Politisches System in Belarus
Ein Volk – zwei neue Vertretungen?
In Frühjahr 2024 kamen die Belarusen in den „Genuss“ der Erneuerung zweier politischer Organe, die beide für sich beanspruchen, das Volk zu vertreten, wenn auch auf diametral entgegengesetzte Weise: Die Allbelarusische Volksversammlung, eingesetzt durch Lukaschenka, soll als neue Superinstanz dessen persönliche Herrschaft und den Fortbestand des autoritären Systems sicherstellen und erfüllt gleichzeitig eine Forderung Vladimir Putins nach inneren Reformen in Belarus. Besetzt mit 1.200 Loyalisten ist sie zudem künstliches Abbild einer „idealen Gesellschaft“ in den Augen des Herrschers, die den politischen Gegner, also die Mehrheit des Wählervolkes, von der Teilhabe ausschließt. Den demokratischen Kräften im Exil hingegen führten mit den Wahlen zum Koordinierungsrat die wohl erste belarusische demokratische Wahl seit 1994 durch. Technisch geglückt, gelang es ihnen jedoch kaum, größeres Interesse in der Bevölkerung zu wecken, da Mandat, Funktion und Wirkmöglichkeiten des „Protoparlaments“ unklar bleiben. Wie beide funktionieren, zustande kamen und sich in die aktuelle politische Lage in und um Belarus einfügen, analysiert dieser Bericht.