IMAGO / Christian Ohde
1. Das Wahlergebnis in Brandenburg
Seit 1990 stellt die SPD in Brandenburg den Ministerpräsidenten. Auch diesmal ist sie stärkste Kraft geworden, verzeichnet aber mit einem Verlust von 5,7 Prozentpunkten und einem Zweitstimmenanteil von 26,2 Prozent ihr historisch schlechtestes Wahlergebnis in Brandenburg. Schon 2014 war sie mit 31,9 Prozent weit entfernt von ihrem besten Wahlergebnis 1994 mit 54,1 Prozent. 2019 liegt die SPD erstmals in Brandenburg unter der 30-Prozent-Marke. Aufgrund der stark gestiegenen Wahlbeteiligung kann die SPD absolut 16 Tsd. Stimmen hinzugewinnen, obwohl sie prozentual verliert. Die Sozialdemokraten verlieren fünf Mandate und entsenden 25 Abgeordnete in den Landtag, die alle über Direktmandate in den Wahlkreisen einziehen.Die AfD kann zweistellige Zuwächse verbuchen und wird zweitstärkste Partei. Die AfD gewinnt 11,3 Punkte hinzu und erzielt 23,5 Prozent der Zweitstimmen. Das ist exakt derselbe Anteil, den die AfD schon bei der Europawahl in Brandenburg erzielen konnte. In absoluten Stimmen kann die AfD 177 Tsd. Wähler hinzugewinnen. Besonders stark schneidet sie im Südosten Brandenburgs ab. Außer im Wahlkreis Potsdam I, wo sie 9,4 Prozent der Zweitstimmen holt, hat die AfD flächendeckend zweistellige Ergebnisse. In fünf Wahlkreisen kann sie sogar über 30 Prozent erzielen (Spree-Neiße II, Oberspreewald-Lausitz I, Spree-Neiße I, Elbe-Elster II, Oder-Spree II). Sie gewinnt zwölf Sitze im Landtag hinzu und stellt 23 Abgeordnete. Wurden 2014 noch alle Abgeordneten der AfD über die Landesliste gewählt, kann sie 2019 15 Direktmandate gewinnen. Je sieben Wahlkreise kann sie von SPD und CDU für sich gewinnen, einen von der Linken.
Die CDU wird wie schon 2004 und 2009 drittstärkste Partei in Brandenburg. Sie verliert 7,4 Punkte und erzielt 15,6 Prozent der Zweitstimmen. Das ist das historisch schlechteste Ergebnis der CDU in Brandenburg. Allerdings lag die CDU in Brandenburg schon mehrfach unter 20 Prozent (1994, 2004 und 2009) und liegt bis auf eine Ausnahme (1999) bei Landtagswahlen immer unter ihrem vorherigen Bundestagswahlergebnis in Brandenburg. Auch bei Europawahlen schneidet die Union in Brandenburg immer besser ab als bei Landtagswahlen. Absolut verliert die CDU im Vergleich zu 2014 30 Tsd. Stimmen. Sie entsendet 15 Abgeordnete in den Landtag, das ist ein Verlust von sechs Mandaten. Lediglich zwei Direktmandate kann die CDU gewinnen (Havelland II, Barbara Richstein und Oberspreewald-Lausitz I, Ingo Senftleben).
Die Grünen erzielen ihr historisch bestes Wahlergebnis in Brandenburg und werden erstmals zweistellig, bleiben aber hinter den durch die Umfragen im Vorfeld geschürten Erwartungen zurück. Sie gewinnen 4,6 Punkte hinzu und können 10,8 Prozent der Stimmen auf sich vereinen. Absolut gewinnen sie 75 Tsd. Stimmen hinzu. Im Wahlkreis Potsdam I werden die Grünen mit 29,1 Prozent sogar stärkste Kraft. Hier ist die AfD einstellig. Deutlich schlechter mit unter oder um 5 Prozent schneiden die Grünen in den Wahlkreisen ab, in denen die AfD ihre besten Zweitstimmenergebnisse eingefahren hat. Aus dem Wahlkreis Potsdam I stammt auch die einzige direkt gewählte der zehn Abgeordneten (+4).
