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KAS- Thüringen

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"Stauffenberg- Mein Großvater war kein Attentäter"

by Steven Bickel

Veranstaltungsbericht

Am 15. Januar 2020 veranstaltete das Politische Bildungsforum Thüringen der Konrad-Adenauer-Stiftung in Kooperation mit dem Katholischen Forum im Land Thüringen/Akademie des Bistums Erfurt eine Lesung des vielbeachteten Buches „Stauffenberg – Mein Großvater war kein Attentäter“ im Bildungshaus „St. Ursula“. „Stauffenberg- Mein Großvater war kein Attentäter“ ist ein 2019 erschienenes Werk der Historikerin, Kommunikationswissenschaftlerin und Enkelin Claus Schenk Graf von Stauffenbergs. In ihrem Buch schildert Freifrau von Bechtolsheim unter anderem ihre Erinnerungen an ihre Großeltern Nina und Claus Schenk Graf von Stauffenberg, sowie die Persönlichkeit und Taten ihres Großvaters und seiner Mitverschwörer.

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Lesung- Stauffenberg- Mein Großvater war kein Attentäter KAS- Thüringen
Lesung- Stauffenberg- Mein Großvater war kein Attentäter

Am 15. Januar 2020 veranstaltete das Politische Bildungsforum Thüringen der Konrad-Adenauer-Stiftung in Kooperation mit dem Katholischen Forum im Land Thüringen/Akademie des Bistums Erfurt eine Lesung des vielbeachteten Buches „Stauffenberg – Mein Großvater war kein Attentäter“ im Bildungshaus „St. Ursula“. Steven Bickel, Referent im Politschen Bildungsforum Thüringen, eröffnete die Veranstaltung und stellte die Autorin, Sophie Freifrau von Bechtolsheim, vor.

„Stauffenberg- Mein Großvater war kein Attentäter“ ist ein 2019 erschienenes Werk der Historikerin, Kommunikationswissenschaftlerin und Enkelin Claus Schenk Graf von Stauffenbergs. In ihrem Buch schildert Freifrau von Bechtolsheim unter anderem ihre Erinnerungen an ihre Großeltern Nina und Claus Schenk Graf von Stauffenberg, sowie die Persönlichkeit und Taten ihres Großvaters und seiner Mitverschwörer. Weiterhin hinterfragt sie, warum ihr Großvater zum Widerstandskämpfer gegen Hitler und das NS-Regime wurde und welche Auswirkungen das auf ihre Familie hatte und hat. Außerdem befasst sie sich mit der Schuldfrage und der Instrumentalisierung des 20. Juli 1944.

Mit einigen allgemeinen Fakten über die Struktur ihres Buches begann Sophie von Bechtolsheim ihre Lesung. Die Haupterzählung erfolgt, so die Autorin, im zweiten Kapitel, wobei das erste Kapitel sich auf die Erzählungen aus ihrer Kindheit konzentriert. Der Einstieg mit dem Titel „Wer war Claus Graf Stauffenberg?“ ist dem Andenken an ihrem Großvater gewidmet. Sie betont dabei, dass sich die Persönlichkeit ihres Großvaters sich nicht darauf reduzieren lasse, ein Attentäter gewesen zu sein. Nach ihrer Vorstellung entspricht er nicht dem Typus eines klassischen Attentäters und seine Persönlichkeit, Moralvorstellungen und Motive auf den 20. Juli 1944 zu reduzieren, werde ihrem Großvater nicht gerecht. Sie vertritt die Auffassung, dass je mehr man sich auf die schriftlichen Monographien verlasse, desto größer die Gefahr sei, dass nicht verschriftlichte Gedanken und Motive verschwiegen werden. Hierbei spielen  innerfamiliäre Erinnerungen ihrer Großmutter, Nina Schenk Gräfin von Stauffenberg, die im Alter von 92 Jahren starb, eine bedeutende Rolle.

