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Veranstaltungsberichte

Planspiel zur UN-Klimakonferenz COP21

von Dr. Peter Hefele

Simulation game for international students

Die UN-Klimakonferenz COP21 in Paris war ein wichtiger Meilenstein für eine nachhaltige globale Klimapolitik – ein willkomender Anlass für internationale Studenten aus Hong Kong und Macao, in einem mehrstufigen Planspiel die Pariser Klima-Verhandlungen vorab zu simulieren. In einem ersten Teil dieser dreiteiligen Veranstaltungsreihe präsentierten Klimaexperten und Diplomaten die aktuellen klimapolitischen Positionen verschiedener Länder, bevor im zweiten Teil die studentischen "Vertreter" einzelner Länder ihre eigenen Positionspapiere erarbeiteten und diese vor dem Plenum präsentierten.

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Für zukünftige Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft ist ein ausreichendes Verständnis der Herausforderungen des Klimawandels und Handlungsmöglichkeiten der Vorgehensweise der internationalen Gemeinschaft unentbehrlich. Daher organisierte das Regionalprojekt Energiesicherheit und Klimawandel Asien und Pazifik der KAS (RECAP) zusammen mit dem Hong Kong America Center ein Planspiel für Studenten. Über 50 einheimische und internationale Studierende verschiedener Hongkonger und Macauer Hochschulen versetzten sich in die Position einzelner Staaten und simulierten die bevorstehenden Verhandlungen in Paris. Dabei wurden die Studenten mit der Herausforderung konfrontiert, unterschiedliche Ansichten und Zielvorstellungen in einem für alle Länder bindenden Aktionsplan zusammenzubringen - dem Ziel von COP21 in Paris 2015. Die Teilnehmer gewannen nicht nur fachliche Einblicke in aktuelle globale klimapolitische Problematiken, sondern trainierten auch praktisches Argumentations- und Verhandlungsvermögen. Das Planspiel verdeutlichte den Studierenden die Relevanz und Dringlichkeit einer koordinierten, nachhaltigen Klimapolitik und vermittelte Erfahrungen, wie eine solche gestaltet werden kann.

Der Workshop gliederte sich in drei Teile: eine fachliche Einführung in die aktuellen klimapolitischen Herausforderungen, die eigentliche zweitägige Verhandlungssimulation und einen Rückblick, bei dem die Ergebnisse mit jenen der am 12. Dezember 2015 abgeschlossenen UN-Klimakonferenz verglichen wurden. Für die Verhandlungen bildeten die Studierenden neun Gruppen, die die wirtschaftlich und regional bedeutendsten Länder sowie die EU im Planspiel vertraten. Am 24. Oktober 2015 begann der Workshop mit einer inhaltlichen Einführung durch in Hong Kong ansässige Diplomaten fast aller im Planspiel vertretenen Staaten. Sie boten den Teilnehmern Hintergrundwissen zur wirtschaftlichen, naturräumlichen und klimapolitischen Situation ihres Landes und erläuterten Haltung, Ziele und Erwartungen ihrer Regierungen gegenüber der Pariser Konferenz. Ergänzt wurden diese Einblicke durch Vorträge von Klimaexperten, die aus wissenschaftlicher Sicht notwendige Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und der strukturell notwendige Anpassungen beleuchteten.

Frank Joshua, in den 1990er Jahren in führender Position bei der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD) tätig war, berichtete aus erster Hand von der Konferenz zum Kyoto-Protokoll 1997. Wie die Nachfolgekonferenz von Kyoto im Dezember 2015 in Paris organisiert wird, erklärte die stellvertretende Generalkonsulin des Gastgeberlandes Frankreich, Lilas Bernheim. Im Anschluss gab sie einen Einblick in die Klimapolitik der Europäischen Union und ihres Landes.

Welch ambitionierte Ziele Deutschland im Rahmen seiner "Enegiewende" verfolgt, machte die Präsentation des deutschen Generalkonsuls Nikolaus Graf Lambsdorff deutlich. Sein indischer Kollege Prashant Agrawal betonte, dass die indische Gesellschaft und Kultur dem Umweltschutz schon immer große Bedeutung beigemessen hat und die Regierung des drittgrößten CO2-Emittenten der Erde ambitioniert in klimafreundliche Infrastruktur investiert – etwa mit einem ersten ausschließlich mit Solarenergie betriebenen internationalen Flughafen. Auch die Generalkonsuln und Vertreter aus China, Bangladesch, Japan, den Philippinen und den Vereinigten Staaten legten die Sichtweise ihrer Länder auf die anstehende Klimakonferenz dar.