Ebenso wie SPD und CDU erzielt auch die Linke mit 10,7 Prozent ihr historisch schlechtestes Ergebnis in Brandenburg. Mit einem Minus von 7,9 Punkten sind die Verluste bei der Linken von allen Parteien am höchsten. In absoluten Stimmen büßt die Linke 48 Tsd. Zweitstimmen ein. Dadurch verliert sie sieben Mandate und stellt nur noch zehn Abgeordnete, die alle über die Landesliste einziehen. Nachdem die Linke schon 2014 17 Direktmandate verloren hat, büßt sie nun auch ihre letzten vier Direktmandate ein. Drei Wahlkreise verliert die Linke an die SPD, einen an die AfD.
2014 war die BVB/Freie Wähler noch ausschließlich wegen ihres Direktmandates in den Landtag eingezogen. 2019 kann sie auch mit den Zweitstimmen die Fünf-Prozent-Hürde überwinden mit genau 5,0 Prozent und einem Zuwachs von 2,3 Punkten und 37.500 absoluten Stimmen. Damit entsendet sie fünf Abgeordnete (+2) in den Landtag. Erneut erzielt die BVB/Freie Wähler ein Direktmandat, wenn auch in einem anderen Wahlkreis als 2014. Den Wahlkreis von 2014 verliert sie an die SPD, dafür kann sie einen anderen Wahlkreis von den Sozialdemokraten erobern.
Die FDP verpasst erneut den Einzug in den Potsdamer Landtag. Trotz eines Zuwachses von 2,6 Punkten und 37 Tsd. absoluten Zweitstimmen können die Liberalen nur 4,1 Prozent der Stimmen auf sich vereinen und scheitern damit zum zweiten Mal in Folge an der Fünf-Prozent-Hürde. Seit 1990 konnte die FDP lediglich bei der Landtagswahl 2009 Abgeordnete nach Potsdam entsenden.
Nachdem die Wahlbeteiligung 2014 stark gesunken war (um 19,1 Punkte), ist sie nun wieder deutlich angestiegen. 61,3 Prozent der Wahlberechtigten sind zur Wahl gegangen, das sind 13,4 Punkte mehr als 2014. Das ist die dritthöchste Wahlbeteiligung in Brandenburg seit 1990. Die Umfragen im Vorfeld der Wahl zeigten ein sehr knappes Rennen um den Wahlsieg. Noch im Juni lagen SPD, CDU und AfD in den Umfragen nahezu gleich auf und selbst am Donnerstag vor der Wahl lag die SPD im Politbarometer nur einen Punkt vor der AfD. Im Gegensatz zu 2014 war also bis zum Schluss unklar, wie die Wahl ausgehen würde, wodurch zusätzliche Wähler mobilisiert wurden.
2. Wesentliche Bestimmungsgründe des Wahlergebnisses in Brandenburg
Traditionell spielt in Brandenburg nur der Ministerpräsident eine Rolle, die anderen Spitzenkandidaten werden kaum wahrgenommen. Das ist auch 2019 nicht anders. Einzig Dietmar Woidke ist bei fast allen Wahlberechtigten bekannt. Bei allen anderen Spitzenkandidaten fällt die Bekanntheit deutlich geringer aus. 55 Prozent sind mit Dietmar Woidke zufrieden, deutlich weniger als 2014. Damals waren es noch 70 Prozent. Im Vergleich zu den anderen Spitzenkandidaten ist Woidkes Zufriedenheitswert dennoch der beste (Infratest dimap).Auch bei der Frage, wer Ministerpräsident werden solle, liegt Woidke sowohl vor dem CDU-Spitzenkandidaten Ingo Senftleben mit 47 zu 23 Prozent als auch vor Andreas Kalbitz von der AfD mit 52 zu 12 Prozent. Im Vergleich zu Senftleben kann Woidke nicht nur bei den eigenen Anhängern, sondern auch bei denen von Linken und Grünen punkten. Senftleben wird nur von den CDU-Anhängern mehrheitlich als Ministerpräsident gewünscht (Forschungsgruppe Wahlen).