Danach sprach Frau von Bechtolsheim über die  Haupthandlung, indem sie Bezug auf die Ereignisse 1944 nahm. Stauffenbergs wesentlicher Antrieb sei gewesen, die Tyrannei des Nationalsozialismus zu beenden. Nach dem gescheiterten Versuch Adolf Hitler zu töten und im Rahmen der Operation Walküre dem Führungskreis der Nationalsozialisten die Machtgrundlage zu entziehen, wurde Claus Schenk Graf von Stauffenberg mit einigen Mitstreitern noch in der Nacht vom 20. zum 21. Juli 1944 im Hof des Berliner Bendlerblocks ermordet. Heinrich Himmler, zu diesem Zeitpunkt Reichsinnenminister und Reichsführer SS, gab in der Folge den Befehl, die Familie Stauffenberg vollständig auszurotten. Durch die mutige Entscheidung zum gewaltsamen Widerstand musste die Familie Stauffenberg schwere Zeiten durchleben, denn für viele Deutsche galt das Handeln des Oberst im Generalstab und der Mitverschwörer noch lange als Verrat. Auch im Alltag sei zu erleben gewesen, dass sich Menschen von der Familie zurückzogen. Bei Fragen der Kinder, Berthold und Heimeran: „Hat Papa wirklich den Führer umgebracht?“, antwortete Nina von Stauffenberg – so die Autorin – stets mit dem Satz: „Er musste es für Deutschland tun“. Überhaupt habe Ihre Großmutter wesentlich mehr gewusst, als es in der damaligen Presse- und Literaturlandschaft dargestellt wurde. Nach Stauffenbergs Tod wurde seine Ehefrau verhaftet und gab während der Verhöre an, dass sie vom Attentat und der Verschwörung nichts gewusst habe. Dies sei von ihr allerdings vor allem so dargestellt wurden, um sich und ihre Kinder zu schützen. Im späteren Zeitverlauf hielt sich Nina Schenk von Stauffenberg gegenüber der Presse zurück, da Interviews und schriftliche Publikationen ihrer Meinung nach negative Bilder in der Öffentlichkeit hinterließen. Ihrer Ansicht nach wurden die Geschehnisse des 20. Juli 1944 zu stark retrospektiv betrachtet und die Motive ihres Mannes oft zu wenig gewürdigt.

Bereits in jungen Jahren stellte sich Sophie von Bechtolsheim die Frage: „Warum hat er es getan?“. Durch ihre späteren Forschungen kam sie zur Erkenntnis, dass ihr Großvater bereit war zu sterben, um Deutschland vom Nationalsozialismus zu befreien, weil er die Verbrechen erkannt hatte. Im Jahre 2007 traf sie auf Ewald-Heinrich von Kleist, der ihr bestätigte, dass das Attentat tatsächlich oft mit der Dolchstoßlegende in Bezug gesetzt wurde. Sicher ist sich die Autorin mit Blick auf Ihre Forschungen, dass Ihr Großvater – obwohl das oft behauptet wurde – nicht an einem Jubelmarsch zur Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 teilgenommen hat, da ein solcher in Bamberg überhaupt nicht stattgefunden habe. Tatsächlich habe Stauffenberg die Geschehnisse mit Skepsis verfolgt und mit Verwunderung auf Hitlers Ernennung zum Reichskanzler reagiert. Wann genau allerdings der Entschluss zum Widerstand gegen das NS-Regime gefallen sei, sei heute nicht mehr eindeutig zu rekonstruieren. Sicher wäre, dass Claus von Stauffenberg Informationen über die Untaten der SS sammelte und wohl 1941 zur Erkenntnis kam, dass Hitler nur durch dessen Tod aufgehalten werden könne. Darüber hinaus setzten sich die Verschwörer mit der Schuldfrage auseinander, da sie sich einerseits für die Menschlichkeit und Freiheit einsetzen wollten aber andererseits wussten, dass sie sich selbst durch das Attentat außerhalb des Rechts setzten.

Im Anschluss an die eindringliche Lesung moderierte der Referent der Konrad-Adenauer-Stiftung das Gespräch mit dem Publikum. Viele Zuhörer bedankten sich für die sehr tiefgehenden und persönlichen Eindrücke, die die Stauffenberg-Enkelin in Ihrer Lesung gab. Nachfragen kamen unter anderem zur Rolle des Kreisauer Kreises, sowie zu Auslandskontakten der Mitverschwörer des 20. Juli. Besonders wurde auch nach der Vereinnahmung Stauffenbergs durch rechte und insbesondere rechtsextreme Gruppierungen gefragt. Sophie von Stauffenberg verwehrte sich eindringlich gegen solche Vereinnahmungen und warnte grundsätzlich davor historische Personen und ihre Entscheidungen für die eigene Meinung zu missbrauchen.

Abschließend bedankte sich Niklas Wagner, Leiter des Katholischen Forums, bei der Referentin und dem Auditorium und beendete die Veranstaltung. Im Anschluss an die Veranstaltung hatte das Publikum noch die Möglichkeit direkt mir der Autorin ins Gespräch zu kommen.       

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