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Digitales sucht Heimat

Das Für und Wider eines Digitalministeriums

Deutschland hat bei der Gestaltung der digitalen Transformation weder ein Erkenntnisproblem noch mangelt es an Strategien, Programmen oder Förderbudgets. Trotz alledem hakt es in vielen Bereichen. Angesichts dessen werden die Rufe aus Politik und Wirtschaft nach einem Digitalministerium lauter. Doch was spricht für und was gegen ein solches Ministerium?

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Was sind die Argumente für ein Digitalministerium?

Von der Aufstellung eines Digitalministeriums würde ein Signal für einen digitalpolitischen Aufbruch ausgehen. Zugleich bekäme die deutsche Digitalpolitik mit einem Ministerium und einer Ministerin oder einem Minister ein „Gesicht“. Es ist aber nicht nur der Zauber des politisch-symbolischen Neubeginns, der für ein Digitalministerium spricht. Mit einem solchen Ministerium ergibt sich die Möglichkeit, das heute zerklüftete Politikfeld stärker zu zentralisieren. Dies würde Gestaltungsmacht bündeln sowie aufwendige Abstimmungsprozesse verkürzen und der Erkenntnis Rechnung tragen, dass Abstimmungen mit vielen Vetospielerinnen und -spielern oftmals in einen Minimalkonsens münden. Weiterhin könnten mit einem Digitalministerium die Digitalisierungsanstrengungen einzelner Ministerien ressortübergreifend stärker koordiniert und – wo notwendig – gesteuert werden. Dies könnte über eine gesamtstaatliche Digitalstrategie erfolgen, für deren Erstellung, Umsetzung und Monitoring das Digitalministerium verantwortlich ist und zugleich zusätzliche Mittel sowie fachliche und methodische Beratung bereitstellt. Darüber hinaus könnte ein Digitalministerium die Modernisierung von Staat und Verwaltung vorantreiben. Dies beinhaltet nicht nur die Umsetzung der Verwaltungsmodernisierung, wie sie heute im Bundesministerium des Innern (BMI) angesiedelt ist. Es beinhaltet das Vorantreiben einer kulturellen Modernisierung über alle Ressorts hinweg, die ministerielles Lagerdenken, starre Linienhierarchien, veraltete Arbeitsmethoden, überbordende administrative Prozesse und Strukturen ins Visier nimmt. Letztlich ist ein Digitalministerium auch notwendig, da das Kanzleramt die Rolle als Treiber und aktiver Gestalter der Digitalisierung eben nicht vollumfänglich abdecken kann.

 

Was sind die Gegenargumente?

Ein Querschnittsthema wie die Digitalisierung betrifft alle Ressorts. Inzwischen sind in jedem Ministerium Kopfstellen zum Thema eingerichtet sowie spezifische Themen mit Referaten hinterlegt worden. Hubs und Projektgruppen sind installiert. Das ist gut so. Die Ministerialbürokratie muss lernen, deutlich agiler auf Anforderungen auch organisatorisch reagieren zu können. Die bestehende Integration des Themas in den einzelnen Häusern aber wieder aufzuheben, um sie in einem neuen Ministerium zu bündeln, bremst die wichtigen Impulsgeberinnen und Impulsgeber in den Ressorts, erzeugt neue organisatorische Brüche und kostet Zeit. Allein die Abgrenzung der Aufgaben, die in ein neues Ministerium zu überführen wären oder in den jeweiligen Häusern verbleiben sollen, schafft neue Abstimmungsprobleme. Viel entscheidender wäre, die Koordination des Themas in der Regierungsarbeit wirkmächtig auszustatten, eine konsequente Priorisierung im Kabinett vorzunehmen und klare Meilensteine zu definieren. Querschnittsthemen werden im Kanzleramt gesteuert. Die Umsetzung erfolgt im Kontext der konkreten Aufgabenstellung „vor Ort“, in den zugeordneten Abteilungen und Referaten der Ministerien. Das Thema Digitalisierung sollte aber „Chefsache“ sein. In Großbritannien gibt es für die Durchsetzung einer solchen Aufgabe den Minister for the Cabinet Office. In Deutschland könnten eine Staatsministerin oder ein Staatsminister im Kanzleramt dafür mehr Koordinierungskompetenz erhalten. Das Thema liegt schon jetzt dort. Kabinettsrang, eigenes Personal sowie die Budgethoheit für die Strategien zu Künstlicher Intelligenz (KI), Daten oder Umsetzung würde sie in die Position versetzen, diese Projekte entschiedener voranzutreiben.

Welches Fazit lässt sich ziehen?

Sicherlich bedarf es einer sichtbaren Geste, um die Priorisierung des Politikfeldes Digitalisierung herauszustellen. Allerdings führt Symbolpolitik sich selbst ad absurdum, wenn sie nicht in Resultaten mündet. Angesichts dessen sind Schwierigkeiten in der Abgrenzung der Zuständigkeit eines Digitalministeriums, das Risiko eines organisatorischen Bruchs oder die Entstehung eines schwerfälligen Superministeriums nicht kleinzureden und Alternativen zu berücksichtigen. Ist doch gar kein Digitalministerium einem schlechten vorzuziehen. Will man ein Digitalministerium, sollte man intensiver über die Ausgestaltung diskutieren. Egal ob Digitalministerium oder Staatsminister, im Kern ist für die Zukunft entscheidend, eine wirkungsvollere Koordinierung, klare Zuständigkeiten sowie die Sichtbarkeit des Themas sicherzustellen und die Modernisierung von Staat und Verwaltung umfassend voranzutreiben. Mit den Vorschlägen aus dem Buch Neustaat von Thomas Heilmann und Nadine Schön und den Digitalministerien auf Länderebene gibt es genügend Ideen und Fallbeispiele hierzu.

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