Veranstaltungsberichte
Diese Denkschulen hatten im Laufe der Jahrhunderte in Ost- und Westeuropa verschiedene Interpretationen erfahren und waren oftmals von den Nachbarländern nicht oder falsch verstanden worden. Idee der Konferenz war es, diese aneinander näher zu bringen, kritisch zu betrachten und ihre Gültigkeit anhand heutiger Beispiele zu verifizieren. Der Austausch zwischen Referenten aus verschiedenen Ländern soll auch dazu dienen, die Erklärungen zu diesen uneinheitlichen Interpretationen der „Demokratie“ herauszuarbeiten, denn diese Verschiedenheiten haben heute Auswirkungen auf die Gesellschaften, die Mentalitäten und Verhaltensweisen, der Völker aber auch ihre führenden Politiker.
Aufgeteilt in drei Vorlesungsblöcke (Gestern, Heute, Morgen) wurde zunächst über die historische Auffassung von Demokratie gesprochen. Hierbei widmete Prof. Dr. Gwendal Châton von der Université de Rennes dem politischen Liberalismus von Raymond Aron, einem der bedeutendsten politischen Denker. Aron leitete seinen Liberalismus aus einer soziologischen Analyse der Demokratie und der sie bedrohenden Kräfte ab. Ihm zufolge sei die Demokratie das am wenigsten schlechte System unter generell schlechten politischen Systemen.
Im Anschluss daran beschäftigte sich Jan Slaviček, Historiker der Tschechischen Akademie der Wissenschaften in Prag, mit der Frage: "Kopieren des Nicht-Kopierbaren: Limits der Veränderungen der demokratischen politischen Systeme aufgrund der auswärtigen Inspiration". Im Rahmen seiner Forschungsarbeit verglich Slaviček unter anderem das politische System in Polen und Tschechien nach dem Vorbild Frankreichs sowie das System in Kanada und Australien nach dem Vorbild Englands. Der erste Block wurde von Dr. Zoltan Balazs von der Corvinus Universität Budapest mit einem Vortrag über den ungarischen Systemtheoretiker Aurél Kolnai beschlossen.
Im zweiten Teil wurde über den gegenwärtigen Zustand der europäischen Demokratien debattiert. Im Zentrum standen dabei Vorträge um den Brexit und seine Entstehungsgeschichte, Disparitäten zwischen lokalen und landesweiten demokratischen Beteiligungsformen, die Frage der populistischen Herausforderung sowie auch die Möglichkeiten, direktdemokratische Beteiligungsformen zu stärken – am Beispiel der Schweiz. Abschließend widmete sich u.a. Lara Möller aus dem Demokratiezentrum in Wien im Rahmen des dritten Blocks „Demokratie – Morgen“ der subjektorientierten politischen Bildung und Demokratiedidaktik im Kontext des Bürgerbewusstseins.
Auch die Konrad-Adenauer-Stiftung beteiligte sich mit einem Referat. Dr. Ludger Gruber, der Stellv. Leiter Politische Bildung und Leiter des Politischen Bildungsforums Nordrhein-Westfalen der Konrad-Adenauer-Stiftung, stellte in seinem Beitrag „Perspektiven einer repräsentativen Demokratie unter Druck“ die Möglichkeiten der politischen Bildung vor, die junge Generation für Politik zu begeistern, sie einzubinden und sie zu „guten Demokraten“ auszubilden.
Die Veranstaltungsreihe der Károlyi Stiftung findet jedes Jahr mit Unterstützung der Konrad-Adenauer-Stiftung statt und thematisiert verschiedene Aspekte des politischen Gemeinwesens in Ungarn und in Europa.