Die Studierenden nahmen die breite Palette an Vorträgen mit großem Interesse auf. Um sich auf die folgenden Verhandlungen fundiert vorzubereiten, traten die einzelnen Studentengruppen mit den Vertretern der entsprechenden Länder in einen intensiven Dialog, den sie auch in den Pausen fortsetzten.

Nach den Vorträgen ergriffen die Studenten am Abend selbst die Initiative, um nach Ländern getrennt die Verhandlungen der zwei folgenden Workshoptage vorzubereiten. Die Gruppen erarbeiteten jeweils ein kurzes Positionspapier, das sie zum Abschluss des Tages vor dem Plenum kurz präsentierten. Ganz in der Tradition der großen zwischenstaatlichen Konferenzen, die oft mehrere Tage und Nächte hindurch gehen, bekamen die Studenten einen Eindruck der Herausforderung, vom Morgen bis zum späten Abend konzentriert und aktiv teilzunehmen. Das Durchhaltevermögen zeugte vom großen Interesse der Studierenden an Thema und Format. Am Ende des Tages war von Müdigkeit noch keine Spur, als die Sprecher jeder Ländergruppe mit Elan ihre ersten Ergebnisse präsentierten.

Dabei zeichnete sich bereits ab, dass die Länder sehr unterschiedliche Schwerpunkte legen und verschiedene Erwartungen haben. Während die „Vertreter“ der EU auf ihre bisherigen Leistungen und ambitionierten klimapolitische Ziele hinwiesen und andere entwickelte Länder zu stärkerem Einsatz aufforderten, nahmen die USA auch die weniger entwickelten Staaten in die Pflicht. Diese wiederum verwiesen auf ihre Gefährdung durch die Folgen des Klimawandels und verlangten mit Rücksicht auf ihre schwachen Wirtschaftskraft von den altindustriellen Ländern massive finanzielle und technische Unterstützung. Die philippinischen „Delegierten“ wollten ihre Mittel vor allem für eine Anpassung (Adaption) an den unvermeidbar steigenden Meeresspiegel einsetzen und sahen Maßnahmen zur Vermeidung des Klimawandels (Mitigation) als zweite Priorität. China erinnerte an seine jüngsten Zusagen zur Emissionsminderung, die bei seiner gegenwärtigen vorherrschenden fossilen Energieversorgung ein sehr ehrgeiziges Unterfangen seien. Russland hingegen machte den Beitrag seiner ausgedehnten Wälder als CO2-Senke geltend.

Planspiel am 14. und 15. November 2015

Die bevorstehenden Verhandlungen in Paris rücken vor allem die Frage in den Vordergrund, ob die Staaten zu einem Konsens finden und eine global verbindliche Vereinbarung für Maßnahmen gegen den Klimawandel und Anpassungsstrategien formulieren können. Vergangene Erfahrungen, wie etwa in Kopenhagen 2009, zeigen, dass solche Verhandlungen auch scheitern können. Das zweitätige Planspiel für Studenten, veranstaltet vom Hong Kong America Center und dem Regionalprojekt RECAP verdeutlichte diese Herausforderungen im kleinen Maßstab.

Die internationalen Studierenden mit unterschiedlichen fachlichen Hintergründen führten intensive und kontroverse Diskussionen. Dabei übernahmen sie die Rolle von Delegierten bedeutender Länder, und zwar Bangladesch, Saudi-Arabien, China, Japan, den Vereinigten Staaten, der Europäischen Union, den Philippinen, Indien und Russland. Die Verhandlungen zielten auf die Formulierung eines Vertrages ab, um eine gemeinsame Haltung für den Umgang mit dem Klimawandel zu erzielen. Die Teilnehmer begannen die Diskussionen zu einzelnen Kernthemen wie Vermeidung, Anpassung und Finanzierung, nachdem sie die Ausgangspositionen der einzelnen Staaten zum jeweiligen Problem vorgestellt hatten. Niemand verneinte die Bedeutung und Notwendigkeit raschen Handelns als Antwort auf den Klimawandel. Jedoch unterschieden sich die Sichtweisen unter den Ländervertretern teils erheblich, als es um konkrete Punkte wie dem 2-Grad-Temperaturziel, der spezifischen Verantwortungen entwickelter und sich entwickelnder Staaten oder die Höhe der finanzieller Unterstützung für unterentwickelte Länder ging. Dennoch konnte am Ende der Konferenz ein einstimmiger Beschluss verabschiedet werden, der alle teilnehmenden Delegierten nach mehreren Modifikations- und Abstimmungsrunden zustimmten.

