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Politsnack

Was ist Faschismus? Ursprünge und Wesensmerkmale

de Dr. Frank Schuhmacher
Der Begriff ‚Faschismus‘ und auch Ableitungen wie ‚Faschist‘ werden heutzutage polemisch gebraucht. In ihnen drückt sich vage eine Abwertung gegenüber rechten Politikbekenntnissen oder anti-liberalen Haltungen aus. Der Faschismus-Begriff soll hier klarer, d.h. historisch umrissen und mit eindeutigen Merkmalen versehen, erklärt werden.

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Der Faschismus entstammt als Krisenphänomen dem Ersten Weltkrieg und wurde, wenn man ein konkretes Datum nennen möchte, 1919 als reaktionärer Kampfbund (von daher auch der Name: fasci di combattimento) in Italien gegründet. Als erster Faschist gilt Benito Mussolini, der Italien von 1922–1945 regierte und eine faschistische Diktatur errichtet hatte. Diese wurde Vorbild für andere faschistische Bewegungen in ganz Europa, u.a. auch für sein deutsches Pendant, den Nationalsozialismus.

 

Der Begriff ‚Faschismus‘ und auch Ableitungen wie ‚Faschist‘ werden heutzutage polemisch gebraucht. In ihnen drückt sich vage eine Abwertung gegenüber rechten Politikbekenntnissen oder anti-liberalen Haltungen aus. Der Faschismus-Begriff soll hier klarer, d.h. historisch umrissen und mit eindeutigen Merkmalen versehen, erklärt werden.

 

Einordnung: Ursprünge des Faschismus

 

Historisch gesehen erlebte der Faschismus seine Hochphase vor dem Zweiten Weltkrieg. Neben Italien breitete er sich ebenfalls in Deutschland, Österreich, Portugal, Spanien und Japan aus. Nach dem Weltkrieg gab es sowohl faschistische Rumpfparteien (Movimento Sociale Italiano oder Sozialistische Reichspartei) wie neofaschistische Parteien (z.B. Republikaner oder NPD).

 

Der Faschismus muss als Ausdruck eines krisenhaften Bewusstseins gedeutet werden, d.h. er reagierte auf das allgemein verbreitete ‚Unbehagen an der Kultur‘ (S. Freud) im frühen 20. Jahrhundert. Die Moderne mitsamt ihren Erscheinungen wie Arbeitsteilung, Individualisierung, Verstädterung, Demokratisierung führten in bestimmten intellektuellen Kreisen zu einer massiven Verunsicherung und Desorientierung. Dies alles wurde als Verlust einer gegebenen Ordnung, als Sinnkrise empfunden und der Erste Weltkrieg als Ausbruch aus einer überkommenen, dekadenten Epoche gedeutet (Krieg als Hygiene).

Definition des Faschismus

Eine allgemein anerkannte Definition des Faschismus gibt es nicht, da innerhalb der Forschung noch immer zu wenige Vergleichsstudien zu den konkreten Ausprägungen vorhanden sind. Es lassen sich aber Merkmal aufführen, die zumindest für den italienischen wie deutschen Faschismus Gültigkeit beanspruchen können. Als ‚faschistisches Minimum‘ (E. Nolte) lässt sich Folgendes festhalten:

 

Der Faschismus war ein Ultra-Nationalismus, der mit aller Radikalität die Nation und deren Wiederaufstieg zu neuer bzw. alter Größe verfolgte (Imperium der Römer, germanisches Großreich). Die Nation wurde in diesem Zuge nicht nur Fluchtpunkt aller politischen und kulturellen Bemühungen, sondern gleichzeitig sakral aufgeladen und somit jeglicher Kritik enthoben. Die Nation bzw. dessen Träger, das Volk, wurde als integrativer Faktor eingesetzt (Volksgemeinschaft), dem alles – meist in militärisch-hierarchischer Weise – untergeordnet wurde. Die nationale Zugehörigkeit ist in dieser Sicht nicht aufkündbar, da Identität und Wesen eines jeden als etwas Biologisches (Rasse) gedacht wurde.

 

Der Faschismus muss allerdings jenseits eines einfachen Links-Rechts-Schemas gesehen werden, denn er vereinte in sich auch linke Elemente. Der aus dem Sozialismus stammende Klassenkampf wurde auf internationale Ebene gehoben, was auch am Namen der National-Sozialisten deutlich wurde.

 

Kampf und Krieg nahmen im Denken der Faschisten eine Schlüsselstellung ein (Sozialdarwinismus): Das Leben wurde als aggressive Auseinandersetzung mit Feinden (Juden, Bolschewisten, Liberale, etc.) aufgefasst und mit einem tieferen, heroischen Sinn versehen. Auf geistesgeschichtlicher Ebene richtete sich ihr Kampf folglich gegen die Ideale der Französischen Revolution von 1789 (Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit). Ziel des Ganzen sollte eine neue Ordnung in Staat und Wirtschaft sein und als Letztziel die Schaffung eines ‚neuen Menschen‘ (Römer/Arier) verwirklicht werden. Der Faschismus wollte also nie nur eine Partei oder Bewegung, sondern immer zugleich sinnstiftende Weltanschauung sein.

 

Zur Erlangung für diese ‚totalitären‘, d.h. gesellschaftsdurchdringenden Ziele wurden die Parteien ausgeschaltet (=> Einparteien-System) und die Macht in einem durch Personenkult gestützte Führer-Figur (Mussolini/Hitler) gebündelt. Darin drückte sich das autoritäre Element des Faschismus aus. Dementsprechend war das Mediensystem gestaltet: Verbot der Meinungsfreiheit, Steuerung der Medien von oben und staatliche Propaganda auf allen erdenklichen Ebenen sollten Zustimmung und Konsens für die Regime sichern. Zwang, Gewalt, und Vernichtung bildeten die zweite wichtige Stütze faschistischer Herrschaft und gipfelten in (kolonialen) Angriffs-und Vernichtungskriegen (Holocaust).

 

Zusammenfassung

 

  • Zwischen italienischem und deutschem Faschismus bestand nur ein gradueller Unterschied.
  • Die Moderne löste eine tiefgreifende Sinnkrise aus (Verlust von Ordnung), auf die der Faschismus eine vermeintliche Antwort geben wollte.
  • Der Faschismus vereint linke wie rechte Elemente in oft widersprüchlicher Art.
  • Ziel ist die radikale Erneuerung (Größe) der Nation.
  • Das Mindset des Faschisten strukturiert sich als Kampf und somit in Dichotomien (wir vs. die anderen / Feinde)
  • Mittel der Herrschaftssicherung sind Personenkult und Durchdringung des Mediensystems (Propaganda), ergänzt durch exzessive offene wie latente Gewalt.

Über den Autor

Dr. Frank Schuhmacher ist Dozent am Seminar für Allgemeine Rhetorik der Eberhard Karls Universität Tübingen und promovierte über die faschistische Rhetorik des italienischen Diktators Benito Mussolini.

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Rund um die Themen Kommunikation, Kampagnenmanagement und Digitale Strategie gibt der Blog Einblicke in aktuelle Trends der Politischen Kommunikation. Kommunikationsexpertinnen und -experten geben innovative, praktische Tipps für die politische Kampagne und für die Umsetzung.

Saskia Gamradt

Saskia Gamradt

Politische Kommunikation

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