Anthony Butler, Collette Schulz-Herzenberg, Kealeboga J. Maphunye, Jane Duncan, Siphiwe Dube und Michaela Braun (vlnr)
Die Parlamentswahlen 2019 fanden zu einem kritischen Zeitpunkt in der Geschichte Südafrikas statt. Daher befasst sich das Buch mit der Thematik: Wird es dem ANC gelingen, trotz seiner katastrophalen Bilanz in der Regierung einen erneuten Wahlsieg zu erzielen? Die Antwort liegt in der Popularität von Cyril Ramaphosa und der Fähigkeit des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC), die politische Einheit zu festigen. Weitere Schwerpunkte thematisieren die Ergebnisse des etablierten Abstimmungstrends bei älteren Wählern, dem starken Rückgang der Beteiligung der Jugend und dem Versagen der Oppositionsparteien, sich als brauchbare Alternative zu präsentieren.
Die inhaltlichen Fragestellungen in diesem Buch richten sich nach den Folgen eines erneuten Wahlsiegs für den ANC und was dies für die Demokratie Südafrikas bedeuten wird. Wird der Triumph des ANC ein ausreichend starkes Mandat für Ramaphosa bieten Südafrika umzudrehen, oder wird er es nicht schaffen die Verbündeten von Zuma innerhalb der Partei zu überwinden? Wird die Zukunft und Qualität der südafrikanischen Demokratie davon bestimmt, ob der ANC zusammenhält oder sich in rivalisierende Fraktionen aufteilt?
An den drei Veranstaltungen nahmen über 70 Teilnehmer teil. Die erste Veranstaltung wurde bei „Exclusive Books“ in Sandton, Johannesburg ausgerichtet. Die vortragenden Autoren waren Dr. Collette Schulz-Herzenberg (University of Stellebosch), Prof. Anthony Butler (University of Cape Town), Prof. Jane Duncan (University of Johannesburg) und Prof. Kealeboga J. Maphunye (University of South Africa). Moderiert wurde die Veranstaltung von Dr. Siphiwe Dube, Leiter des Fachbereichs Politikwissenschaft, (University of Witwatersrand).
Die zweite Veranstaltung fand bei “Ike's Books and Collectables“ in Durban statt. Die vortragenden Autoren waren diesmal Prof. Roger Southall (University of Witwatersrand) und Dr. Benjamin Roberts, Human Sciences Research Council (HSRC). Moderiert wurden die anschließenden Diskussionen von Dr. Shauna Mottiar, Direktor des Zentrums für Zivilgesellschaft.
Zur Abschlussveranstaltung wurde bei „Exclusive Books“, Cavendish in Kapstadt eingeladen. Diesmal waren Dr. Collette Schulz-Herzenberg, Dr. Cherrel Africa (University of the Western Cape) und Prof. Roger Southall als vortragende Autoren anwesend. Die Moderation hielt Dr. Fiona Anciano, Senior Dozentin am Department of Political Studies (University of the Western Cape).
Henning Suhr, der Leiter des KAS-Büros Südafrika und Michaela Braun, Projektmanagerin der KAS, betonten in ihren Begrüßungsreden, dass die Demokratie ein kontinuierliches Engagement und eine Beteiligung der Bürger erfordert - insbesondere im Zusammenhang mit Wahlen.
Dr. Collette Schulz-Herzenberg, Mitherausgeberin und Autorin von Trends in voter participation: registration, turnout and the disengaging electorate und The 2019 national election results, stellte die südafrikanischen Wahlen 2019 vor. Dabei präsentierte sie die Entwicklung der Wählerbeteiligung, im Allgemeinen die Registrierung, die Wahlbeteiligung sowie die nationalen Wahlergebnisse von 2019. Die Umfragen vor den Wahlen deuteten auf einen deutlichen Anstieg der Unabhängigen oder unentschlossenen Wähler in Südafrika hin. Während unabhängige Wähler schwerer zu mobilisieren sind, sind sie allerdings offener für Überzeugungsarbeit und die Verschiebung ihrer Stimme zwischen den Parteien. Schulz-Herzenberg wies außerdem auf den deutlichen Rückgang der Wahlbeteiligung von 73% im Jahr 2014, auf 66% im Jahr 2019 hin (die Wahlbeteiligung ist der Anteil der registrierten Wähler, die ihre Stimme abgeben). Nur 49% der Wahlberechtigten stimmten bei dieser Wahl ab. Die möglichen Gründe für den Rückgang sind eine verminderte Parteiidentifikation, eine erhöhte Bedeutung des Parteiprogramms sowie die Unentschiedenheit von nicht registrierten jungen Wählern. Die Wahlergebnisse des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) zeigen, dass nur 28% der Wahlberechtigten ihre Stimme abgaben, um die Regierungspartei zu unterstützen. Darüber hinaus wurde deutlich, dass einige Leute die den ANC normalerweise nicht unterstützen würden, sich wegen Ramaphosa entschieden haben für den ANC zu stimmen. Ein weiterer Fak-tor der den ANC an der Macht hielt ist, dass sich die Wähler nicht mit einer der anderen verfügbaren Partei identifizierten, so Schulz-Herzenberg. Abschließend und positiv sei zu vermerken, dass die südafrikanischen Wahlen in Zukunft unvorhersehbarer werden. Dies wird zu mehr Wettbewerb zwischen den Parteien führen und ist für die Demokratie im Allgemeinen gesund, sagte Schulz-Herzenberg.
