Veranstaltungsberichte
Entwicklungszusammenarbeit, was bedeutet das ganz praktisch? Diese Frage stand im Mittelpunkt eines Vortrages von Dr. Oliver Müller, Leiter von Caritas International. Am Beispiel seiner Hilfsorganisation erklärte er – auch selbstkritisch - wie Not- und Katastrophenhilfe organisiert werden und welche Probleme dabei entstehen.
Der Referent, der über fünfzig Krisengebiete weltweit besucht hat, berichtete von Zöllnern in Haiti, die Hilfsfahrzeuge nur gegen ein „Beschleunigungsgeld“ freigeben wollten. Ein weiteres Beispiel: Neu gebaute Häuser in Indien, die eine Toilette im Haus hatten, sind in dieser Region ein kulturelles No-Go und würden nicht zum Wohnen genutzt. Das wiederum zeige, dass die Gegebenheiten und Traditionen vor Ort in die Hilfe einfließen müssen, so Müller.
Bei der Entwicklungszusammenarbeit sei Hilfe zur Selbsthilfe gefragt. Es geht um den Transfer von Know-How. Mit dem organisierten Wiederaufbau von Häusern ist den Menschen nicht geholfen.
Ferner ging er auf die Situation von Flüchtlingen im Nahen Osten ein. Bürgerkriegsbedingter Staatszerfall, religiös motivierter Terrorismus, Verfolgung von Minderheiten, aber auch pure wirtschaftliche Not treiben immer mehr Menschen an, sich auf den lebensgefährlichen Weg nach Europa zu begeben. Sie verlassen ihre Heimat und legen ihr Schicksal und ihre Habe in die Hände skrupelloser Schlepperbanden, weil sie in ihren Herkunftsstaaten keine Aussicht mehr sehen, ein Leben in Würde zu führen. Doch was kann man dagegen tun? Müller sprach sich für die Bekämpfung der Fluchtursachen im jeweiligen Land aus. "Man muss vor Ort für Stabilität sorgen!", lautet seine Forderung.
Anhand von Zahlen und Diagrammen setzte er die Aufnahme von Flüchtlingen etwa in Relation zur Wirtschaftsleistung des jeweiligen Landes. Besonders die armen Länder in der unmittelbaren Nachbarschaft der Krisenherde nehmen den Großteil des Flüchtlingsstroms auf. Viele der Geflüchteten werden auch im eigenen Land vertrieben und leiden Not ohne den Status eines Flüchtlings zu besitzen. Zudem leben die meisten Flüchtlinge außerhalb von den bekannten Flüchtlingslagern, eine weitere Neuerkenntnis für die rund 80 Besucherinnen und Besucher.
Zudem beleuchtete er, wie gefährlich die Arbeit seiner Organisation etwa in Afghanistan derzeit ist und schloss einen baldigen Rückzug aus dem Land wegen der prekären Sicherheitslage nicht aus.
Bericht: Isabelle Koch
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