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Durchschlagskraft oder Lethargie – Wer wird das neue Gesicht der Afrikanischen Union?

Lukas Kupfernagel, Martino Faccenda

Die Kandidaten für den Vorsitz der AU-Kommission im Porträt

Die Afrikanische Union wählt – genauer gesagt wählen die Staatsoberhäupter der 54 Mitgliedsstaaten am 15. und 16. Februar 2025 einen neuen Vorsitzenden der AU-Kommission, welcher gemeinsam mit seinen Kommissaren und den verschiedenen Unterorganisationen die Institution mit neuem Schwung führen soll. Dass dies kein einfaches Unterfangen ist, liegt auf der Hand. Doch wer sind die Kandidaten, für was stehen sie und was bedeutet dies für die Zusammenarbeit mit Europa und mit Deutschland?

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Die Afrikanische Union im Jahr 2025

Die Afrikanische Union (AU) ist eine oft kritisierte Organisation. Große Teile der afrikanischen Bevölkerung bewerten die AU als ineffizient und als zahnlosen Tiger. Gleichzeitig schwingt die Hoffnung mit, dass sie das Instrument zu einer stärkeren Stimme Afrikas auf globaler Bühne werden kann. Für viele Mitgliedsstaaten ist sie vor allem eines – teuer. Ca. 75 Prozent des Budgets der AU werden aber von internationalen Geldgebern getragen. Deutschland zahlte im Jahr 2022 allein rund 100 Millionen € über die GIZ und KfW ein[1]. Mit sinkenden Entwicklungsbudgets wird es für Deutschland und andere Geberländer immer wichtiger, dass die AU deutlich effizienter wird und dabei auch gleichzeitig die eigene Schlagkraft und Sichtbarkeit erhöht. Denn Afrika rückt immer mehr in den Fokus geopolitischer Entwicklungen. Afrika ist nicht mehr nur Empfänger von EZ-Zuwendungen, sondern viel mehr Katalysator von globalen Entwicklungen, welche sich unmittelbar auf den Kontinent auswirken. Umso wichtiger also, dass die AU eine ernstzunehmende Stimme bei der Lösung globaler Herausforderungen wird.

Vor dem Hintergrund von Kriegen (Sudan), Krisen (Kongo und Sahel), politischen Unwägbarkeiten, dem bisherigen Ausbleiben eines tragfähigen Wirtschaftswachstums und dem gleichzeitigen Streben nach einer stärkeren Selbstständigkeit bekommt die Afrikanische Union nun eine neue Führung. Auch wenn der Kommissionsvorsitz kaum Richtlinienkompetenzen mit sich bringt und die inhaltliche Ausgestaltung von den ebenfalls neu gewählten sechs Kommissaren und ihren Teams abhängig sein wird, so erhofft man sich doch mehr Führung, nicht nur reines Management.

Hier wollen wir jetzt die drei Kandidaten für den Vorsitz vorstellen. Ihre Prioritäten und Wahlversprechen werfen ein Schlaglicht auf die politischen Herausforderungen und strukturellen Schwächen, die die Organisation 23 Jahre nach ihrer Gründung prägen:

 

Der Favorit – Raila Odinga

Raila Odinga ist ein Urgestein der kenianischen Politik. Fünf Mal trat er als Präsidentschaftskandidat Kenias an. Von 2008 bis 2013 war er Premierminister unter Präsident Mwai Kibaki. Er gilt für viele Expertinnen und Experten als der Favorit auf den Posten als Kommissionspräsident. Kenia ist im Vergleich zu den anderen beiden Herkunftsländern der Kandidaten ein politisches und wirtschaftliches Schwergewicht in Ostafrika und hat eine nicht zu unterschätzende politische Reichweite. Diese nutzte es in Vorabkonsultationen, um für den eigenen Kandidaten zu werben. Kenia ist Vorreiterin des Panafrikanismus, pflegt aber gleichzeitig auch exzellente Beziehungen zu den USA und Europa.

Als erfahrener Berufspolitiker steht der 80-jährige Raila, so wie er in Kenia gerufen wird, vor allem für wirtschaftlichen Aufschwung, Infrastrukturprojekte und finanzielle Unabhängigkeit der AU durch ein gesteigertes Investment des afrikanischen Privatsektors.

