Ürituste kokkuvõtted
„Sähe sich Ludwig Erhard die heutige Soziale Marktwirtschaft an, würde er im Grabe rotieren“, mit dieser provokanten These begann Prof. von Laer seinen eineinhalbstündigen Vortrag. Für Erhard hätte soziale Marktwirtschaft vor allem Freiheit auf dem Markt bedeutet, so der Volkswirt. Der Staat – als wichtigste Instanz – müsse diese Freiheit bewusst herbeiführen und sichern, um dem Bürger seine Entfaltungsmöglichkeiten und Eigeninitiative zu ermöglichen. Er müsse aber auch im Gegenzug der Wirtschaft einen Rahmen setzen und verhindern, dass Großkonzerne zu stark würden, die dadurch die Freiheit der Bürger von der anderen Seite einschränken könnten.
Dieser Theorie folgend hätte Erhard 1957 die Einführung der dynamischen Rente heutzutage entschieden abgelehnt. Denn die Rentenreform habe zur großen Abhängigkeit der Rentner vom Staat und damit letztlich zu mehr Unfreiheit beigetragen. Eine eigene private Vorsorge sei dadurch nicht nur scheinbar nicht mehr notwendig, sondern für viele auch finanziell nicht mehr zu gewährleisten.
Prinzipiell sei Erhard aber nicht gegen eine Sozialpolitik gewesen. Vielmehr sollten seine Hilfen in einem „freiheitlichen System“ erfolgen und den Bürger nicht entmündigen. „Subsidiarität, also Hilfe zur Selbsthilfe, sollte das Ziel sein, nicht obrigkeitsstaatliche Betreuung“, erklärte Prof. von Laer. Die Bundesrepublik sollte dabei nicht zum „Regenschirm-Wohlstaat“ verkommen, der die Armen füttert. Übertriebene Sozialleistungen erschafften, so Erhard, einen Staat, der „die menschliche Verantwortung erschlaffen und die individuelle Leistung absinken lässt“. Erhard strebte seinerzeit nach einer „entproletarisierten Gesellschaft fleißiger Eigentumsbürger“, die auf einen staatlichen Regenschirm nur im Ausnahmefall zurückgriffen.
In den letzten Jahrzehnten sei jedoch jene Eigeninitiative von der Erhard sprach – und die das Nachkriegsdeutschland so beflügelte – eher zurückgedrängt worden. Statt Freiheit strebten viele Bürgerinnen und Bürger heute vielmehr nach Sicherheit. Letztere scheine durch einen starken Staat und einer ausgebauten Sozialpolitik eher zu verwirklichen. „Doch sozial heißt letztlich Gleichheit oder zumindest mehr Gleichheit“, betonte Prof. von Laer. Gleichheit und Freiheit ständen jedoch in einem gewissen Gegensatz zueinander. „Denn je mehr Freiheit ich anstrebe, desto größer wird die Ungleichheit und wenn ich im Staat mehr Gleichheit will, dann muss ich die Freiheit einschränken.“ Insofern sei auch der Begriff der „Sozialen Marktwirtschaft“ streng genommen ein Widerspruch in sich. Denn Sozialpolitik kann letztlich nur durch den Staat erzwungen werden, während der „Markt“ als Ordnung, durch Staatseingriffe in seinen Grundfesten gefährdet werde.
Langfristig gesehen würde der soziale Gedanke bzw. der Wunsch nach staatlichen Eingriffen meist siegen. Dies stütze sich auch einer aktuellen Umfrage, die zeige, dass 81 % der Deutschen, soziale Gerechtigkeit als wichtigstes Ziel der Bundesregierung sähen. „Wir mögen’s eben kuschelig“, kommentierte Prof. von Laer die Befragung schmunzelt. Auf lange Sicht schade eine solche Sozialpolitik der Gerechtigkeit sogar, da sie dem System sein ökonomisches Standbein entziehe, nämlich den Markt, der auf Ungleichheit setze.
Soziale Marktwirtschaft bedeute also viel mehr, als nur den Reichen etwas wegzunehmen und es den Armen zu geben. Vielmehr müssten Rahmenbedingungen geschaffen werden, die die positive Wirkungen des Staates erst möglich machten. Im Extremfall müsse der Staat sogar einen Markt erst schaffen, weil er sich von selbst niemals bilden würde. Als Musterbeispiel führte der Volkswirt im Folgenden den Umweltschutz an.
Um die Umweltverschmutzung zu verringern, müssten sich alle Bürger gleichwertig an Sozialabgaben beteiligen. Man müsse sich bei der Erschaffung des neuen Umweltsektors jedoch die Frage stellen, wie dessen Markt genau auszusehen habe. „Soll am Ende ein freier Markt mit all seinen Vor- und Nachteilen stehen oder streben wir ein planwirtschaftliches Regelsystem an?“, fragte Prof. von Laer das Publikum. Denn staatliche Eingriffe in den Wirtschaftsprozess bewirkten häufig genau das Gegenteil von dem, was sie anstrebten. Beispielhaft sei hierfür die Energiewende.
Zwar sei nach der Katastrophe von Fukushima ein radikales Umdenken in der Energiepolitik durchaus nachzuvollziehen, doch müssten die Maßnahmen – auch wenn sie dem hohen Ziel des Umweltschutzes dienten – marktwirtschaftlich eingebettet bleiben. Im Moment wolle die Politik zu viel: Erstens den Atomausstieg und zweitens den Umstieg auf sogenannte alternative Energien. Wind- und Sonnenstrom seien zurzeit zwischen vier bis achtmal so teuer seien wie Atomstrom oder Braunkohle. Die Differenz zahle der Verbraucher. Zwar argumentierten Umweltschützer, dass fossile Brennstoffe immer knapper und somit gemäß der Nachfrage auch immer teurer würden, doch zeige die aktuelle Entwicklung des Weltmarktpreises von Gas das Gegenteil. 2006 sei der Gaspreis in Deutschland und den USA auf dem gleichen Niveau gewesen, heute zahlten deutsche Verbraucher doppelt so viel wie in den USA. Der Strompreis sie insgesamt auf das Dreifache gestiegen. Dies veranlasse viele energieintensive Industrien in die USA abzuwandern, was für die deutsche Industrie langfristig ein Problem darstelle.
In der nachfolgenden, sehr ausführlichen Diskussion wurde besonders die Umsetzung der Energiewende diskutiert. Eduard Hunker beispielsweise kritisierte die zunehmende Regulierungen des Wirtschaftssektors. „Regulierungen treiben nur Regulierungen voran. Von den drei Zielen - dem Umweltschutzes, der Versorgung der Bevölkerung und der Bezahlbarkeit – wurde keines erfüllt“, so der Geschäftsführer der Stadtwerke Schaumburg-Lippe.
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