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Sozialistische Marktwirtschaft – Soziale Marktwirtschaft, das sind zwei Begriffe die ähnlich klingen, aber doch erhebliche Differenzen beinhalten. Beide Modelle verbinden die Grundüberzeugung, dass Markwirtschaft das geeignete Ordnungssystem ist, um Angebot und Nachfrage in eine Balance zu bringen und Unternehmer und Konsumenten als Produzenten und Verbraucher am Markt zusammenzuführen. Es ist unbestritten, dass markwirtschaftliche Systeme am effizientesten in der Lage sind, Angebot und Nachfrage in Einklang zu bringen.
Da ein effizientes markwirtschaftliches System nicht automatisch soziale Gerechtigkeit und sozialen Ausgleich erzeugt, ist es wichtig, einige Korrekturen an den Marktergebnissen anzubringen: Eine soziale Komponente ist einzubauen, um sozial wünschenswerte Ziele zu erreichen.
Nicht alle am Markt erzeugten Ergebnisse sind ökologisch wünschenswert: Auch hier sind Korrekturen angebracht, um die Umwelt zu schützen und zu erhalten. Deshalb setzte sich in letzter Zeit vermehrt das Modell einer sozialen und ökologischen Marktwirtschaft in Deutschland durch.
Die hier angestrebte begriffliche Abklärung des Modells einer Sozialen und Ökologischen Marktwirtschaft, bezieht sich vor allem auf verschiedene Artikel aus dem „Lexikon Soziale Marktwirtschaft – Wirtschaftspolitik von A bis Z“, das von Rolf H. Hasse, Hermann Schneider und Klaus Weigelt im Auftrag der Konrad-Adenauer-Stiftung erarbeitet und herausgegeben wurde.
1. Wandel des Wirtschaftssystems in Vietnam
Rund zehn Jahre nach dem Ende des Vietnamkrieges (1975), beschloss die Kommunistische Partei Vietnams im Jahre 1986, umfassende Wirtschaftsreformen einzuleiten, um von einer zentralistisch geplanten Angebotsökonomie zu einem stärker marktorientierten Wirtschaftssystem überzuleiten.
Ein erster wichtiger Schritt des Reformprozesses (bekannt unter dem Schlagwort „Doi Moi“), zielte auf die Reform der staatlichen Unternehmungen und auf die Befähigung solcher Betriebe, im marktwirtschaftlichen Wettbewerb zu bestehen. Der vormals große Einfluss von Partei und Staat auf die staatlichen Unternehmensführungen musste reduziert werden. Die staatlichen Betriebe mussten allgemein stärker gewinnorientiert ausgerichtet werden und waren gefordert, marktgerechte Produkte für das In- und Ausland anzubieten.
Viele Marktsegmente in Vietnam wurden in einem zweiten Schritt komplett liberalisiert. Heute können kleine Geschäfte Waren aller Art anbieten. Restaurants, Hotels und ein Großteil der Serviceanbieter arbeiten, produzieren und funktionieren nach marktwirtschaftlichen Regeln. Auch viele nationale oder internationale Firmen können nun nach eigenen Entscheidungen Produkte anbieten, vermarkten, verkaufen oder exportieren. Fast der gesamte Agrarsektor wurde in das marktwirtschaftliche System überführt. Den Bauern ist nun erlaubt, zu produzieren, was der Markt wünscht oder fordert. Über 70 % aller wirtschaftlichen Aktivitäten werden heute in Vietnam nach marktwirtschaftlichen Regeln abgewickelt.
Der dritte Schritt war, neue Handelspartner und Märkte zu erschließen. Die traditionellen Handelspartner aus dem Ausland, insbesondere aus dem Ostblock, zeigten in dieser Zeit ebenfalls erhebliche wirtschaftliche Probleme, so dass der Im- und Export für Vietnam erheblich schwieriger wurde. Nach dem Fall der Berliner Mauer und dem Wegfall der Märkte in Osteuropa, musste sich Vietnam völlig neu orientieren und neue Handelspartner in der Welt und vor allem im Westen suchen.
Vietnam hatte ein Transformations- (von zentralistischer Planung zu Marktorientierung) und ein Entwicklungsproblem (von veralteten Produktionsstrukturen zu modernen und effizienten Fertigungen und zu besseren Managementleistungen) gleichzeitig zu lösen. Dazu kam die Notwendigkeit, Im- und Exporte neu auszurichten, um als Wettbewerber auf internationalen Märkten zu bestehen sowie dort geeignete und hochwertige Waren preisgünstig anzubieten.