Im Vergleich zu Kalbitz sprechen sich alle Anhängerschaften außer den AfD-Anhängern für den SPD-Mann aus. Zudem sagen vor der Wahl 64 Prozent, Woidke mache seine Sache als Ministerpräsident eher gut. Das sind etwas weniger als 2014 (70 Prozent) und im Vergleich mit anderen Ministerpräsidenten rangiert Woidke eher im unteren Mittelfeld (Forschungsgruppe Wahlen).
Dennoch liegt Woidke auch bei der Bewertung der Kandidateneigenschaften vor den Herausforderern von CDU und AfD. Im Vergleich mit Senftleben halten die Brandenburger Woidke für sympathischer (29 Prozent), für glaubwürdiger (25 Prozent) und er habe mehr Sachverstand (30 Prozent). Jeweils ähnlich viele Wahlberechtigte sehen zwischen beiden Kandidaten keinen Unterschied. Noch deutlicher ist Woidkes Vorsprung gegenüber dem AfD-Spitzenkandidaten. 37 Prozent der Brandenburger finden Woidke sympathischer als Kalbitz, 32 Prozent finden ihn glaubwürdiger und 35 Prozent attestieren ihm mehr Sachverstand als Kalbitz (Forschungsgruppe Wahlen).
Auch bei der generellen Politikerbewertung auf einer Skala von +5 bis -5 liegt Woidke mit 1,6 vor Senftleben (0,7) und Kalbitz (-1,4). Bei Kalbitz ist der Unterschied zwischen allen Wahlberechtigten und den eigenen Anhängern, die ihn mit 1,5 bewerten, besonders groß. Trotzdem kann Kalbitz auch bei den eigenen Anhängern nicht an die Werte heranreichen, die Woidke (3,7) und Senftleben (2,4) bei den Anhängern der SPD bzw. der CDU erzielen (Forschungsgruppe Wahlen).
Mit verantwortlich für die Verluste der SPD ist die geringe Zufriedenheit mit der Landesregierung. Nur 46 Prozent sind mit der Landesregierung zufrieden oder sehr zufrieden. 2014 waren noch 60 Prozent mit der Landesregierung zufrieden. Besonders gering ausgeprägt ist die Zufriedenheit unter den Anhängern der AfD mit nur 12 Prozent (Infratest dimap).
Bei der Bewertung der Parteien liegt die SPD vor allen anderen Parteien. Sie wird auf einer Skala von +5 bis -5 mit 1,3 bewertet und schneidet damit auch besser ab als die SPD im Bund mit 0,6. Der SPD gelingt es damit, sich von der Bundes-SPD und ihren schlechten Umfragewerten abzukoppeln. Umgekehrt verhält es sich bei der Brandenburger CDU. Sie wird im Land mit 0,7 bewertet, im Bund dagegen mit 1,0. Entsprechend bleibt die CDU in Brandenburg unter ihrem Bundestrend, was aber nicht ungewöhnlich ist, da die CDU in Brandenburg bei Landtagswahlen traditionell schlechter abschneidet als bei Bundestagswahlen. Die Linke, bislang an der Regierung beteiligt, wird nur mit 0,2 bewertet und liegt damit hinter den Grünen (0,4) und BVB/Freie Wähler (0,7). Am schlechtesten wird die AfD mit -2,4 bewertet, von den eigenen Anhängern erhält die AfD allerdings eine 3,2 (Forschungsgruppe Wahlen). Sowohl bei der Bewertung der Partei als auch des Spitzenkandidaten zeigt sich eine deutliche Polarisierung durch die AfD, wie sie auch schon bei früheren Wahlen sichtbar wurde.
