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KAS Bremen

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Leben in einer Diktatur

de Anna Prigge

Schulworkshop mit der DDR-Bürgerrechtlerin Freya Klier

Am 01. und 02. Juli 2019 besuchte die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) Bremen gemeinsam mit der DDR-Bürgerrechtlerin Freya Klier das Gymnasium an der Hamburger Straße und das Alexander-von-Humboldt-Gymnasium. Im Rahmen eines jeweils fünfstündigen Workshops berichtete Klier vom Leben in einer Diktatur und von ihren persönlichen Erfahrungen der Verfolgung durch die Stasi. Anhand eines Films über den 17. Juni 1953 veranschaulichte Klier den Aufstand der Bürgerinnen und Bürger gegen die DDR-Regierung.

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Die Lehrerin Imme Hubig vom Gymnasium an der Hamburger Straße sowie Lehrer Niki Karcher vom Alexander-von-Humboldt-Gymnasium begrüßten ihre Schülerinnen und Schüler zum Workshop und hießen Freya Klier herzlich willkommen. Jana Glose, Tagungsleiterin der KAS, stellte den Schülerinnen und Schülern zunächst die Arbeit der KAS vor und leitete thematisch in die Veranstaltungen ein.

Bevor Freya Klier den Schülerinnen und Schülern anhand ihrer Lebensgeschichte die Skrupellosigkeit der DDR-Führungskräfte vermittelte, betonte sie, dass es auch heute noch über 70 Diktaturen auf der Welt gibt. Die Theaterregisseurin und Schriftstellerin appellierte an die Schüler, Frieden könne es nur durch Demokratie geben.

Klier wurde 1950 ein Jahr nach ihrem Bruder in Dresden geboren. 1953 gab es einen Zwischenfall mit Kliers Eltern und einem Polizisten in einer Straßenbahn. Kliers Vater wollte die Mutter verteidigen, nachdem ein Polizist diese von ihrem Sitzplatz schubste. Daraufhin warf der Polizist ihm vor, „Nieder mit der DDR!“, gerufen zu haben. Trotz Bezeugung der Wahrheit durch den Straßenbahnfahrer und andere Fahrgäste wurde der Vater inhaftiert und die Mutter zur Strafarbeit verpflichtet. So kamen Klier und ihr Bruder ins Kinderheim mit Kindern aus „anderen politisch kritischen Familien“. Die Erzieher, zuvor Anhänger von Hitler, nun zu Sozialisten umgeschult, schärften den Kindern ein, dass ihre Eltern „Feinde des Friedens“ seien.

Beim Volksaufstand vom 17. Juni 1953 forderten eine Million friedliche Demonstranten freie Wahlen und die Wiedervereinigung. „Nach Stalins Tod 1953 trauten sich die eingeschüchterten Menschen langsam wieder auf die Straße“, erklärte Klier. Zu den Ereignissen des 17. Junis zeigte Klier den Schülerinnen und Schülern einen von ihr produzierten Film, in dem das Ausmaß des gewalttätigen Vorgehens von Seiten der Russen anhand von Einzelschicksalen veranschaulicht wurde.

Klier ging in ihrem Workshop ebenso auf das Schulwesen der DDR ein. In jeder Schule gab es Schülerinnen und Schüler, die ihre Mitschüler für die Stasi bespitzelten und diejenigen meldeten, die schlecht über den Staat redeten. Die komplette Einschüchterung der Schüler veranschaulichte Klier durch ein Rollenspiel mit eingeweihten Schülern, in dem eine Taschenkontrolle im Klassenraum simuliert wurde. Das Mittragen von „Schundliteratur“ aus dem Westen wurde mit dem Ausschluss vom Abitur und der Versetzung ans Fließband bestraft. „Studieren durften nur die, die sich angepasst haben“, berichtete Klier. Insbesondere die Jugendlichen standen unter hohem Druck. Somit wies die DDR die zweithöchste Selbstmordrate der Welt auf.

Die Brutalität des Regimes mussten Klier und ihr Bruder am eigenen Leib erfahren. 1966 wurden Kliers Bruder und Freunde von ihm von einem Polizisten mit Texten von den Rolling Stones erwischt. Die Jungs weigerten sich, die Texte auszuhändigen. Daraufhin zückte der Polizist die Waffe und rief ein Polizeikommando, welches die Jugendlichen brutal zusammenschlug. Kliers Bruder wurde ohne öffentlichen Prozess und schriftliches Urteil für vier Jahre inhaftiert. Dort wurde er schwer depressiv und krank.

Von dem Leid ihres Bruders angetrieben, versuchte Klier über die Ostsee aus der DDR zu fliehen. Der Fluchtversuch missglückte jedoch und Klier kam für elf Monate unter schrecklichen Haftbedingungen ins Gefängnis. Kliers Bruder nahm sich 1979 das Leben, nachdem er Psychopharmaka und Elektroschocks in einer Nervenheilanstalt verabreicht bekommen hatte. Das war der entscheidende Moment für Klier in den Widerstand gegen das DDR-Regime zu gehen.

Der Staat verhängte gegen die DDR-Bürgerrechtlerin Berufsverbot und versuchte sie 1984 zur Ausreise in den Westen zu bewegen, damit sie als Theaterregisseurin keinen Widerstand mehr leisten konnte. Doch Klier wollte lieber in der DDR bleiben und dort helfen, die Demokratie zu erbauen. Die Stasi startete nun Mordversuche auf Klier. Sie schnitten die Bremsleitung ihres Autos durch und verübten einen Nervengiftanschlag auf sie. 1988 kam Klier erneut in Haft, bevor sie in den Westen ausgebürgert wurde.

Zum Ende des Workshops kamen die Schülerinnen und Schüler mit Klier ins Gespräch und stellten zahlreiche Fragen zum Leben in der DDR. Klier ermutigte die Jugendlichen gegen Diktaturen weltweit zu kämpfen und sich für die Demokratie einzusetzen.

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Dr. Ralf Altenhof

Dr. Ralf Altenhof

Landesbeauftragter und Leiter Politisches Bildungsforum Bremen

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