Die am 15. August 2002 erfolgte Verfassungsänderung unterstreicht die endgültige Abkehr der politischen Führung von einer zentralverwalteten Planwirtschaft und die Festlegung auf eine sogenannte „Sozialistische Marktwirtschaft“ (socialist-oriented market economy).
Weder die Regierung, noch die Kommunistische Partei in Vietnam, haben bisher im Detail beschrieben, was eine Sozialistische Marktwirtschaft auszeichnet oder kennzeichnet. Oftmals werden in Vietnam Reformen ad hoc eingeleitet, ohne zu beschreiben, welcher Zielzustand schließlich erreicht werden soll.
Die Vermutung liegt nahe, dass mit dem Begriff der Sozialistischen Marktwirtschaft der Zustand, der nach den bisher getätigten wirtschaftlichen Reformen eingetreten ist, umschrieben werden soll. Die Beifügung „sozialistisch“ soll vermutlich darauf hinweisen, dass an den bisherigen politischen Strukturen, die noch aus dem sozialistischen und kommunistischen System stammen, noch auf absehbare Zeit festgehalten werden soll.
Mit welchen Strukturmerkmalen kann die sozialistisch orientierte Marktwirtschaft in Vietnam umschrieben werden? Betrachtet man die gegenwärtige Ausprägung des Wirtschaftssystems in Vietnam, dann bedeutet Sozialistische Marktwirtschaft: Die Grundlage des Wirtschaftssystems in Vietnam ist so aufgebaut, dass wirtschaftliches Handeln des Großteils der Akteure prinzipiell nach den marktwirtschaftlichen Regeln von Angebot und Nachfrage erfolgt. Korrekturen oder Einschränkungen des marktwirtschaftlichen Systems oder die Korrekturen der Ergebnisse des Marktes, werden abgeleitet aus dem noch immer vorherrschenden Grundverständnis der Gestaltung eines sozialistischen Gesellschaftssystems.
Das heutige Grundverständnis eines sozialistischen Gesellschaftssystems in Vietnam beinhaltet weiterhin das Primat der Kommunistischen Partei Vietnams in allen wesentlichen Fragen, die Politik, Wirtschaft und Gesellschaft betreffen. Das sozialistische Grundverständnis beinhaltet aber auch, dass der staatliche Sektor in der Wirtschaft Vietnams noch immer bedeutend und umfassend bleibt und dass die Politik noch immer große Eingriffs- und Einflussmöglichkeiten auf alle Bereiche der Wirtschaft des Landes hat.
2. Leitlinien für die weltweite Arbeit der Konrad-Adenauer-Stiftung
Die Konrad-Adenauer-Stiftung ist den Grundprinzipien der christdemokratischen und christsozialen Bewegung in Deutschland verpflichtet und steht der Christdemokratischen Partei CDU nahe.
Die Arbeit der Konrad-Adenauer-Stiftung basiert auf den Prinzipien „Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität“. Aufbauend auf dieser Grund-überzeugung, fördert und unterstützt die Stiftung weltweit Modelle der freiheitlichen Demokratie mit rechtsstaatlichem Aufbau und für den Bereich der Wirtschaft wird das Modell der Sozialen Marktwirtschaft präferiert.
Auf dem Parteitag der Christdemokratischen Partei (CDU) im Jahre 1994, wurde das erprobte und bewährte Modell der Sozialen Marktwirtschaft um eine wichtige, nämlich die ökologische Komponente erweitert. Die christdemokratische Bewegung und damit auch die Konrad-Adenauer-Stiftung, treten seither für das Modell einer Ökologischen und Sozialen Marktwirtschaft ein.
Ziel der „Ökologischen und Sozialen Marktwirtschaft“ ist es, eine Synthese von effizienter Ökonomie, bei gleichzeitiger Beachtung ökologischer Grundsätze und der Schaffung eines hohen Maßes an sozialer Gerechtigkeit zu erreichen.
Zur Zeit werden in Deutschland wieder wichtige Korrekturen innerhalb des Systems einer Ökologischen und Sozialen Marktwirtschaft diskutiert und vorbereitet. Die Finanzierung des sozialen Ausgleichs wurde problematisch, denn es erfolgte an der falschen Stelle und das Sozialsystem wurde insgesamt zu teuer.