Die wichtigsten Themen und Probleme in Brandenburg variieren je nach Umfrageinstitut. Bei der Forschungsgruppe Wahlen nennen 28 Prozent der Brandenburger Infrastruktur, gefolgt von Schule/Bildung mit 17 Prozent und Klima/Umwelt/Energiewende mit 13 Prozent. Das Thema Ausländer/Asyl befindet sich (im Gegensatz zu Sachsen) nur auf Platz vier zusammen mit dem Thema Arbeitslosigkeit, das von 71 Prozent 2009 über 31 Prozent 2014 auf 12 Prozent 2019 gesunken ist (Forschungsgruppe Wahlen). Bei Infratest dimap dagegen liegt das Thema Bildung mit 34 Prozent vorn, 28 Prozent nennen soziale Sicherheit und je 25 Prozent nennen die Themen Umwelt/Klima, Kriminalität/innere Sicherheit und Wirtschaft/Arbeit. Das Thema Zuwanderung landet mit 15 Prozent nur auf dem achten Platz (Infratest dimap). Anders verteilt es sich bei den AfD-Anhängern. Hier liegen die Themen Zuwanderung (52 Prozent) und Kriminalität/innere Sicherheit (50 Prozent) ganz vorn (Infratest dimap).
Bei den Parteikompetenzen wird der SPD die meiste Kompetenz in den Bereichen Infrastruktur (30 Prozent), Bildung (26 Prozent), Wirtschaft (27 Prozent) und soziale Gerechtigkeit (31 Prozent) zugeschrieben. Sie schafft es damit, in den wichtigen Themen Infrastruktur und Bildung als kompetent wahrgenommen zu werden. Die CDU wird zwar beim Thema Arbeitsplätze mit 24 Prozent als leicht kompetenter wahrgenommen als die SPD mit 20 Prozent, liegt aber im Bereich Wirtschaft mit 19 Prozent deutlich hinter der SPD (Forschungsgruppe Wahlen). Bei Infratest dimap liegen CDU und SPD in den Bereichen Arbeitsplätze und Wirtschaft nahezu gleichauf. Die CDU schafft es daher nicht, in ihren klassischen Kompetenzfeldern deutlich zu punkten.
Den Grünen wird nur im Bereich Klimaschutz Kompetenz zugerechnet (37 Prozent), während die Linken bei der sozialen Gerechtigkeit mit 25 Prozent knapp hinter der SPD liegen. Die AfD wird vor allem im Bereich Ausländer als kompetent angesehen (21 Prozent), dicht gefolgt von der SPD (18 Prozent). Die CDU liegt mit 15 Prozent auf Platz drei (Forschungsgruppe Wahlen).
Beim Thema Sorgen/Nöte der Ostdeutschen sehen die Brandenburger die Linke als besonders kompetent (26 Prozent), was ihren Absturz in der Wählergunst trotzdem nicht verhindern konnte. 21 Prozent sehen die Kompetenz bei der SPD und mit 12 Prozent liegt auch die AfD im zweistelligen Bereich (Forschungsgruppe Wahlen).
In den Daten von Infratest dimap weist die AfD nennenswerte Kompetenzen auf in den Bereichen Kriminalität und Verbrechen bekämpfen (22 Prozent), gute Asyl- und Flüchtlingspolitik betreiben (18 Prozent), Interessen der Ostdeutschen vertreten (13 Prozent), für soziale Gerechtigkeit sorgen (10 Prozent) und die wichtigsten Aufgaben in Brandenburg lösen (10 Prozent; Infratest dimap).
Je nach Institut schwanken die Zahlen, welche Partei am besten die zukünftigen Probleme bzw. die wichtigsten Aufgaben lösen kann. Bei beiden Instituten liegt aber die SPD deutlich vor der CDU, gefolgt von der AfD.
