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Besuch der Bundeskanzlerin in Nigeria

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Im Rahmen einer Afrikareise besuchte Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel vom 14.-15. Juli auch Nigeria. Sie beglückwünschte Präsident Goodluck Jonathan, der im April in den fairsten nigerianischen Wahlen seit langem mit deutlicher Mehrheit wiedergewählt wurde, zu seiner Wahl und sagte in der gemeinsamen Pressekonferenz: "Wir wünschen der neuen Regierung ... viel Erfolg. Nigeria hat noch viele Probleme zu überwinden... Dabei wollen wir Nigeria auch zur Seite stehen. Das tun wir zum Beispiel im Rahmen unserer Entwicklungszusammenarbeit."

Merkel mahnte die Beachtung der Menschenrechte an und betonte, wie wichtige die Bekämpfung des zunehmenden Terrorismus und der Gewalt in Nigeria sei. Besonders zu achten seien dabei auch die Rechte von Minderheiten. Präsident Jonathan dankte für den Besuch, der "genau zum rechtem Zeitpunkt zu Beginn der neuen Amtszeit seiner Regierung komme und einzigartig" sei. Er wolle gerne die Beziehungen zu Deutschland vertiefen.

Wirtschaftliche Zusammenarbeit

Beide eröffneten auch gemeinsam das Deutsch - Nigerianische Wirtschaftsforum, das seit mehreren Jahren abwechselnd in Nigeria und Deutschland tagt. Es dient der Vertiefung der gegenseitigen Wirtschaftsbeziehungen.

Merkel und Jonathan betonten die Bedeutung der beiden Länder füreinander, besonders auch in wirtschaftlicher Hinsicht. Die seit einigen Jahren bestehende Energiepartnerschaft soll intensiviert werden. Nigeria ist nicht nur ein bedeutender Ölproduzent sondern verfügt auch über die achtgrössten Gasvorkommen der Welt. Bisher nutzte es diese Reserven jedoch nicht und fackelte mehr Gas ab als der Rest Afrikas verbrauchte. Künftig wollen Deutschland und Nigeria verstärkt auf dem Gebiet des Flüssiggases (LNG) zusammenarbeiten - angesichts des geplanten deutschen Atomausstiegs eine wichtige Option. Nigeria hat übrigens auch ein Atomprogramm und eine Reaktorsicherheitskommission.

Eine bilaterale Kommission wurde vereinbart, die die deutsch-nigerianischen Beziehungen vertiefen soll. Merkel empfahl Nigeria ausserdem, seine Wirtschaft über die Öl- und Gasförderung hinaus zu diversifizieren.

In der Tat findet in Nigeria seit Jahren ein Prozess der De-industrialisierung statt. (Der Video-Clip gibt einen Einblick in die Methoden der traditionellen Textilbearbeitung: Es wird mit Holzhämmern eine Struktur in Textilien geprägt.)

Das Streben nach "Renten" (im ökonomischen Sinne: Einkommen, das ohne marktfähige Gegenleistung erzielt wird), ist prägendes Merkmal des nigerianischen Wirtschaftssystems (s. 2. Video-Clip). In der Stadt Kano im Norden z. B. sollen von ca. 7 Mio. Einwohnern etwa 2 Mio. Bettler sein. Korruption ist weitverbreitet.

Frau Merkel besuchte auch das ECOWAS-Sekretariat, das in Abuja sitzt. ECOWAS ist die "Wirtschaftsgemeinschaft" westafrikanischer Staaten.

Religionsdialog

Zu Merkels Programm gehörte ebenfalls ein Dialog mit Führern des Christentums und des Islam. In Nigeria kommt es regelmäßig zu gewaltsamen Konflikten, die oft religiöse Färbung haben, obwohl die tieferen Ursachen eher in ethnischen Rivalitäten und im Zugang zu Ressourcen zu suchen sind. Die traditionellen islamischen Herrscher hatten ihr Gefolge mitgebracht, das mit seinen traditionellen Gewändern und Turbanen dem Hilton Hotel vorübergehend das Gepräge eines orientalischen Marktplatzes gaben (s. Bild von Reiterspielen/ Durbar in der Seitenleiste).

