Workshop
Details
Südasien ist sowohl Wachstums- wie Konfliktregion. Mit 7,1 Prozent Wirtschaftswachstum pro Jahr und fast einem Viertel der Weltbevölkerung (SAARC-Staaten stellen 21 Prozent der Weltbevölkerung) zählt sie zu den wachstumsstärksten Regionen der Welt. Gleichzeitig gehört sie weiterhin zu den ärmsten und am wenigsten integrierten Regionen der Welt; der regionale Binnenhandel macht nur ca. fünf Prozent aus.
Als eine der Konfliktregionen im 21. Jahrhundert ist Südasien sowohl geprägt von klassischen Territorialkonflikten (u.a. Kaschmir-Konflikt; Konflikt um die Durand-Linie zwischen Afghanistan und Pakistan) und nuklearer Aufrüstung (Indien, Pakistan) wie auch von neuen transnationalen Risiken, darunter ethnisch-religiöse Spaltungen, transnational operierendemilitante oder kriminelle Gruppen oder Klimafolgeschäden.
Im Gegensatz zu Zentral- oder Südostasien, wo eine fortschreitende regionale Integration und Institutionalisierung stattfand, beispielsweise im Sicherheitsbereich mit der Shanghai Cooperation Organisation (SCO) oder dem ASEAN Regional Forum (ARF), ist Südasien wenig institutionalisiert. Die 1985 zur wirtschaftlichen Kooperation gegründete Südasiatische Vereinigung für regionale Kooperation (SAARC) ist politisch zu heterogen und gespalten, um aktuell als Forum für eine fortgeschrittene Integration zu dienen. SAARC wird daher durch andere bi- oder trilaterale Kooperationsformen umgangen oder überlagert, wie zum Beispiel durch den International North-South Transport Corridor (INSTC) zwischen Russland, Iran und Indien (mit Einbezug Afghanistans) oder dem China-Pakistan Economic Corridor (CPEC) als Leuchtturmprojekt von Chinas Belt and Road Initiative (BRI).
SAESM-Workshops
Seit 15 Jahren treffen sich aus allen Ländern Südasiens je 10 delegierte Wirtschaftsstudenten pro Land in einem SAARC-Mitgliedsland, um über aktuelle Herausforderungen und Chancen regionaler Integration und Entwicklung in Südasien zu debattieren.
Der Ansatz von SAESM ist es, die Region Südasien als ganzes und über politische Konfliktlinien hinweg zu verstehen. Dementsprechend nehmen an den jährlichen SAESM-Workshops Studenten aus allen SAARC-Mitgliedsländern teil (derzeit mit Ausnahme der Malidiven). Zu den SAARC-Gründungsstaaten zählen Indien, Pakistan, Bangladesch, Sri Lanka, Nepal, Bhutan und die Malediven; 2007 kam Afghanistan als neues Mitglied hinzu.
Auf der Agenda stehen globale Phänomene und regionale Herausforderungen, die sich durch Kooperation und Integration besser lösen lassen, u.a.:
- Bevölkerungswachstum sowie Alterung der Gesellschaft durch höhere Lebenserwartungen
- Geschlechterkluft und -diskriminierung in Bildung und Karriere
- Urbanisierung und Landflucht
- Klimaschäden und knappe Wasserressourcen
Für die Studenten aus Südasien ist es in der Regel das erste Mal, dass sie mit gleichaltrigen Menschen aus der Nachbarschaft direkt in Kontakt kommen. Es gehört zu den wenigen Begegnungsstätten, wo sich Inder, Pakistanis und Afghanen in ihrer eigenen Region persönlich kennenlernen und austauschen können.
Dr. Martin Rama von der Weltbank, einer der Hauptsponsoren seit 2004, verglich die Bedeutung des SAESM-Workshops mit dem deutsch-französischen Jugendaustausch nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Jugendaustausch hatte nach dem Weltkrieg wesentlich zu einer Vertrauensbildung auf der menschlichen Ebene beigetragen, die für die wirtschaftliche und politischeIntegration und nicht zuletzt für die Schaffung der Europäischen Union konstituierend war.
In diesem Jahr unterschreiben die Universität Colombo und Universität Kabul anlässlich des SAESM-Workshops ein Memorandum of Understanding, um den akademischen Austausch zwischen Sri Lanka und Afghanistan auch über SAESM hinaus auszubauen.
Seit 2013 nimmt Afghanistan, teils unterstützt durch das KAS-Auslandsbüro in Kabul, an den jährlichen Workshops teil. In diesem Jahr hat das Koordinierungsteam der Universität Kabul es erstmals geschafft, paritätisch je fünf Studentinnen und Studenten zu nominieren. Das zeigt, dass der SAESM-Workshop sich auch an der Uni Kabul etabliert hat, und afghanische Studentinnen aus konservativen Familien an den Reisen teilnehmen können. Irgendwann in der näheren Zukunft, so hofft Professor Habibullah Niazi von der Wirtschaftsfakultät der Universität Kabul, wird Afghanistan der Gastgeber des SAESM-Workshops sein. Dafür muss sich die Sicherheitslage in Afghanistan jedoch noch deutlich verbessern. Bis dahin nehmen die zehn besten ausgewählten Wirtschaftsstudenten der Universität Kabul in den Nachbarländern teil. Beim letzten SAESM-Workshop in Bangladesch galt die afghanische Delegation als eine der engagiertesten.
Programm
Workshop-Gruppen:
1. Human Resource Development
2. The Informal Economy in South Asia
3. Environmental Sustainability
4. Gendered Work and Gender Equity
5. Poverty and Food Security
6. Increasing Investment in South Asia
7. Structural Transformation for Growth
8. Regional Connectivity
9. Consumption Patterns: Society and Economy
10. Migration in the Context of South Asia