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Die Europawahl in Deutschland am 26. Mai 2019

Die Europawahl hat ihren Charakter als nationale und bundespolitische Nebenwahl verloren. Zum ersten Mal seit 1979 kann die Europawahl nicht als klassische nationale Nebenwahl bewertet werden. Das Interesse an der Europawahl ist ungewöhnlich stark und die Bundespolitik war für die Wahlentscheidung nicht wichtiger als die Europapolitik. Das gewachsene Gewicht der EU für politische Problemlösungen sowie eine deutliche Verschiebung der politischen Agenda hin zum Thema Klima-und Umweltschutz in den letzten Wochen erklären das Wahlergebnis zu einem erheblichen Teil. Durch die aktuelle Verschiebung auf der politischen Agenda, hatten Union und SPD Probleme, Wähler zu mobilisieren. Volksparteien haben es bei Europawahlen generell gegenüber kleineren und Protestparteien schwerer. Dies trifft Union und SPD besonders stark. Beide verzeichnen historisch niedrige Wahlergebnisse.

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Das Wahlergebnis in Deutschland

Bereits im Vorfeld der Wahl war absehbar, dass die Wahlbeteiligung ansteigen würde. Die Europawahl hat ihren Charakter als nationale und bundespolitische Nebenwahl verloren. Dies war seit 1979 maßgeblich für das Wahlverhalten. Die Wahlbeteiligung ist von 48,1 auf 61,4 Prozent angestiegen. Nur bei der ersten Europawahl 1979 (65,7) und 1989 (62,3) lag die Wahlbeteiligung höher. Ob dies auch mit einer gestiegenen Wahlbeteiligung jüngerer Wähler zu erklären ist, ist durchaus wahrscheinlich, kann aber erst mit den entsprechenden Ergebnissen des Bundeswahlleiters geklärt werden.

Bei Europawahlen gibt es dennoch Trends: Volksparteien haben es gegenüber kleineren und Protestparteien schwerer. Dies trifft Union und SPD besonders stark. Beide verzeichnen historisch niedrige Wahlergebnisse.

Die Union kommt auf 28,9 Prozent. Obwohl sie damit ihre Stellung als stärkste deutsche Partei bekräftigt, markiert das Ergebnis gleichzeitig ihr schwächstes Ergebnis bei Europawahlen. Insgesamt verliert die Union 6,5 Punkte. Sie wird 29 Parlamentarier (-5) entsenden. Zweistellige Verluste hat die Union in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern zu verzeichnen.

Die SPD erhält ebenfalls ihr schlechtestes Ergebnis bei einer bundesweiten Wahl. Sie kommt auf 15,8 Prozent und büßt 11,4 Punkte ein. Die SPD stellt 16 Mandate (-11). Überdurchschnittlich stark fallen die Verluste in Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Hamburg aus.

Die Grünen gewinnen 9,8 Punkte hinzu und erreichen 20,5 Prozent der Wähler. Dies markiert das beste Ergebnis der Partei bei einer bundesweiten Abstimmung. Die Grünen gewinnen 10 Mandate hinzu und werden von 21 Abgeordneten vertreten. Die höchsten Zugewinne fallen in Schleswig-Holstein und Hamburg an.

Die AfD kommt mit einem Plus von 3,9 Punkten auf 11,0 Prozent. Damit schneidet sie schlechter ab als bei der Bundestagswahl 2017 (12,6 Prozent). Die AfD erhält 11 Sitze (+4). In Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt gewinnt die AfD sehr deutlich hinzu. Aber auch in Berlin und Brandenburg sind die Zugewinne weit überdurchschnittlich. Die AfD ist in den neuen Ländern mit 21,1 Prozent mehr als doppelt so stark wie in den alten (8,8 Prozent).

Die Linke verliert 1,9 Punkte und erreicht 5,5 Prozent. 5 Parlamentarier (-2) repräsentieren die Linke im neuen Parlament. Die Linke verliert überdurchschnittlich stark in Thüringen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg. Wie die AfD ist sie in den neuen Ländern mit 13,4 Prozent wesentlich stärker als in den alten (3,8 Prozent). Damit haben sich die Unterschiede seit der Bundestagswahl 2017 wieder deutlich verstärkt.

Die FDP gewinnt 2,1 Punkte und wird von 5,4 Prozent der Wähler unterstützt. Die FDP gewinnt 2 Mandate hinzu und kommt auf 5 Abgeordnete.

Nachdem bereits bei der letzten Europawahl keine Sperrklausel mehr galt (rechnerisch liegt diese bei ca. 0,5 Prozent), hat dies bei dieser Wahl verstärkt zur Unterstützung der „sonstigen Parteien“ geführt. Die „sonstigen Parteien“ kommen auf 12,9 Prozent (+4,0 Punkte) und 9 Mandate. Die Mandatsgewinner sind sehr unterschiedlicher Herkunft und reichen von der traditionell unter den kleinen Parteien erfolgreichen „Familienpartei“, den Freien Wählern, die derzeit in Bayern an der Landesregierung beteiligt sind, den Piraten, die in Landesparlamente eingezogen waren, der bei Volksentscheiden in Bayern erfolgreichen ÖDP, der Tierschutzpartei über die neue Volt-Partei und die „Satirepartei“ DIE PARTEI. Die NPD, die bei der letzten Europawahl noch ein Mandat gewann, wird nicht mehr ins Parlament einziehen. Die Partei DIE PARTEI wird mit zwei Mandaten (2,4 Prozent) ebenso wie die Freien Wähler (2,2 Prozent) im Europäischen Parlament vertreten sein. Alle anderen Parteien erhalten ein Mandat. Die größten Zugewinne haben die „sonstigen“ Parteien in Hamburg und Berlin, wo kleinere Parteien traditionell gut abschneiden.

 

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Dr. Viola Neu

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Stellvertretende Leiterin Analyse und Beratung,
Leiterin Wahl- und Sozialforschung

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