Die Hauptkompetenzen der AfD liegen also auch in Brandenburg im Bereich Kriminalität und Asyl- und Flüchtlingspolitik. Sie kann aber auch zunehmend in anderen Bereichen leichte Kompetenzen verbuchen. Zwar ist der Anteil an Wählern, die die Partei aus Enttäuschung gewählt haben, in der AfD mit 56 Prozent immer noch deutlich höher als in allen anderen Parteien (Infratest dimap), aber es handelt sich nicht mehr nur um Protestwahlmotive. 53 Prozent der AfD-Wähler geben an, die AfD als Denkzettel gewählt zu haben, 43 Prozent sagen aber, sie haben der AfD wegen ihrer politischen Forderungen ihre Stimme gegeben. Zusätzlich meinen 82 Prozent der AfD-Anhänger, die Politik wäre besser, wenn die AfD an der Landesregierung beteiligt wäre (Forschungsgruppe Wahlen). Gleichzeitig sagen 99 Prozent der AfD-Anhänger, die AfD spreche aus, was in anderen Parteien nicht gesagt werden dürfe, und 87 Prozent sehen in ihr die einzige Partei, um ihren Protest auszudrücken. 90 Prozent der AfD-Anhänger finden es aber auch gut, dass die AfD in der Klimadebatte eine andere Position vertritt als die anderen Parteien und 97 Prozent begrüßen den Plan der AfD, den Zuzug von Ausländern stärker zu begrenzen (Infratest dimap). Hier mischt sich Protestwahl mit inhaltlichen Positionen. Zudem scheint die AfD in Brandenburg unter den eigenen Anhängern ein Kümmerer-Image erlangt zu haben. 83 Prozent der AfD-Anhänger finden, die AfD habe ein gutes Gespür für die Probleme der Menschen in Brandenburg und 75 Prozent sagen, die AfD kümmere sich mehr als andere Parteien um die Probleme vor Ort (Infratest dimap).
Wie schon bei anderen Wahlen fällt auch in Brandenburg auf, dass die Wähler der AfD sich überdurchschnittlich häufig Sorgen machen über Kriminalität, den Verlust der deutschen Kultur, zu viel Einfluss des Islam und den Verlust ihres Lebensstandards. Zugleich sind sie weniger zufrieden mit der Demokratie und mit der wirtschaftlichen Lage in Brandenburg als der Durchschnitt. Des Weiteren meinen sie überdurchschnittlich häufig, dort, wo sie leben, ginge es immer weiter bergab (AfD-Anhänger: 42 Prozent; alle: 19 Prozent; Infratest dimap).
Zudem vertreten (je nach Umfrageinstitut) 50 bis 59 Prozent der Brandenburger die Auffassung, Ostdeutsche würden wie Bürger zweiter Klasse behandelt. Besonders hoch ist dieser Anteil bei den Wählern der AfD und der Linken (Infratest dimap). Obwohl die Linke in diesem Bereich deutlich bessere Kompetenzwerte erzielt als die AfD, kann sie diese Stimmung nicht für sich nutzen und nicht in Wählerstimmen umsetzen.
3. Wählerwanderung und Sozialstruktur
Die SPD kann von der gestiegenen Wahlbeteiligung profitieren und gewinnt 46.000 ehemalige Nichtwähler hinzu. Damit profitiert sie nach der AfD am zweitstärksten von der höheren Wahlbeteiligung. Zugleich kann sie 19 Tsd. Wähler der Linken für sich gewinnen und 6 Tsd. ehemalige CDU-Wähler. Gleichzeitig verliert die SPD aber auch 12 Tsd. Wähler an die AfD, 8 Tsd. an die Grünen und 4 Tsd. an BVB/Freie Wähler.Überdurchschnittliche Verluste verzeichnet die SPD in den mittleren Altersgruppen, bei Arbeitslosen und bei Arbeitern.
Die AfD profitiert am stärksten von der gestiegenen Wahlbeteiligung. 107 Tsd. ehemalige Nichtwähler machen nun ihr Kreuz bei der AfD. Darüber hinaus kann die AfD von allen anderen Parteien Wählerstimmen hinzugewinnen. 28 Tsd. ehemalige CDU-Wähler wechseln zur AfD sowie 12 Tsd. frühere SPD-Wähler. Von der Linken gehen 11 Tsd. Wähler zur AfD. Am geringsten sind die Zugewinne der AfD von den Grünen und BVB/Freie Wähler mit jeweils 2 Tsd. Wählern.