Für ihn sind die beiden Flaggschiffprojekte „PIDA“ (Program for Infrastructure Development in Africa) und das panafrikanische Freihandelsabkommen (AfCFTA) Schlüssel zur Realisierung seiner Vision für ein finanziell unabhängiges Afrika. Gleichzeitig fokussierte er große Teile seiner Reden auf die Einbindung der Jugend in Entscheidungsprozesse der AU und seiner Mitgliedsstaaten. Vor allem beim Thema Infrastruktur greift er auf seine Erfahrung als Hoher Repräsentant für Infrastrukturfragen der Afrikanischen Union zurück. Diesen Posten hatte er von 2018 bis 2023 inne.

Sowohl PIDA als auch das AfCFTA stehen hoch auf der Prioritätenliste der EU in ihrer Zusammenarbeit mit der AU. Die Global Gateway Initiative möchte mit ambitionierten Korridorprojekten den innerafrikanischen Handel erleichtern und damit auch die großflächige Realisierung des AfCFTA vorantreiben. Doch auch politisch sieht es so aus, als sei Odinga der EU wohlgesonnen. Der Fokus auf finanzielle Unabhängigkeit der AU ist viel weniger dem Credo „No foreign interference in African Problems“, sondern viel mehr dem Wunsch nach einem stärkeren Engagement der Mitgliedsstaaten zuzuschreiben. Ein Wunsch, den auch die meisten Geber und Entwicklungspartner haben.

Ein Fragezeichen, welches über der Personalie Odinga steht, ist vor allem die Frage, ob er als Kandidat aus einem der mächtigsten AU-Staaten seine persönliche Herkunft und die Interessen Kenias hintenanstellen kann oder viel mehr als (inoffizielles) Sprachrohr Kenias auf afrikanischer Bühne gelten wird.

 

Der Verantwortungsbewusste – Mahmoud Ali Youssouf

Rechenschaftspflicht und Verantwortungsbewusstsein – dies waren die beiden Schlagworte, welche der aktuelle dschibutische Außenminister in seiner Bewerbungsrede hervorhob. Putsche und Umstürze sollten von der AU härter sanktioniert und internationale Normen und Gesetze von den Mitgliedsstaaten eingehalten werden. Transparente und demokratische Entscheidungen sollten im Vordergrund der neuen AU-Führung stehen, um dafür zu sorgen, dass Afrika nicht mehr als der Kontinent der Krisen und der Instabilität wahrgenommen wird. Daneben sieht Youssouf die Energietransformation hin zu einem grünen Afrika als weitere Priorität, um sowohl die Herausforderungen des Klimawandels als auch die eines enormen Energiebedarfs des Kontinents zu meistern.

Darüber hinaus plädiert der 60-jährige Youssouf für die Schaffung regionaler schneller Eingreiftruppen als Instrument für regionale Sicherheit, aber auch für die Schaffung von Frühwarnsystemen sowie Mediations- und Schlichtungsmechanismen, um Ungleichheit und daraus resultierende Konflikte frühzeitig zu stoppen. Schlagzeilen machte er vor allem mit seinem ehrlichen, aber wahrscheinlich wahltaktisch unklugen Frontalangriff auf die Staatsoberhäupter der Mitgliedsstaaten, welchen er vorwarf, sich nicht für die Konflikte auf dem Kontinent zu interessieren.

So umstritten sein Rundumschlag gewesen sein mag, seine Erfahrung auf dem internationalen Parkett und in der Zusammenarbeit mit politischen und Entwicklungspartnern von außerhalb des Kontinents ist dagegen unumstritten. Als Karrierediplomat und langjähriger Außenminister[2], in dieser Funktion zwischenzeitlich Vorsitzender im Außenministerrat der Arabischen Liga, transformierte er ein bis dato kaum bekanntes Dschibuti in einen geostrategisch bedeutsamen Knotenpunkt für alle Weltmächte. Nicht ganz ohne Grund sehen einige Experten in Dschibuti ein afrikanisches Pendant zu Singapur[3] und als Bindeglied zwischen Afrika und der arabischen Halbinsel.

