschlands erste Tele-Townhall organisiert und durchgeführt. Grund genug für die KAS E-lection Bridge Africa, ihn zu einem Interview zu bitten.

KAS MEDIEN AFRIKA: Willkommen zur E-lection Bridge Africa, Herr Güldenzopf. Wie hoch ist ihre Telefonrechnung?

RALF GÜLDENZOPF: (lacht) Privat dürfte die so bei 35 Euro liegen, warum?

KAS MEDIEN AFRIKA: Wie wir hören, rufen Sie manchmal über 6.000 Menschen gleichzeitig an. Das ist doch deutlich teurer als 35 Euro, oder?

RALF GÜLDENZOPF: Ja und nein. Im November 2010 haben wir zusammen mit zwei CDU-Politikern Deutschlands erste „Tele-Townhall“ durchgeführt und tatsächlich rund 6.800 Bürger angerufen. Aber die Rechnung war nicht so hoch wie Sie jetzt wahrscheinlich denken. Insgesamt lag sie bei rund 4.000 Euro. Das ist zwar deutlich mehr als 35 Euro (lacht), aber die Wirkung war fast unbezahlbar. Wir hatten fast 1.600 Personen dabei. Noch mal 2.000 erhielten eine Nachricht auf ihre Mailbox. Natürlich bleibt nicht jeder von Anfang bis Ende dabei, aber in den 35 Minuten waren nie weniger als 300 Personen an den Telefonen. Und im Schnitt waren die Teilnehmer ungefähr zehn Minuten in der Leitung – eine sehr gute Quote, wie ich finde.

Ralf Güldenzopf
Seit dem 1. März 2009 ist Ralf Güldenzopf der Leiter der Abteilung Politische Kommunikation. Zuvor arbeitete er als Mitbegründer von „blueberry consulting“ als Berater für politische Kommunikation und Wahlkämpfe. Der gebürtige Thüringer studierte Politikwissenschaft, Psychologie und Wirtschaftswissenschaften an der Friedrich-Schiller-Universität, Jena und der University of Virginia, Charlottesville (USA). Güldenzopf hatte in Jena verschiedene Lehraufträge u.a. im Bereich der empirischen Sozialforschung, aber auch der Kampagnen und Wahlen.

KAS MEDIEN AFRIKA: Können Sie das Konzept einer Tele-Townhall erklären?

RALF GÜLDENZOPF: Es ist ein relativ neues Instrument der Politischen Kommunikation aus den USA. Im Prinzip ist es eine Mischung aus einer Telefon-Konferenz und einer interaktiven Radioshow. Politiker können eine Tele-Townhall nutzen, um mit ihren Wählern, Unterstützern und Bürgern in Kontakt zu treten. Aber das beste: Sie können auch miteinander ins Gespräch kommen.

KAS MEDIEN AFRIKA: Was benötigen politische Parteien denn, um eine solche Konferenz durchführen zu können?

RALF GÜLDENZOPF: Die Partei braucht im Prinzip nur eine Datenbank, in der mindestens die Telefonnummern der Teilnehmer gespeichert sind. Besser sind allerdings weitere Daten, wie Name und Wohnort, um die Kommunikation zu erleichtern. Tele-Townhalls sind „web-based“, haben also ihren Platz im Internet. Es gibt dort Anbieter, die die Software zur Verfügung stellen.

KAS MEDIEN AFRIKA: Wie kann man sich das in der Praxis vorstellen?

RALF GÜLDENZOPF: Praktisch funktioniert so eine Konferenz folgendermaßen: Das Software-Programm ruft die ausgewählten Telefonnummern fast gleichzeitig an – das könnten über 100.000 Nummer sein. Sollten Teilnehmer nicht erreicht werden, bekommen sie eine Nachricht auf ihren Anrufbeantworter oder ihre Mailbox gesprochen. Währenddessen sitzt der Politiker vor seinem Computer, begrüßt über sein Headset die Teilnehmer und beginnt mit der Einführung. Im Laufe der Tele-Townhall werden die Gäste aufgefordert, Fragen zu stellen. Per Knopfdruck landen die im „Backoffice“, wo Unterstützer die Fragen ins System aufnehmen. Das letzte Wort, welcher Zuhörer live zugeschaltet wird, hat aber der Politiker an seinem Rechner. Glauben Sie mir, es entwickeln sich spannende Gespräche.