Die AfD schneidet besonders gut ab unter Männern mittleren Alters. Der Unterschied zwischen Männern und Frauen hat sich seit 2014 vergrößert. 2014 wählten 9,5 Prozent der Frauen und 15,0 Prozent der Männer die AfD. 2019 gilt das für 17,7 Prozent der Frauen und 29,2 Prozent der Männer. Jetzt stimmen also deutlich mehr Männer als Frauen für die AfD (Forschungsgruppe Wahlen). Zudem wird die AfD überdurchschnittlich häufig von Bürgern mit niedriger oder mittlerer formaler Bildung gewählt, in diesen Gruppen verzeichnet sie auch überdurchschnittliche Zuwächse. Darüber hinaus schneidet die AfD unter Arbeitern und Arbeitslosen deutlich überdurchschnittlich ab. Beide Gruppen machen aber nur einen kleinen Teil der Wahlberechtigten aus, sodass sie auch in der Wählerschaft der AfD eine eher kleine Gruppe darstellen. Zusätzlich verzeichnet die AfD in ländlichen Regionen höhere Zuwächse als in städtischen.
Auch die CDU kann ehemalige Nichtwähler für sich gewinnen. 32 Tsd. Nichtwähler stimmen nun für die Union. Das sind allerdings die einzigen Zuwächse, die die Union verzeichnen kann. An alle anderen Parteien verliert sie Stimmen. 28 Tsd. Wähler der CDU wechseln zur AfD, je 7 Tsd. zu den Grünen und BVB/Freie Wähler. Weitere 6 Tsd. Stimmen verliert die CDU an die SPD.
Die CDU verliert überdurchschnittlich stark unter den jüngeren und mittelalten Wählern sowie unter Selbstständigen, bei denen sie aber immer noch überdurchschnittlich gut abschneidet.
Die Grünen profitieren ebenfalls von der höheren Wahlbeteiligung, wenn auch in geringerem Maße. 23 Tsd. Nichtwähler können die Grünen für sich gewinnen. Zusätzlich gewinnen sie 12 Tsd. Wähler von der Linken, 8 Tsd. von der SPD und 7 Tsd. von der CDU. Lediglich an die AfD (-2 Tsd.) und die BVB/Freie Wähler (-1 Tsd.) verlieren sie geringfügig.
Die Grünen schneiden besonders gut unter den jüngeren Wählern und hier vor allem den Jüngeren mit hohem formalem Bildungsabschluss ab. Zudem können sie in größeren Gemeinden mehr Stimmen erzielen als in ländlichen Gebieten.
Die Linke kann trotz der hohen Verluste Nichtwähler hinzugewinnen, allerdings mit Abstand am wenigsten von allen Parteien. 13 Tsd. Nichtwähler stimmen nun für die Linke. Zusätzlich kann die Linke von der CDU geringfügig Stimmen gewinnen (+1 Tsd.), an alle anderen Parteien verliert sie jedoch Wähler. 19 Tsd. ehemalige Wähler der Linken machen nun ihr Kreuz bei der SPD. 12 Tsd. wechseln zu den Grünen und weitere 11 Tsd. zur AfD. Damit verliert die Linke bei dieser Wahl weniger Wähler an die AfD als SPD und CDU, allerdings hat sie 2014 schon 20 Tsd. Stimmen an die AfD abgegeben (mehr als CDU und SPD damals). Auch an die BVB/Freie Wähler verliert die Linke 5 Tsd. Wähler.
Die Linke hat bei Arbeitern und Gewerkschaftsmitgliedern überdurchschnittlich hohe Verluste zu beklagen. Bei Gewerkschaftsmitgliedern erzielt sie trotzdem noch ein leicht überdurchschnittliches Ergebnis.
Die BVB/Freie Wähler gewinnt ebenfalls Stimmen aus dem Nichtwählerlager. 19 Tsd. ehemalige Nichtwähler machen nun bei der BVB/Freie Wähler ihr Kreuz. Zusätzlich kann sie von fast allen anderen Parteien leichte Zugewinne verzeichnen. 7 Tsd. Wähler wechseln von der CDU, 5 Tsd. von der Linken und 4 Tsd. von der SPD zur BVB/Freie Wähler. Hinzu kommen noch Tausend ehemalige Grünen-Wähler. Einzig an die AfD gibt die BVB/Freie Wähler 2 Tsd. Stimmen ab.