Aufsichtsräte/Rundfunkräte:
Aufsichtsräte als Spiegel der Gesellschaft: Die Rundfunkräte sollten die Gesellschaft des jeweiligen Landes wiederspiegeln. In diesem Zusammenhang wird eine Erhöhung der Mitgliederanzahl auf 20-25 Personen empfohlen. Die Mitglieder sollten aus gesellschaftlich relevanten Organisationen kommen. Dies garantiert ein breites und unabhängiges Meinungsspektrum, wobei die Mitglieder nicht Lobbyisten ihrer Organisation, sondern der Allgemeinheit verpflichtet sein sollten.
Politischen Druck reduzieren und Unabhängigkeit gewährleisten: Staatliche bzw. parteinahe Mitglieder sind möglich, da natürlich auch Parteien zu gesellschaftlich relevanten Organisationen gehören. Deren Anzahl sollte jedoch begrenzt sein. In Deutschland darf – nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts – der Anteil der staatlichen und parteinahen Mitglieder insgesamt ein Drittel aller Mitglieder nicht übersteigen. Dies scheint auch in Südosteuropa ein mögliches Modell zu sein.
Auswahl der Mitglieder besser regulieren: Die Mitglieder sollten direkt von gesellschaftlich relevanten Organisationen benannt werden. Eine Wahl durch das Parlament oder eine Benennung durch eine staatliche Institution sollte vermieden werden, da dies politische Einflussnahme begünstigt. Die Mitglieder sollten für einen Zeitraum von maximal sechs Jahren gewählt werden. Eine einmalige Wiederwahl kann möglich sein. Sie sollten durch ihre bisherige Tätigkeit gesellschaftliches Engagement und Verständnis für mediale Arbeit, insbesondere für die Aufgaben und Prinzipien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nachweisen können. Die Mitglieder dürfen jedoch – um Interessenskonflikte zu vermeiden – keine aktuelle berufliche Position in der Medienbranche besitzen.
Pflichten und Rechte der Mitglieder im Einklang der ÖRR-Grundprinzipien: Die administrative Arbeit des Rundfunkrats sollte mit einer Geschäftsordnung geregelt sein. Wichtige Punkte wären u.a.: Für die Beschlussfähigkeit müssen mindestens 60 Prozent der Mitglieder anwesend sein. Diese können eine Aufwandsentschädigung für die Teilnahme an den Sitzungen und für Reisekosten erhalten, aber kein Gehalt für ihre Mitgliedschaft. Die Sitzungen sollten öffentlich stattfinden.
Finanzierung:
Langfristige Finanzstrategie für nachhaltige Wirkung: Um mittel- und langfristige Strategien für eine prosperierende und erfolgreiche Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ermöglichen zu können, ist eine perspektivische Finanzstrategie über mehrere Jahre nötig, die eine finanzielle Sicherung bietet.
Reduzierung der finanziellen Abhängigkeit: Grundsätzlich sollte die Finanzierung über Gebührengelder präferiert werden. Nur diese direkte Fi-
nanzierung durch die Mediennutzer garantiert eine staatliche Unabhängigkeit und fördert das Bewusstsein, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk als Anwalt der Bürger fungiert. Allerdings ist diese Art der Finanzierung nach einer aktuellen Meinungsumfrage des KAS-Medienprogramms SOE die unbeliebteste. Nur ca. zehn Prozent der Befragten in SOE bevorzugen das Gebührenmodell. Insofern ist es bei der Wahl dieser Finanzierung von besonderer Bedeutung, stets auf die Aufgaben und Vorteile des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aufmerksam zu machen und seine essentielle Rolle für die Gesellschaft zu betonen. Möglich wäre auch die Finanzierung über den Staatshaushalt. Hier ist jedoch das Risiko einer staatlichen, politischen Einflussnahme groß. Daher setzt diese Art des finanziellen Unterhalts gesetzliche Regelungen voraus, die dieses Risiko im weitesten Sinne verringern. Dies wäre z.B. über einen festen Prozentsatz des jährlichen Staatshaushalts gegeben.
Mehr finanzielles Bewusstsein für Qualitätsjournalismus: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss qua seiner gesellschaftlichen Verantwortung vor allem Quelle für zuverlässige und objektive Berichterstattung sein. Qualitätsjournalismus benötigt jedoch ausreichend Finanzierung. Insofern ist es wichtig, dass die Sender perspektivisch mit einem Finanzetat ausgestattet sind, mit dem sie ihre gesetzlich verankerten Aufgaben erfüllen können.
Mehr internationaler Austausch: Ein regelmäßiger länderübergreifender Austausch zwischen den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten schafft die Möglichkeit, sich über aktuelle Entwicklungen und Probleme zu verständigen und möglicherweise gemeinsam Lösungen zu finden. Dies betrifft nicht nur die beiden hier in diesem Papier aufgeworfenen Thematiken Gremien und Finanzierung. Als übergeordnete Instanz der öffentlich-rechtlichen Sender in Europa wäre hier vor allem die Europäische Rundfunkunion (EBU) gefragt, solch regelmäßige Treffen federführend zu initiieren und zu organisieren. Die Unterstützung durch weitere international agierende Partner, wie zum Beispiel das KAS Medienprogramm, ist empfehlenswert.
Mehr über den Workshop können Sie auch im Veranstaltungsbericht lesen. Die Empfehlungen sind in gemeinsamer Diskussion entstanden und basieren auf die Erfahrung von allen anwesenden Teilnehmern der Artikel-10-EMRK Arbeitsgruppe, die für den Workshop aus elf verschiedenen Ländern nach Tirana angerreist waren.
Leiter der Artikel-10-EMRK Arbeitsgruppe:
- Prof. Dr. Johannes Weberling, Leiter des Studien- und Forschungsschwerpunkt Medienrecht an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder)
- Hendrik Sittig, Leiter des Medienprogramms Südosteuropa der Konrad-Adenauer-Stiftung