Es hat sich insbesondere gezeigt, dass dann große Probleme fuer das gesamte System entstehen, wenn, wie bisher gehandhabt, alle Kosten des Sozialstaates einseitig dem Faktor Arbeit und insbesondere den Loehnen der Arbeiter und Angestellten aufgebürdet werden.
Eine permanente Steigerung der Löhne und insbesondere der Lohnnebenkosten (rund 40 % der Lohnkosten werden als sogenannte Sozialabgaben auf die Löhne aufgeschlagen und verteuern dadurch den Faktor Arbeit in Deutschland dramatisch) führte zu Verlagerungen von Betrieben ins Ausland und zu verschärfter Arbeitslosigkeit im Inland. Eine Entkoppelung zwischen den Löhnen, die in den Unternehmungen bezahlt werden und der Finanzierung des Sozialstaates muss erfolgen.
Wildwucherungen im Sozialsystem (Arbeitslosenunterstützung, Sozialhilfe, Rentenversorgung, Krankenversicherung) müssen einschneidend korrigiert werden und Lockerungen im Arbeits- und Tarifrecht sind vorzunehmen, damit das Sozialsystem bezahlbar bleibt und das Grundsystem einer „Ökologischen und Sozialen Marktwirtschaft“ erhalten werden kann.
Ein neues Gleichgewicht zwischen Wirtschafts- und Sozialpolitik muss gefunden werden. Die Wettbewerbsfaehigkeit der Wirtschaft muss gestaerkt werden. Trotzdem darf die sozialstaatliche Verfassung nicht aufgegeben werden, da sie fuer die Menschen, die Gesellschaft und die Wirtschaft einen wichtigen und positiven Faktor darstellt. Wettbewerb und sozialer Ausgleich sind seit Mueller-Armack die beiden Seiten der Medaille. Die Prinzipien der Konrad-Adenauer-Stiftung „Freiheit, Gerechtigkeit und Solidaritaet“ muessen neu interpraetiert werden.
3. Soziale Marktwirtschaft – Ein komplexes Wirtschaftssystem
Das Modell der Sozialen Marktwirtschaft ist ein komplexes Gebilde. Es wurde entworfen, entwickelt und weiterentwickelt. Die Soziale Marktwirtschaft, in der Bundesrepublik Deutschland in die Realität umgesetzt, ist ein komplexes Wirtschaftssystem mit hunderten von verschiedenen Aspekten und Bereichen. Es beinhaltet Markt und Planung, Effizienz und Gerechtigkeit, Wettbewerb und sozialen Ausgleich, unternehmerische Freiheit und staatliche Eingriffe, ökologische Aspekte und Steuerrecht.
Es ist nicht möglich, ein simples Modell der Sozialen Marktwirtschaft aufzuzeichnen, denn dann würden wesentliche Aspekte des in der Realität äußert komplexen Modells unterschlagen.
Es ist aber möglich, die Entstehungsgeschichte aufzuzeigen, verschiedene Teilaspekte und Bereiche der Sozialen Marktwirtschaft darzustellen und zu diskutieren, um dem Leser einen ersten Einblick zu vermitteln, über die umfangreiche und anhaltende Diskussion zum Modell.
Die Fortentwicklung des Modells und insbesondere die Realisierung des komplexen Systems ist in keiner Weise abgeschlossen. Die derzeit in Deutschland geführten Debatten um wirtschaftliche und soziale Reformen, insbesondere um die Entkoppelung von Löhnen mit der Finanzierung des Sozialstaates sowie um die Reduzierung von nicht bezahlbaren und nicht gerechtfertigten Auswüchsen des Sozialstaates bezeugen und belegen diese These.
3.1. Die theoretischen Grundlagen für das Modell einer Sozialen Marktwirtschaft
Das Modell der Sozialen Marktwirtschaft entstand aus der Verschmelzung zweier ökonomischer Denkschulen, dem Neoliberalismus einerseits und der sogenannten „Freiburger Schule“ andererseits.
Gemeinsames Anliegen der beiden Denkrichtungen war es, eine grundsätzlich freiheitliche, gleichzeitig aber sozial verpflichtete Gesellschafts-, Wirtschafts- und Sozialordnung, die durch einen starken Staat gesichert werden sollte, zu schaffen.
