Veranstaltungsberichte
Das dritte Septemberwochenende ist für die Mitglieder der Initiativgruppe Buchenwald ein besonderes. An diesem findet ihr alljährliches Treffen in der Gedenkstätte Buchenwald statt. Sie sind Zeitzeugen und damit ehemalige Inhaftierte des Speziallagers 2 oder deren Angehörige. Das Speziallager 2, seine Geschichte und vor allem seine Aufarbeitung wurden lange stiefmütterlich behandelt. Vielen ist die zweite Nutzung und damit Weiternutzung von Buchenwald nicht bewusst. Spricht man von der schlimmen Vergangenheit von Buchenwald, so spricht man meistens von der Geschichte des KZs. Neben alldem sollten aber auch die 28 000 Häftlinge im Zeitraum von 1945 – 1950 mit ihren ca. 7000 Todesopfern nicht vergessen werden. Der Großteil derer, die am 17. September 2011 in der Gedenkstätte zusammengekommen sind, waren damals junge Leute um die 20 Jahre. Sie möchten, dass ihre Schicksale nicht vergessen werden und sind bereit, den nachfolgenden Generationen davon zu berichten.
Genau das war das Ziel der Workshops, welche das Bildungswerk Erfurt der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. in Kooperation mit der Initiativgruppe Buchenwald 1945-50 e.V. veranstaltete. Junge Menschen, im besonderen Schüler und Studenten sollten die Möglichkeit erhalten, über die direkte Quelle der Zeitzeugen mehr über die Geschichte des Speziallagers 2 zu erfahren. Der Initiativgruppe ist daran sehr gelegen. „Schauen Sie sich doch um, wir werden von Jahr zu Jahr weniger“, sagte ein Zeitzeuge. Gespräche und Geschichtsvermittlung müssen jetzt statt finden. Irgendwann kann Erinnerung, Auseinandersetzung und Aufarbeitung nur noch durch die nächsten Generationen erfolgen. Der Kontakt ist wichtig und gewünscht.
Nach einer offiziellen Gedenkveranstaltung und einem ökumenischen Gottesdienst am Vormittag fanden sich die Mitglieder der Initiativgruppe und Angehörige, die interessierten Schüler und Bürger in dem Kinosaal der Gedenkstätte Buchenwald zusammen. Steffen Hetzschold, Tagungsleiter der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V., begrüßte die Anwesende und bot an, nach der Vorführung eines Dokumentarfilms über das Speziallager 2, an den Workshops teilzunehmen. Das Angebot stieß auf eine große Resonanz.
Für die Workshops, die vorrangig für Schüler konzipiert waren, hatten sich 4 Zeitzeugen für Gespräche zur Verfügung gestellt. Das Ehepaar Elfriede und Gerhard Etzold waren beide Häftlinge im Speziallager und haben sich auch dort kennengelernt. Ingeborg Thiemeyer wurde mit 18 Jahren verhaftet und berichtete v.a. über die Verhöre und das Leben als junge Frau im Speziallager. Der Bericht von Rolf Staudte hatte zum Schwerpunkt seinen Abtransport 1947 aus dem Speziallager nach Karaganda in Kasachstan und seinen Arbeitseinsatz dort.
Jeder Workshop und jedes Zeitzeugengespräch war von einer Fülle an persönlichen und geschichtlichen Erlebnissen, Begebenheiten und Informationen geprägt und entwickelte sich individuell zu einem interessanten Dialog zwischen Zeitzeugen und Schülern, aber auch unter den anwesenden Zeitzeugen. Kernfragen wurden im Vorfeld des Gesprächs zusammengetragen und aufgeschrieben. Wissen wollte man v.a., wie sich der Alltag im Lager gestaltete. „Wie verbringt man im Lager einen Tag mit nichts tun?“ war z. B. eine. Auf diese Frage konnten die Zeitzeugen alle einheitlich antworten: „Das Schlimmste war das nichts tun!“ Dies und die vollkommene Isolation wurden als die reinste Folter empfunden. Auch die Frage, wie ging es nach Buchenwald weiter, wie verlief die Wiedereingliederung in die Gesellschaft, bewegte die Anwesenden. Hier konnte es keine einheitlichen, sondern nur spannende individuelle Erfahrungsberichte geben.
Offen gebliebene Fragen und die Eindrücke aus den Gesprächen wurden dann noch einmal mit in das Plenum genommen. Hier standen noch einmal mehrere Zeitzeugen gleichzeitig für das Gespräch zur Verfügung und das Publikum konnte seine Eindrücke und bewegende Gedanken äußern.
Die Schüler haben die Gesprächsmöglichkeit dankbar angenommen. „Ich fand das Gespräch sehr gut. Ich werde das meinen Freunden weiter erzählen und vielleicht kann ich ja nächstes Jahr wieder kommen“, so reflektierte ein Schüler die Veranstaltung.
Der Rückblick auf die Veranstaltung und der Workshops zeigt einmal mehr, wie wichtig der Blick zurück auch für die Gegenwart und Zukunft ist und warum es der Konrad-Adenauer-Stiftung wichtig ist, diesen zu ermöglichen.
In der Navigationsleiste rechts finden Sie skizzierte Lebensläufe der Zeitzeugen Elfriede und Gerhard Etzold, Ingeborg Thiemeyer und Rolf Staudte als PDF-Format.
Text: Elisabeth Eberlein