Prof. Kealeboga J. Maphunye, Autor von of Credible but flawed: The management of the elections vermerkte über die Wahlen, dass in etwa 23000 geöffneten Wahllokalen die Stimmen abgegeben wurden. Während die Abstimmung im Allgemeinen gut verlief, gab es einige Zwischenfälle wie beispielsweise die Verhaftung von 19 Personen wegen angeblicher "doppelter Stimmabgabe" in drei Gemeinden von KwaZulu-Natal. Außerdem starb eine ältere Frau bei dem Versuch ihre Stimme abzugeben, ebenso wie der stellvertretende Vorsitzende der Eastern Cape-Provinz. Darüber hinaus gab es während der Wahlen einige Kontroversen über die schlechte Qualität der Tinte, mit der die Wähler markiert und Doppelabstimmungen verhindert werden sollten.
Prof. Jane Duncan, ist die Autorin des Kapitels Beyond the botnets: The media and the 2019 general elections. In ihrem Vortrag erwähnte sie, dass Social Media von politischen Parteien und ihren Mitgliedern weithin genutzt wird, um beispielsweise für das Wahlprogramm zu werben. Vor allem Twitter wurde als Plattform für Kampagnen genutzt, obwohl die Anzahl der Follower letztendlich kein Barometer für die tatsächliche Unterstützung der Partei war.
Prof. Anthony Butler, Autor von A campaign born of desperation: The ‘good ANC’ battles the ‘bad ANC’ verdeutlichte, dass die Regierungszeit von Jacob Zuma von Korruption und vielen Skandalen geplagt war. So gab es Hinweise auf den Einfluss in Staatsangelegenheiten durch die Familie Gupta und anderen einflussreichen Geschäftsleuten, die enge Beziehungen zu Zuma hatten. Außerdem gab es vor der Wahl Befürchtun-gen vor einer möglichen Spaltung des ANC. Nach der Wahl zeigte sich, dass die führende Partei nach wie vor scharf zwischen der Pro- und Anti-Zuma-Fraktion gespalten ist, so Butler.
Prof. Roger Southall, Mitherausgeber des Buches und Autor des Kapitels South African democracy at risk? The troubled context of the 2019 general elections, wies darauf hin, dass politischer Extremismus und Rechtspopulismus weltweit auf dem Vormarsch sind. Südafrika folge diesem internationalen Trend jedoch nicht. Achtundsiebzig Prozent der abgegebenen Stimmen waren für den ANC und die Demokratische Allianz (DA) – was stattdessen zentristische Tendenzen zeigen würde. Auch die radikaleren Economic Freedom Fighters (EFF) wuchsen nicht in den erwarteten Stimmenanteilen. Die kleineren Parteien schoben ihren bescheidenen Erfolg auf einen Mangel an Ressourcen.
Dr. Benjamin Roberts, Autor des Kapitels The Economic Freedom Fighters: Authoritarian or democratic contestant? stellte fest, dass die EFF die Partei sei, die seit den Wahlen 2014 am stärksten gewachsen ist und u.a. große Fortschritte in Kwa-ZuluNatal, Mpumalanga und dem Nordkap gemacht habe. Durch Investitionen in Parteizweige und regionale Infrastruktur, konnte sie die Entschlossenheit widerspiegeln, den regionalen und ethnischen Grenzen ihres frühen Unterstützerprofils zu entkommen. Obwohl die EFF in einigen Bereichen die politische Agenda geändert hat, bleibt ihr Manifest weitgehend symbolisch, und trotz der geforderten Geschlechterparität in den Parteistrukturen, sind nur zwei Mitglieder der Parteispitze Frauen. Laut Roberts erhielten der ANC, die EFF und die DA 89% der abgegebenen Stimmen. Somit fanden die kleineren Parteien aufgrund ihres Potenzials als Koalitionspartner noch Beachtung im Nachhinein. Vor allem in den umkämpften Provinzen Gauteng und dem Westkap konnten sie mediale Aufmerksamkeit erreichen. Da aber alle Gebiete mit absoluter Mehrheit gewonnen wurden, waren keine Koalitionen erforderlich, fügte Schulz-Herzenberg hinzu.
Dr. Cherrel Africa, Autorin von The smaller parties: Who’s in and who’s out? sagte, dass kleinere Parteien dazu neigen ihren bescheidenen Erfolg auf einen Mangel an Ressourcen zu schieben. Eine bessere Erklärung dafür, dass sie keine Unterstützung erhalten findet sich jedoch in der organisatorischen Tiefe, den Parteistrukturen, der Erfolgsbilanz, der Kommunikationsstrategie und der Führungsspitze.
In der folgenden Fragerunde wurden durch die Teilnehmer verschiedene Kommentare und Fragen an das Experten-Panel gestellt.
Inhaltsverzeichnis für ELECTION 2019
• Introduction: The South African elections of 2019. Collette Schulz-Herzenberg and Roger Southall.
• South African democracy at risk? The troubled context of the 2019 general elections. Roger Southall.
• Credible but flawed: The management of the elections. Kealeboga J. Maphunye.
• Trends in voter participation: registration, turnout and the disengaging electorate. Collette Schulz-Herzenberg.
• A campaign born of desperation: The ‘good ANC’ battles the ‘bad ANC’ in the electoral last chance saloon. Anthony Butler.
• The Democratic Alliance at a cross-roads: The quest for afro-liberalism. Zwelethu Jolobe.
• The Economic Freedom Fighters: Authoritarian or Democratic Contestant? Benjamin Roberts.
• The smaller parties: Who's in and who's out? Cherrel Africa.
• Beyond the botnets: the media and the 2019 general elections. Jane Duncan.
• Women voting in uncertain times. Amanda Gouws.
• The 2019 national election results. Collette Schulz-Herzenberg.
• Provincial dynamics and results in elections 2019. Thokozani Chilenga-Butao.
• South African democracy following elections 2019. Roger Southall