Diskussion
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Lange wurde in der Sowjetunion den jüdischen Opfern eine eigenständige Wahrnehmung verwehrt. So gab es in der sowjetischen Geschichtsschreibung nur Opfer des Faschismus aber vermeintlich keine genozidale Politik gegenüber den europäischen Juden. Erst langsam nähert sich die heutige Ukraine diesem Teil ihrer Geschichte.
In Deutschland steht als Synonym für die Auslöschung des Judentums das Vernichtungslager Auschwitz. Dass der Völkermord zeitlich mit Einsetzen des Krieges begann und bis zum Beginn der Massenvernichtung bereits etwa 1,5 Millionen Juden durch das brutale Wirken von SS, Polizeibataillonen, Einsatzgruppen und teilweise kollaborierenden Bevölkerungen ermordet wurden, ist bis heute wenig bekannt. Bezeichnend ist, das von den etwa 2000 Erschießungsplätzen bis heute etwa 1000 ohne jegliche Kennzeichnung sind.
Rumänien hat sich auf internationaler Ebene zu seiner historischen Verantwortung bekannt. Anders allerdings sieht es im Land selber aus. Die Vernichtungsaktionen der rumänischen Armee sind weitgehend tabuisiert. Wer sie auf die Tagesordnung setzt, stößt auf mannigfachen Widerstand. Wir wollen uns diesen blinden Flecken in einer gemeinsamen Debatte nähern. Ohne Besserwisserei, ohne moralische Überheblichkeit. Es geht darum, wahre Begebenheiten sichtbar zu machen.
Programm
Begrüßung
Marieluise Beck, Direktorin Osteuropa, Zentrum Liberale Moderne, Berlin
Josef Zissels, Ko-Präsident der Assoziation der jüdischen Organisationen und Gemeinden (VAAD) in der Ukraine, Kyjiw
Prof. Tamara Marusyk, Prorektorin für wissenschaftliche und pädagogische Arbeit der Nationalen Jurij-Fedkowytsch-Universität Czernowitz
Moderation: Jurko Prochasko, Essayist, Germanist, Schriftsteller, Übersetzer, Lwiw
Thema I: Anatomie der Gewalt gegen Juden in Europa vor und während des Zweiten Weltkriegs
„Die Vernichtung der europäischen Juden durch das national-sozialistische Deutschland - wie erklären sich Unterstützung und Hinnahme in der Gesellschaft?“
Impulsvortrag: Prof. Dr. Wolfgang Eichwede, Historiker, Gründer der Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen
„Merkmale des Holocaust in der Ukraine“
Impulsvortrag: Dr. Anatolii Podolskyi, Historiker, Direktor des Ukrainischen Zentrums für Holocaust-Studien, Kyjiw
„Das Gesicht des Holocaust in der Bukowina: Täter und Opfer“
Impulsvortrag: Dr. Oleg Surowtzew, Historiker, Dozent der Nationalen Jurij-Fedkowytsch-Universität Czernowitz
„Das Antonescu-Regime und die ,Judenfrage‘ in Rumänien 1940 – 1944“
Impulsvortrag: Prof. Dr. Ottmar Trasca, Historiker, historisches Institut “George Bariţiu” der Rumänischen Akademie der Wissenschaften, Cluj-Napoca
Thema II: Gespräch über den Umgang mit dem Holocaust nach dem Zerfall der Sowjetunion
Block 1
„Beginn einer Erinnerungskultur in der Ukraine seit den neunziger Jahren“
Impulsvortrag: Dr. Boris Zabarko, Historiker, Präsident der Ukrainischen Assoziation der jüdischen KZ- und Ghettoüberlebenden, Vizepräsident der Internationalen Vereinigung der jüdischen Gemeinden der ehemaligen Faschismusgefangenen, Kyjiw
„Wie kann die Erinnerung an den Holocaust in der Ukraine und der Bukowina wachgehalten werden?“
Impulsvortrag: Josef Zissels, Ko-Präsident der Assoziation der jüdischen Organisationen und Gemeinden (VAAD) in der Ukraine, Kyjiw
„Instrumentalisierung und Tabuisierung: Ukrainischer Antisemitismus als Instrument der Geschichtspolitik und des Informationskriegs“
Impulsvortrag: Wilfried Jilge, Osteuropa-Historiker, Associate Fellow an der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik
Block 2
„Umgang mit dem Holocaust in der Sowjetunion nach dem Zweiten Weltkrieg“
Impulsvortrag: Prof. Irina Scherbakowa, Germanistin, Kulturwissenschaftlerin, Koordinatorin bei der Menschenrechtsorganisation Memorial, Moskau
„Entwicklung des Holocaust-Gedenkens in Rumänien“
Impulsvortrag: Marius Cazan, Historiker, Nationalinstitut „Elie Wiesel“ für die Erforschung des Holocaust in Rumänien, Bukarest
„Wie kann die Erinnerung an den Holocaust in der Ukraine im historischen Gedächtnis in Deutschland verankert werden?“
Impulsvortrag: Volker Beck, Lehrbeauftragter, Zentrum für Religionswissenschaftliche Studien Ruhr-Universität Bochum
Arbeitssprachen: Deutsch, Ukrainisch, Englisch.