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Die Ausgangslage für die Arbeit des Parlamentarischen Rats
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Jahrestage sind in Deutschland seit jeher eine schwierige Angelegenheit. Das Jahr 1948 macht dabei keine Ausnahme, gilt es doch sowohl an die Weichenstellungen auf dem Weg zur Bundesrepublik Deutschland, die Berlin-Blockade als auch an den Prozess der Gleichschaltung in der Sowjetischen Besatzungszone auf dem Weg in die DDR zu erinnern. Beides ist eng mit der Geschichte der Union verbunden: der erfolgreiche Aufbau der Sozialen Marktwirtschaft und der parlamentarischen Demokratie im freien Teil Deutschlands ebenso wie der mutige, letztlich freilich erfolglose Widerstand der CDU in der Sowjetischen Besatzungszone gegen die Spaltung Deutschlands und die Etablierung der SED-Diktatur.
Die Ausgangslage 1948 war bestimmt von der Not und den Wirren der Nachkriegszeit. Deutschland war ohne die Ostgebiete in vier Besatzungszonen aufgeteilt. Während in den drei westlichen Zonen die USA, Frankreich und Großbritannien schrittweise den Deutschen politische Rechte zurückgaben, wurde in der Sowjetischen Besatzungszone von der SED der Weg in die Diktatur vorbereitet. Im Vorfeld der Londoner Außenministerkonferenz im Dezember 1947 begannen die deutschen Kommunisten mit der Einberufung eines Parlamentes aus ernannten, nicht gewählten Mitgliedern, des „Deutschen Volkskongresses“, den Weg zur Gründung eines Separatstaates und damit der deutschen Teilung voranzutreiben.
Die CDU in der Sowjetischen Besatzungszone stellte sich diesem Vorhaben entgegen. Ihr Vorsitzender Jakob Kaiser, der als christlicher Gewerkschaftler dem Umkreis des Widerstandes vom 20. Juli 1944 angehört hatte, lehnte die inszenierte „Volkskongressbewegung“ wegen ihrer fehlenden demokratischen Legitimation ab. Seine politische Konzeption, ein geeintes, demokratisches Deutschland als Brücke zwischen Ost und West zu etablieren, war ehrenwert, verkannte aber die politische Realität. Als die Versuche der Sowjets scheiterten, ihn zum Rücktritt zu bewegen, wurde er abgesetzt. Damit wurde der Widerstand von demokratisch legitimierten Parlamentariern innerhalb der SBZ gegen die fortschreitende Transformation in eine Diktatur weitgehend unmöglich.
Parallel zur Stalinisierung der SBZ verschlechterten sich die Beziehungen zwischen den westlichen Alliierten und der Sowjetunion im Frühjahr 1948 weiterhin. Der Verfall der Reichsmarkwährung in Folge des von Hitler durch Kredite finanzierten Krieges, aber auch der ungehemmten Geldschöpfung der Siegermächte zur Begleichung der Besatzungskosten sowie das fehlende Warenangebot machte einen Währungsschnitt zur Gesundung der Wirtschaft notwendig. Da eine Verständigung mit den Sowjets nicht möglich war, entschlossen sich die Westalliierten nach längerer Vorbereitung am 20. Juni 1948 zur Einführung einer neuen Währung. Die unter der Leitung Ludwig Erhards, des späteren Wirtschaftsministers, konzipierte Wirtschaftsreform stabilisierte die neue Währung. Aufgrund der leidvollen Erfahrungen mit staatlichen Eingriffen in das Währungssystem, besonders in der NS-Zeit, wurde streng darauf geachtet, die spätere Bundesbank als Hüterin der neuen Währung von politischer Einflussnahme frei zu halten. Einen ähnlichen Ansatz verfolgte Erhard auch für das gesamte Wirtschaftsleben: Anders als viele seiner Zeitgenossen war er davon überzeugt, dass die staatlich gelenkte Zwangswirtschaft in beiden Weltkriegen, der NS-Zeit und der Nachkriegszeit ein wesentliches Hemmnis für eine Gesundung der deutschen Wirtschaft sei. Ganz konsequent fielen deshalb mit der Währungsreform die meisten Bewirtschaftungszwänge. Der Erfolg der neuen Deutschen Mark im Verbund mit dem Konzept einer möglichst staatsfreien „Sozialen Marktwirtschaft“, so wie sie Erhard proklamierte, entschied in der bundesdeutschen Öffentlichkeit die Auseinandersetzung zwischen sozialistischen und wirtschaftsliberalen Politikansätzen klar zugunsten letzterer.
Waren die Abspaltung der SBZ und die Währungsreform schon wesentliche Weichenstellungen für die Entwicklung in Deutschland, so ist doch die Erfolgsgeschichte der Bundesrepublik nach zwei verlorenen Kriegen und immer im Kontrast zur kommunistischen Diktatur in Ostdeutschland nicht denkbar ohne die Rolle Konrad Adenauers im Parlamentarischen Rat und der frühen Bundesrepublik. Der ehemalige Oberbürgermeister von Köln hatte die Verfolgung durch die Gestapo überlebt und wurde nach Kriegsende wieder in sein altes Amt eingesetzt. Trotz seiner erneuten Absetzung durch die britische Besatzungsmacht stieg er schnell zu einem der wichtigsten Politiker in den westlichen Zonen auf. Als nach der Übergabe der Frankfurter Dokumente im Juli 1948 im September der Parlamentarische Rat zusammentrat, um eine deutsche Verfassung zu beraten, wurde Adenauer zu seinem Präsidenten gewählt. Die SPD, die sich darauf konzentriert hatte, Carlo Schmid zum Vorsitzenden des Hauptausschusses wählen zu lassen, sah sich getäuscht: In der deutschen Öffentlichkeit wurde Konrad Adenauer als der wichtigste deutsche Politiker wahrgenommen.
Während der Beratungen – der Parlamentarische Rat trat am 1. September 1948 zusammen und verabschiedete am 8. Mai 1949 das Grundgesetz – versuchte die Sowjetunion, durch die Berliner Blockade (24. Juni 1948 bis 12. Mai 1949) die westlichen Alliierten aus Berlin herauszudrängen und die ehemalige Reichshauptstadt in ihren Machtbereich einzugliedern. Diese unverhüllte Bedrohung stärkte den antitotalitären Grundkonsens im Parlamentarischen Rat. Bei der deutschen Bevölkerung wurde die Berliner Luftbrücke zum Symbol der erfolgreichen gemeinsamen Abwehr einer kommunistischen Bedrohung und verbesserte die Beziehungen zu den westlichen Besatzungsmächten.