Die neue gemeinsame Denkschule betrachtete die Ordnung der Wirtschaft und der Gesellschaft als eine der wichtigsten Aufgaben des Rechts. Der Staat hat danach die Pflicht, durch ständiges, wachsames Mühen, die marktwirtschaftliche Ordnung funktionstüchtig und leistungsfähig zu erhalten und nicht nachzulassen, an ihrer Verbesserung permanent zu arbeiten.
Alfred Müller-Armack blieb es vorbehalten, diese Denkrichtung und ein darauf aufbauendes System fortzuentwickeln und die ganz unterschiedlichen Aufgabenbereiche von Staat und Markt enger zusammenzubinden. Er prägte den Begriff der Sozialen Marktwirtschaft – ein Etikett, das seither in aller Welt den beispiellosen wirtschaftlichen Aufstieg der Bundesrepublik Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg symbolisiert.
Das entscheidende Verdienst an der konkreten Änderung und Aus-Gestaltung des bundesdeutschen Wirtschaftssystems kommt aber Ludwig Erhard, dem ehemaligen bayerischen Wirtschaftsminister und späteren Wirtschaftsminister der Bundesrepublik Deutschland, zu.
Das Modell der Sozialen Marktwirtschaft brachte nach Chaos, Flüchtlingselend, Arbeitslosigkeit und der Zerstörung der Infrastruktur in Deutschland, als Ergebnis des Zweiten Weltkrieges, das sogenannte Wirtschaftswunder in der Bundesrepublik Deutschland hervor.
3.2. Ökologische Grundüberlegungen für eine Ökologische und Soziale Marktwirtschaft
Vor 10 – 15 Jahren wuchs in Deutschland das Bewusstsein, dass dem sorgsamen Umgang mit der Umwelt und der Erhaltung der ökologischen Ressourcen ein besonderer Stellenwert zukommen musste, wollte man nicht die Zukunft der nachfolgenden Generationen belasten oder gar aufs Spiel setzen.
Es setzte sich die Erkenntnis durch, dass die Verantwortung für die Natur und eine gesunde Umwelt, das wirtschaftliche Handeln entscheidend mit prägen muss. Umweltschonendes, wirtschaftliches Verhalten der Akteure in der Sozialen Marktwirtschaft, so die Vorstellung, sollen belohnt werden. Umweltschädigendes Verhalten, so die Idee, soll durch das Verursacherprinzip negativ sanktioniert werden.
Ein ökologisches Ordnungsrecht muss vom Staat mit gesetzlichen Ge- und Verboten, Grenzwerten (z.B. für schädliche Umweltemissionen), Auflagen und Genehmigungsverfahren zur wirkungsvollen Abwehr von Gefahren für Mensch und Umwelt durchgesetzt werden. Die Schonung der Umwelt findet auch im Steuerrecht, durch Umweltabgaben und durch Haftungsregelungen ihren Niederschlag.
3.3. Soziale Marktwirtschaft – Abgrenzungen zur sozialistischen Planwirtschaft und zum Wirtschaftsliberalismus
Marktwirtschaft setzt auf Eigeninitiative und Leistungswillen der Bürger, sie geht von der Bereitschaft des Einzelnen aus, das eigene Leben in die Hand zu nehmen und eigenverantwortlich zu gestalten. Der einzelne Mensch soll den Freiraum erhalten, den er benötigt, um seine Begabungen und Fähigkeiten optimal zu entwickeln und für sich gewinnbringend anzuwenden. Die Lebenstüchtigkeit des Individuums ist eine Grundannahme der Sozialen Marktwirtschaft, sie unterstellt dem Menschen vernunftgeleitetes Planen und Handeln bei der Befriedigung seiner wirtschaftlichen Bedürfnisse.
Durch diese, in ihrem Kern optimistische und am Individuum orientierte Betrachtungsweise, unterscheidet sich die Soziale Marktwirtschaft von jenen Modellen zentralistisch-staatlicher Wirtschaftsplanung und Wirtschaftslenkung, die im homo oeconomicus (einem eigenstaendig handelnden Menschen) eine eher unberechenbare Einzelerscheinung sahen und ihn folglich als autonom handelnde Wirtschaftseinheit möglichst weitgehend eingrenzen wollen. Die Modelle reiner sozialistischer und zentralgeleiteter Planwirtschaften waren darüber hinaus durch eine große ökonomische Ineffizienz gekennzeichnet.
