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Winckelmann und das Antikenfieber
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Anfang Juni 1768 war J.J. Winckelmann im Auftrag des Papstes inkognito auf Rückreise von einer Audienz bei Kaiserin Maria Theresia in Wien. Wenige Tage später sollte er in Rom eintreffen, um seine Arbeit als Kurator der vatikanischen antiken Kunstschätze wieder aufzunehmen. Er wird dort nie ankommen.
Der venezianische Papst Clemens XIII. hatte Winckelmann 1763 als Konservator in den Vatikan berufen. Er sollte die päpstliche Antikensammlung ordnen, die Werke katalogisieren, datieren, und sie erstmals Stilepochen zuordnen. Zudem hatte er die Aufgabe, hochstehende Reisende durch Rom zu führen.
Johann Joachim Winckelmann entstammte allerkleinsten Familienverhältnissen. Er war 1717 als Sohn eines Schusters in Stendal bei Magdeburg geboren. Dann hatte er Theologie und Geschichte studiert, als Bibliothekar gearbeitet und von Antikensehnsucht getrieben, sich Kenntnisse der griechischen Kunst und Mythologie erworben. Als Leiter der Bibliothek des Grafen von Bünau auf Schloss Nöthnitz bei Dresden knüpfte er erste Kontakte mit dem päpstlichen Nuntius Alberico Archinto, der ihm den Weg nach Rom – seinem ersehnten Ziel- ebnete. Bedingung vor der Abreise war die Konvertierung zum Katholizismus.
Im Herbst 1755 kam Winckelmann mit einem Stipendium des sächsischen Kurprinzen Friedrich Christian in Rom an. Anfangs logierte er im Palazzo Zuccari, inmitten des internationalen Künstlerquartiers an der Spanischen Treppe. Gegenüber wohnte der Maler Raphael Mengs, ebenso vom Dresdner Hof kommend, freundeten sie sich beide schnell an. Mengs wurde Winckelmanns wichtigster Gesprächspartner und wird die gemeinsamen Ideen zur antiken Kunst später in seinen Gemälden realisieren. Winckelmanns Mäzen und Förderer in Rom wurde der kultivierte und kunstsinnige Kardinal Albani, der ihn in seinem Palast an der Via Quattro Fontane aufnahm, wo Winckelmann die Bibliothek und die große Antikensammlung des Kardinals ordnete und dieses Wissen später in einem Buch zusammenfasste: „Die Geschichte der Kunst des Altertums“ (1764 erschienen).
Mit diesem Buch unter dem Arm, pilgerten im 18./19. Jahrhundert unzählige Kulturreisende nach Rom, so auch Goethe und Herder. Der große Antikengelehrte aus Stendal war nach wenigen Jahren in Rom zu einem geistigen Idol geworden. Erstmals hatte er den Römern und allen Romreisenden von nördlich der Alpen die Augen geöffnet für die Schönheit der antiken klassischen Kunstwerke und auf die damit verbundenen ethischen Werte aufmerksam gemacht. Die Statue des ‚Apoll von Belvedere ’ in den Vatikanischen Museen war für ihn der Inbegriff klassischer Schönheit. In der perfekten, idealisierten Form sah er den höchsten Ausdruck der griechischen Kunst verkörpert. Winckelmann träumte von einer Erneuerung der Kunst der Gegenwart durch das Vorbild der griechisch-klassischen Kunst, die uns in Form von Kopien aus römischer Zeit erhalten war. Er fand diese Werke unübertrefflich. Ihr allein sprach er Modellcharakter zu. Die höchste Aufgabe der Kunst sei es, so Winckelmann‚ „Schönheit“ darzustellen. Das war die Geburt des Klassizismus aus dem Geist der Antike.
Das Anschauen von Kunstwerken sollte aber nicht bloße Wissensansammlung sein, sondern auch eine sinnliche Erfahrung, ein emotionales Erlebnis! Der große Erfolg seiner Bemühungen basierte darauf, dass er seine Ideen vor den Kunstwerken anschaulich vermittelte. Winckelmann entwickelte zudem neue Kriterien für die Beschreibung und Deutung der Kunstwerke.
Doch damit nicht genug – der Antikengelehrte aus Stendal war geradezu von einem missionarischen Eifer besessen, vor allem der jungen Generation neue Ideale zu vermitteln und das Interesse an klassischer Kunst zu wecken. Er war tief davon überzeugt, dass der gute Geschmack, wie ihn die Griechen und die Kunst der Renaissance verwirklicht haben, lehrbar sei. Der eigentliche Antrieb für sein leidenschaftliches Antikenstudium war seine negative Sicht auf die eigene Gegenwart, der er sein Ideal der klassischen Kunst entgegensetzte, in der Hoffnung, diese so zu verbessern. Nur in der klassischen Kunst sah er das moralische Ideal und Modell, den Menschen „über die Materie zu erheben“. Von seinem Antikenfieber gepackt, verbrachte er selbst jede freie Minute im Museum, um einzelne Werk genau zu inspizieren, dabei kam er einer Statue der Göttin Minerva so nahe, dass sie ihn um ein Haar erschlagen hätte.
Am besagten Junianfang 1768 war Winckelmann in Wien abgefahren, es sollte sich daran noch eine geplante Deutschlandreise anschließen. Kurzfristig entschied er dann, doch direkt nach Rom zurückzukehren und nahm die Postkutsche bis nach Triest. Dort stieg er in einem Hotel ab, um am anderen Tag mit dem Schiff nach Ancona zu gelangen und von dort mit dem Postwagen weiter nach Rom. In Rom kam Winkelmann nie an. Er wurde auf grausame Weise in seinem Hotelzimmer in Triest ermordet. Sein Leben endete mit nur 51 Jahren. Das wahre Motiv der Tat ist bis heute nicht geklärt. Hatte er ein mysteriöses Doppelleben geführt oder den Verstand verloren? Später wurde ihm in Triest im Garten des dortigen „Museo Lapidario“ ein Grabdenkmal in Tempelform geschaffen.
Weiter geht der Rundgang mit 'Anton Raphael Mengs. Der neue Raffael aus Dresden'