Für Europa wäre Youssouf sicherlich ein geeigneter Partner, der die Grundprinzipien internationaler Normen wertschätzt. Anders als der aktuelle Kommissionspräsident Moussa Faki würde Youssouf nicht davor zurückscheuen, Entwicklungen auf dem Kontinent kritisch zu hinterfragen. Gleichzeitig ist jedoch auch klar, dass er wie schon in seiner Position als Außenminister von Dschibuti die geopolitische Lage der AU stärker ausbalancieren würde als sein Gegenkandidat aus Kenia.

 

Der Technokrat - Richard J. Randriamandrato

Von allen drei Kandidaten gilt Richard Randriamandtrato als der unbekannteste. Ihm werden lediglich Außenseiterchancen eingeräumt. Der 65-jährige Politikwissenschafter mit Finanzhintergrund, welcher in Frankreich und den USA ausgebildet wurde, verbrachte einen Großteil seiner Karriere bei internationalen Organisationen wie der Internationalen Arbeitsorganisation ILO und der Weltbank, ehe er in den frühen 2000er Jahren über verschiedene Positionen als Berater zuerst Finanzminister und dann kurzzeitig Außenminister seines Heimatlandes Madagaskar wurde. Seine Karriere endete (vorerst) abrupt, als er 2022 eine Resolution in der Generalversammlung der UN für die Ukraine und gegen Russland unterstützte und damit seinem Präsidenten widersprach. Umso überraschender ist sein Comeback auf der politischen Bühne, auch wenn dies wohl nur von kurzer Dauer sein wird.

Auf die Frage, welche seine Prioritäten für den Vorsitz seien, sprach er sich vor allem für stärkere Managementmechanismen innerhalb der AU aus und für ein effektives Monitoring von Maßnahmen und ausgearbeiteten Strategien. Zudem sehe er vor allem globale Herausforderungen wie ansteigenden Nationalismus, Protektionismus, Extremismus und Desinformation als Themen, welche die Arbeit der AU nachhaltig beeinträchtigen könnten. Auf multilateraler Ebene erhofft er sich ein austariertes Verhältnis zu Institutionen wie der G20, den BRICS-Staaten, der EU und den Partnern China und USA.

Mit seiner Erfahrung in multilateralen Organisationen und im globalen Finanzwesen könnte Randriamandtrato vor allem als jemand gesehen werden, der in diesem Bereich für Fortschritt sorgt: Schuldenschnitte, Reform des Finanzierungssystems der AU und damit vielleicht auch eine stärkere (wahrgenommene) Selbstbestimmung der Institution. Sein technokratischer Hintergrund hingegen wird ihm aller Voraussicht nach wohl im Wege stehen, da vor allem Odinga sich auf ein starkes politisches Netzwerk und Lobbyarbeit für seine Stimme verlassen kann.

 

Was kommt nach der Wahl?

Mit der Wahl wird sich auch die Afrikanische Union neu sortieren – Personal wird ausgetauscht und damit kommen auch neue Ideen in die Institution. Gleichzeitig muss die AU dringend auf Krisen wie derzeit im Ostkongo, dem weiterhin zerstörerischen Bürgerkrieg im Sudan oder der Desintegration der ECOWAS kurz vor ihrem 50. Jahrestag reagieren. Insofern stellt sich die Frage, inwiefern man innerhalb der ersten Monate überhaupt eine neue Handschrift eines Kommissionspräsidenten erkennen wird. Viele sind sich jedoch einig: Es kann nur besser werden.

Aus deutscher Sicht ist vor allem wichtig, dass die neue Kommission neuen Schwung in die Umsetzung des afrikanischen Freihandelsabkommens bringt, damit der Binnenhandel endlich Fahrt aufnimmt und damit Investitionen und vor allem Wachstum fördert. Mindestens genauso wichtig wäre die die Schaffung von Mechanismen zur Krisenbewältigung auf unserem Nachbarkontinent. Die afrikanischen Staatsoberhäupter und damit die Afrikanische Union haben bisher viel zu wenig in die Sicherung von Frieden, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit investiert.

 


 

1 Klare Budgetzahlen aus dem Jahr gibt es nicht, in den Vorjahren betrug das Budget der Afrikanischen Union ca. 800 Millionen Euro, lediglich 25 Prozent des Budgets werden derzeit von den Mitgliedsstaaten gezahlt.

2 Im Amt seit 2005

3https://www.un.int/djibouti/news/us-needs-continue-pursuing-partnerships-djibouti

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Leiter Länderprojekt Äthiopien & Afrikanische Union

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