KAS MEDIEN AFRIKA: Aber mehrere tausend Menschen erreichen politische Kommunikatoren auch auf einer normalen Wahlkampfveranstaltung. Was können Tele-Townhalls, was die anderen Instrumente nicht können?

RALF GÜLDENZOPF: Durch das Telefongespräch wird persönliche Nähe hergestellt. Weiterhin spielt die Interaktivität eine große Rolle. Neben dem Fragenstellen können die Teilnehmer per Tastendruck vorbereitete Umfragen beantworten – und Parteien können wichtige Daten über Interessen und Präferenzen der Bürger sammeln. Die Qualität des Kontaktes liegt also auf einem höheren Niveau.

Politische Kommunikation
Politische Kommunikation wird bei der KAS groß geschrieben. Seit über einem Jahrzehnt ist dieses so wichtige Themengebiet mit einer eigenen Abteilung in der politischen Bildungsarbeit vertreten. Ihr Ziel ist es, die Angebote der KAS in diesem Bereich zu bündeln. Aktuell präsentiert das 5-köpfige Team um Leiter Ralf Güldenzopf Workshops und Schulungen zu Themen wie Rhetorik, Internet, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und effektivem Krisenmanagement. Zielgruppe sind besonders Kommunalpolitiker und ehrenamtlich engagierte Menschen. Im Jahr 2012 ist die Kommunikationskompetenz ein Schwerpunkt der Arbeit der Abteilung.

KAS MEDIEN AFRIKA: Gibt es denn noch weitere Vorteile?

RALF GÜLDENZOPF: Ein zusätzlicher Vorteil ist das Kosten-Nutzen-Verhältnis. Im Vergleich zu klassischen Instrumenten, wie einer Wahlkampfveranstaltung, sind die Konferenzen sehr günstig. Und auch die Spontaneität ist ein Pluspunkt. Der Politiker kann z.B. auf dem Flughafen, während er auf seine Maschine wartet, eine Tele-Townhall starten. Er braucht dafür nur einen Laptop und einen Internetzugang und ist somit ortsungebunden.

KAS MEDIEN AFRIKA: In den USA sind Tele-Townhalls in Wahlkämpfen schon erprobt. Auch in der momentanen Auseinandersetzung spielen sie eine wichtige Rolle. Welche weiteren Trends können Sie als Fachmann in der aktuellen US-Kampagne beobachten?

RALF GÜLDENZOPF: Ich sehe drei interessante Tendenzen: Erstens ist da die steigende Bedeutung der TV-Debatten. Hier können Kandidaten mit geringer finanzieller Unterstützung auftrumpfen. Beispielsweise war die verbale Auseinandersetzung im Vorwahlkampf der Republikaner in South Carolina ein Wahnsinn. Dort hat sich Newt Gingrich grandios geschlagen und auch wegen der TV-Debatte diese Wahl gewonnen. Zudem wird zweitens das „Data-Mining“ immer wichtiger. Hierbei geht es darum, aus Daten neue Muster im Wahlverhalten zu entdecken. Und drittens setzt sich der Trend fort, dass die Kandidaten immer mehr Geld ausgeben. Übrigens ist der Wahlkampf in den USA Thema in unserem wöchentlichen Video-Blog „Politsnack“. Auf unserer Homepage (www.politsnack.de) gehen wir auf aktuelle Ergebnisse und Trends ein. In einer Folge haben wir auch Tele-Townhalls näher betrachtet.

KAS MEDIEN AFRIKA: Vielen Dank. Allerdings haben wir noch eine letzte Frage. Diese lautet, wie bei jedem Interview der KAS E-lection Bridge Africa: What is the next big thing?

RALF GÜLDENZOPF: Die Relevanz der Instrumente der politischen Kommunikation, wie z.B. Tele-Townhalls, ist natürlich nicht zu unterschätzen. Aber ich lehne mich mal aus dem Fenster und behaupte, dass die Inhalte wieder wichtiger werden.

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Kontakt

Markus Brauckmann

Markus Brauckmann bild

Head of the Regional Media Programme Sub-Sahara Africa

E-lectionbridge Africa switsch / Medienprogramm Sub-Sahara
KAS-Summer-School 2011 KAS

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