Zu den Teilnehmern des Religionsdialoges gehörten u. a. der Sultan von Sokoto (der höchstrangige Vertreter des Islam), der Emir von Wase, der Chief Imam von Abuja, Erzbischof Kaigama von Jos in Plateau State, mit dessen Justice, Development, and Peace Commission KAS eng zusammenarbeitet, sowie auch der kürzlich ernannte Bischof von Sokoto, Msgr. Matthew Hassan Kukah, mit dem die KAS ebenfalls regelmäßig zusammenarbeitet.

Dialog mit Mitgliedern des Deutschen Bundestages

Zur Delegation der Bundeskanzlerin gehörten auch die Abgeordneten Hartwig Fischer, CDU/CSU

Michael Glos, CDU/CSU (Bundesminister a. D.)

Ute Koczy, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Christoph Strässer, SPD,

Alexander Ulrich, DIE LINKE und

Dr. Claudia Winterstein, FDP.

Für sie hatte die Deutsche Botschaft zusammen mit der KAS, FES, HBS, GIZ und GI ein Hintergrundgespräch organisiert, das weite Aspekte der Probleme des Landes abdeckte. Die Abgeordneten bedankten sich für das Gespräch, in dem auch das sehr gute Verhältnis der deutschen Organisationen zueinander und zur Botschaft deutlich wurde.

Sicherheitspolitik

Deutschland und Nigeria sind beide wichtige Kandidaten für einen permanenten Sitz im UN-Sicherheitsrat. Offenbar will man sich dabei gegenseitig unterstützen. Die deutsche Diskussion über die geplante Lieferung von Schnellbooten an Angola dagegen erstaunt nigerianische Beobachter. Sie kennen die Situation in ihren eigenen Gewässern nur zu gut: Der Golf von Guinea ist verseucht von Piraten, die Öl rauben, Menschen entführen und Rauschgift einschmuggeln. Auch wenn man die angolanische Situation hier nicht so gut kennt - Sicherung der Küsten wird als eine dringende Aufgabe betrachtet.

Ebenfalls auf viel Verständis traf hier die Anerkennung, die die Bundeskanzlerin afrikanischen Staaten für deren Friedensmisssionen zollte. Nigeria entsendet vermutlich die grössten Kontingente. Die KAS in Nigeria hat inzwischen mehrere hundert Offiziere darin ausgebildet, Konflikte im In- und Ausland zu de-eskalieren und sie mit Methoden der geringsten notwendigen Gewaltanwendung vertraut gemacht. Ein Oberst z. B. rief den KAS-Auslandsmitarbeiter mitten aus einem Einsatz heraus an, um sich für diese Trainings zu bedanken.

Presseberichterstattung

Die nigerianische Presse berichtete freundlich, mit großen Bilden auf den Titelseiten und ausführlichen Artikeln.

In manchen deutschen Medien wurde kritisiert, der Besuch der Kanzlerin sei zu kurz gewesen. Dem muss man entgegenhalten, dass sie der erste Regierungschef eines bedeutenden Landes überhaupt ist, der Nigeria nach den Wahlen besucht hat und damit Respekt für die doch insgesamt positiv verlaufenen Wahlen gezeigt hat. Nigerianische Beobachter jedenfalls wussten besonders auch zu würdigen, daß die Bundeskanzlerin sich inmitten einer schwierigen währungspolitischen Situation in Europa die Zeit für einen Besuch nahm. Frau Merkel lud denn auch Präsident Jonathan für 2012 nach Deutschland ein.

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Kontakt

Dr. habil Klaus Paehler

Bundeskanzlerin Merkel und Präsident Jonathan in Abuja (c) Dr. Klaus Paehler - All rights reserved
Emir mit Reitern bei Durbar (c) Dr. Klaus Paehler

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