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Chinas Finanzsystem wackelt

Հյուրատետր Dr. Jan Cernicky

Was bedeutet das für deutsche Investitionen in China?

Spätestens seit vor gut einem Jahr bekannt wurde, dass der chinesische Immobilienentwickler Evergrande unter seiner immensen Schuldenlast zusammenzubrechen droht, ist deutlich geworden, dass das chinesische Finanzsystem Schwächen hat. Die Situation spitzt sich nun dramatisch zu: allein in den letzten Tagen wurde bekannt, dass mit „Country Garden“ ein weiterer Immobilienkonzern in Zahlungsschwierigkeiten steckt; dies gilt auch für den großen Treuhandfonds „Zhongrong International“. Der chinesische Yuan ist so weit gefallen, dass chinesische Banken auf dem Devisenmarkt intervenierten, um den Kurs zu stabilisieren.

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Was bedeutet das für die deutsche Wirtschaft? Klar ist, dass im Zweifel die chinesische Regierung auch kurzfristig sehr weitreichende Änderungen durchsetzt. So berichtet der Publizist und Analyst Shi Ming, dass nach dem chinesischen Börsencrash 2015 die öffentliche Kreditvergabe an private Unternehmen radikal reduziert, dafür aber die private Kreditvergabe im Rahmen von „peer to peer lending“ weitgehend akzeptiert wurde. Teilnehmer an diesem parallelen Kapitalmarkt mussten wiederum 2019 immense Verluste einstecken, wobei ein – früher übliches – staatliches Eingreifen zur Unterstützung ausblieb. Infolge dieses Vertrauensverlustes wird in China bis heute kaum privat Geld verliehen. Das wiederum hatte den Effekt, dass der Staat stärker als Geldgeber einspringen und sich dafür vermehrt im Ausland Geld leihen musste.  

So sind Chinas Schulden seit 2019 stark gestiegen. Der Schuldenstand des Riesen erscheint aktuell zwar nicht besorgniserregend hoch, doch kann sich dieser sehr schnell signifikant erhöhen, wenn quasi-staatliche Unternehmen ihre Schulden nicht mehr bedienen können. Dann muss der Staat sichtbar eingreifen und diese Schulden offiziell übernehmen. 

Durch den steigenden Schuldendienst in ausländischer Währung ist es für China somit unangenehm, wenn der Außenwert des Yuan sinkt. Es ist naheliegend, , dass die chinesische Regierung - neben Interventionen auf den Devisenmärkten - versucht, den Abfluss von Yuan ins Ausland zu reduzieren und dabei nicht nur den Wechselkurses im Blick hat. In der aktuellen deflationären wirtschaftlichen Lage ist es wichtig, dass mehr Geld im Inland ausgegeben wird.

Die baldige Einführung harter Devisenverkehrskontrollen in China ist kaum zu erwarten. Doch hat die KP in der Vergangenheit oft gezeigt, dass sie kreative Lösungen findet, ihre Ziele auch unterhalb von formalen Anordnungen zu erreichen. Es wird sicher noch schwieriger werden, in China erzielte Gewinne außer Landes zu bringen.

Dies wird den ohnehin stattfindenden Prozess des De-Couplings beschleunigen. Allein aufgrund geopolitischer Risiken verstärken globale Unternehmen zunehmend die Selbständigkeit ihrer lokalen Einheiten in China. Durch die oben beschriebenen Prozesse auf den Finanzmärkten wird sich dies verstärken. Denn wenn Gewinne nur schwer aus China herausgebracht werden können, gibt es kaum andere Möglichkeiten, als sie vor Ort zu reinvestieren. 

Eine weitergehende Entkopplung der beteiligten Konzerne, die bis zur kompletten Aufteilung in eine juristisch selbständige chinesische AG und eine AG für ‚den Rest‘ der Welt gehen kann, erscheint naheliegend. Für global aufgestellte Aktiengesellschaften ist das prinzipiell kein unüberwindbares Problem: die Aufsplittung von Konzernen ist ein in den letzten Jahren oft durchgeführter Prozess. Für den Standort Deutschland wäre eine solche regionale Aufteilung deutscher Großkonzerne aber fatal, da damit nicht nur Steuereinnahmen, sondern auch global ausgerichtete Entwicklungsabteilungen verloren gingen. 

Dieses Problem erscheint deutlich drängender als die leidigen Diskussionen über Abhängigkeiten im Außenhandel. Im Englischen würde man diese Beobachtung als „grey rhino“ bezeichnen: als ein Problem, das eigentlich bekannt ist, das aber – abgesehen von der halbherzigen Reduzierung der Hermes-Bürgschaften für China-Investments – von der Bundesregierung nicht angegangen wird. Investitionen in China sollten auf keine Weise mehr politisch unterstützt werden, es ist Zeit für eine Strategie, mit der der Tendenz der Entkopplung deutscher Niederlassungen in China entgegengewirkt wird. 

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Dr. Jan Cernicky

Dr. Jan Cernicky

Leiter der Abteilung Wirtschaft und Innovation

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