Das Planspiel bot den Studenten die Möglichkeit, Einblicke in die Verhandlungs- und Entscheidungsprozesse der internationalen Klimapolitik zu gewinnen. Außerdem konnten die Teilnehmer ihre praktischen Fähigkeiten in öffentlichem Reden und Debattieren ausbauen und ihr Teamwork- und Führungsvermögen stärken. Die Studierenden hofften, dass ihre Lösungen auch bei den Entscheidungsträgern Anklang finden und waren überzeugt, dass sie selbst als Mitglieder ihrer jeweiligen Gesellschaften Verantwortung zur Vermeidung des Klimawandels tragen.

Rückblickende Diskussion über das Ergebnis von COP21

Die abschließende Veranstaltung des COP21-Planspiels war eine Podiumsdiskussion mit Regierungsvertretern und Diplomaten über die Ergebnisse der UN-Klimakonferenz am 15. Dezember 2016. Gastgeber war das Hong Kong Center der Asia Society, veranstaltet wurde das Event von RECAP, dem Hong Kong-America Center und dem französischen Generalkonsulat in Hongkong und Macau.

Die Veranstaltung besuchten über 70 Zuhörer, darunter die Studenten, die am Planspiel teilgenommen hatten. Zu den hochkarätigen Sprechern gehörten Christine Loh, Untere Staatssekretärin für die Umwelt in Hongkong, Vincent Piket, Leiter des Büros der Europäischen Union in Hongkong und Macau, Nikolaus Graf Lambsdorff, deutscher Generalkonsul in Hongkong und Macau sowie Frederic Maerkle, ehemaliger Referent für Umwelt, Wissenschaften, Technologie und Gesundheit an der US-amerikanischen Botschaft in Paris. Diskussionsleiter war Tim Summers, Senior Consulting Fellow des Asienprogramms von Chatham House.

Die Diskussion befasste sich mit den Implikationen der Klimakonferenz für Staaten und Metropolen. Die Diskussionsteilnehmer vertraten ihre Länder und stimmten überein, dass das Ergebnis der Pariser Konferenz eine historische Errungenschaft der jährlich stattfindenden Klimakonferenzen seit der Ratifizierung des Kyoto-Protokolls war. Die COP21-Vereinbarung ist das erste rechtlich bindende Übereinkommen in der Klimapolitik. Es zeigt die Bedeutung des Klimawandels für die global politische Agenda auf und vereinfacht klimapolitisches Handeln durch ein bottom-up-Konzept. Über 195 Staaten, die sich gemeinsam für mehr als 95 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich zeichnen, reichten ihre national bestimmten beabsichtigten Beiträge (INDC) ein, die konkrete Maßnahmen für Eindämmung des Klimawandels, Anpassung und Resilienz beschreiben. Von Bedeutung ist das Versprechen aller Länder, ihre Strategiepläne alle fünf Jahre zu erneuern, um die globale Erwärmung nach Möglichket unter 1,5 Grad zu halten.

Insgesamt wurden die Ergebnisse der Pariser Klimakonferenz von den Diskussionsteilnehmern positiv bewertet. Einige Punkte erfuhren bei der Debatte besondere Beachtung. Erstens erkennen die Staaten die Notwendigkeit an, auf den Klimawandel ohne weitere Verzögerung zu reagieren. Zweitens hat Frankreich eine zentrale und erfolgreiche Rolle gespielt, den Verflauf der Verhandlungen von COP21 zu koordinieren, um fruchtbare und konstruktive Ergebnisse der Konferenz zu ermöglichen. Und schließlich hat die gemeinsame Haltung von China und den USA zur Klimapolitik, die beide Länder vor COP21 erzielten, andere sich entwickelnde und entwickelte Nationen ermutigt, sich aktiv in die Verhandlungen einzubringen.

Hier können Sie die Diskussion online miterleben.

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