Bereits in der ersten Hälfte des Jahres 2022 gab es 12 Tage, an denen 30 °C und mehr in Deutschland gemessen wurden – und der Sommer dauert an. Seit den 1960er Jahren hat die Zahl der Hitzetage deutlich zugenommen und Klimaexpertinnen und -experten warnen, dass die Temperaturen durch die Erderwärmung weiter steigen werden. Parallel führt der demographische Wandel zu einer fortschreitenden Alterung und damit Zunahme hitzeempfindlicher Menschen in der Gesellschaft. Aufgrund des Zusammenspiels dieser Entwicklungen muss Hitze als langfristige gesellschaftliche Herausforderung begriffen werden. Dafür bedarf es gesellschaftlicher und politischer Antworten.
Hitze gefährdet die Gesundheit und fordert zunehmend Todesopfer
Laut Medizinerinnen und Medizinern kann Hitze zu Erschöpfung, Übelkeit, Schlafproblemen, einem Hitzekollaps sowie zu einer Verstärkung bereits bestehender Erkrankungen führen. Andauernde Hitzeperioden fordern zudem viele Todesopfer. Schätzungen des Robert-Koch-Instituts, der Charité und des Deutschen Wetterdienstes zufolge hat es zwischen 2001 und 2015 etwa 38.600 durch Hitze bedingte Todesfälle gegeben, darunter jeweils 7.600 und 6.100 in den Hitzesommern 2003 und 2015. Auch mit Blick auf die Jahre 2018 bis 2020 ist in Fachkreisen von außerordentlich vielen hitzebedingten Sterbefällen die Rede. Über 75-Jährige und insbesondere über 85-Jährige seien überproportional gefährdet, an durch Hitze verstärkten Herz-Kreislauf-, Atemwegs-, Nierenerkrankungen oder Herzinfarkten zu versterben.
Demographischer Wandel verschärft die Gefährdung
Neben Kleinkindern und chronisch Kranken sollten laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung vor allem ältere Menschen vor der Hitze auf der Hut sein. Im höheren Alter würden körperliche Leistungsfähigkeit häufig ab- und Beeinträchtigungen zunehmen, außerdem verspüre man seltener Durst und schwitze weniger, sodass Ältere noch stärker mit Überhitzung, Dehydrierung und weiteren hitzebedingten gesundheitlichen Beschwerden zu kämpfen hätten. Aktuell leben rund 16 Millionen Menschen in Deutschland, die 67 Jahre oder älter sind. Durch die demographische Entwicklung wird die Zahl Prognosen zufolge bis 2035 auf 20 Millionen ansteigen – der demographische Wandel verstärkt die Problematik. Es nehmen nicht nur die Hitzewellen zu, sondern infolge der Alterung der Bevölkerung gibt es auch immer mehr Menschen, die besonders vulnerabel gegenüber Hitzebelastungen sind.
Informationskampagnen und Anpassungsmaßnahmen zum Hitzeschutz
Laut einer aktuellen Forsa-Umfrage für die DAK Krankenkasse bereiten Extremwetter und Hitzewellen 70 Prozent der Deutschen große Sorgen und über zwei Drittel wünschen sich, dass mehr getan wird, um die negativen Auswirkungen der Hitze einzudämmen. Was aber kann unternommen werden? Einige Stimmen aus Politik und Verbänden, wie bspw. die Bundesärztekammer, fordern einen bundesweiten Hitzeaktionsplan. In Italien, Frankreich und Spanien gibt es bereits derartige Klimanotpläne auf nationaler Ebene, das Bundesgesundheitsministerium nimmt jedoch bislang Abstand von solchen nationalen Vorgaben aufgrund der originären Zuständigkeit der Kommunen. Allerdings haben bislang nur wenige Städte- und Gemeinden eigene Hitzeaktionspläne erstellt. Experten weisen zudem darauf hin, dass die Gefahren, die von der Hitze für den Menschen ausgehen, oftmals noch unterschätzt werden.
Aufklärungskampagne und Zuschuss für sozial und finanziell Ärmere
Eine bundesweite Aufklärungskampagne könnte helfen, das Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger zu schärfen und ihnen die Gefahren und Möglichkeiten zum Umgang mit Hitze niedrigschwellig über verschiedene Kanäle zu kommunizieren. So könnten gesundheitliche Ratschläge in etwa zu Flüssigkeitszufuhr, Bewegung und Kühlungsmöglichkeiten bei Hitze weiterverbreitet werden. Daneben ist die Informationslage zu den staatlichen Fördermöglichkeiten im Bereich Wärmeschutz und Klimasysteme zu verbessern. Hierbei sollte auch berücksichtigt werden, dass finanziell schlechter gestellte Menschen Untersuchungen zufolge aufgrund ihrer Wohnlage und -ausstattung häufig in besonderem Maße von den Auswirkungen der Hitze betroffen sind. CSU-Gesundheitssprecher Stephan Pilsinger (MdB) schlägt deshalb vor, über einen Zuschuss für sozial und finanziell ärmere Menschen nachzudenken.
Klimaangepasste Städteplanung als Schlüssel zur Hitzebewältigung
Durch den sogenannten Hitzeinseleffekt, wonach versiegelte Flächen und Gebäude verstärkt Sonnenstrahlung speichern und die Umgebung erwärmen, kommt es vor allem in Städten zu erhöhten Temperaturen. Fachleute betonen deshalb die Bedeutung von Klimaoasen, Kühle und Schatten spendenden Grünräumen, in urbanen Gebieten. Insgesamt wird eine klimaangepasste Städteplanung als Schlüssel zur Hitzebewältigung in Städten angesehen. Schließlich sollten politische Maßnahmen auch die Situation in Pflege- bzw. Altenheimen und in Krankenhäusern, die infolge der Hitze mit höheren Patientenzahlen konfrontiert werden, berücksichtigen. Sowohl die deutsche Krankenhausgesellschaft als auch der Arbeitgeberverband Pflege verweisen auf Ausstattungsdefizite in vielen Einrichtungen und einen Personalmangel. Damit einhergehend werden Rufe nach finanzieller Unterstützung für klimagerechte Anpassungen und energetische Sanierungen im Gesundheitssektor laut. Es besteht also auf verschiedenen Feldern und politischen Ebenen Handlungsbedarf. Aber auch die Gesellschaft als Ganzes ist gefordert, durch mehr Achtsamkeit zum Schutz vulnerabler Gruppen beizutragen, damit auch bei zunehmender Hitze alle Altersgruppen „cool“ bleiben.
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