Ein krasser und bedeutender Gegensatz besteht aber auch zwischen der Sozialen Marktwirtschaft und den mannigfachen Formen des ungebändigten Wirtschaftsliberalismus. Versuchen die stark liberalistisch ausgerichteten Wirtschaftsmodelle, den Einfluss des Staates möglichst weit zurückzudrängen, so bejaht die Soziale Marktwirtschaft Eingriffs- und Lenkungsrechte des Staates, ja fordert sie zum Teil.
Dem Staat obliegt die wichtige Aufgabe, einen rechtlich verbindlichen Ordnungsrahmen zu setzen, der ausgleichenden Wettbewerb garantiert und dem einzelnen Bürger die Gelegenheit gibt, seine ökonomischen Bedürfnisse in sozial verantworteter Freiheit und in ökologisch verträglicher Weise zu befriedigen.
3.4. Soziale Marktwirtschaft – Wettbewerbsordnung und sozialer Ausgleich
Die Soziale Marktwirtschaft stellt einen dritten Weg zwischen ungebändigtem Kapitalismus und sozialistischer Planwirtschaft dar. Das Konzept der Sozialen Marktwirtschaft ist primär wertverpflichtet und zwar der Freiheit des Individuums. Freiheit als Grundlage einer pluralistischen Gesellschaft ermöglicht es dem Einzelnen, sich selbst nach individuellen Wünschen und Vorstellungen zu verwirklichen. Freiheit gilt aber nicht grenzenlos. Die sozialen Verwerfungen des Laissez-faire-Liberalimus haben gezeigt, dass eine menschenwürdige Ordnung nicht von selbst entsteht, sondern der bewussten politischen Gestaltung bedarf.
Notwendig ist deshalb eine staatliche Ordnungspolitik, welche die Entscheidungs- und Handlungsspielräume des einzelnen so eingrenzt, dass einzelwirtschaftliches Handeln nicht in Konflikt gerät mit Gemeinwohlzwecken und der Freiheit der anderen.
Der Markt muss funktionieren!
Zentraler Punkt der Sozialen Marktwirtschaft ist die Wettbewerbsordnung. Der wettbewerbliche Marktprozess sorgt für effiziente Produktion und verteilt Einkommen und Gewinn ausschließlich nach Leistung. Die Konkurrenz zwischen den Unternehmen erzwingt Innovationen und technischen Fortschritt und stellt den Verbraucher und Konsumenten ( zumindest im Idealfall) in den Mittelpunkt des wirtschaftlichen Geschehens.
Jedoch besitzt der Wettbewerb eine immanente Tendenz, sich durch Kartelle, Konzentration und Monopolbildung selbst zu zerstören. Dem Staat obliegt es daher, die für einen funktionsfähigen Wettbewerb notwendigen rechtlichen und organisatorischen Bedingungen zu schaffen. Dazu gehören neben einem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, die Garantie des Privateigentums, Haftungsregeln, Vertrags- und Gewerbefreiheit, Geldwertstabilität, offener Marktzugang sowie eine gewisse Konstanz der Wirtschaftspolitik.
Sozialer Ausgleich soll für mehr Gerechtigkeit sorgen.
Zur Sozialen Marktwirtschaft gehört integral der soziale Ausgleich, um eine gerechtere Gesellschaftsordnung, mit geringen sozialen Spannungen zu erreichen. Mit sozialpolitischen Maßnahmen soll vor allem denjenigen ein menschenwürdiges Leben ermöglicht werden, die nicht am Wettbewerbs-Prozess teilnehmen können und sich ihre Existenz nicht aus eigener Kraft sichern können. Damit wurden Grundforderungen aus der Katholischen Soziallehre und der Evangelischen Sozialethik in das Modell der Sozialen Marktwirtschaft eingebaut. Die gesamtwirtschaftliche Leistungsfähigkeit darf dadurch aber nicht überfordert werden. Individuelle Anreize für Eigeninitiative, Eigenvorsorge und Selbstverantwortung müssen erhalten bleiben.
3.5. Weitere wichtige Aufgaben des Staates in einer Sozialen Marktwirtschaft
In einer Sozialen Marktwirtschaft werden dem Staat, neben der langfristigen Gestaltung der Rahmenordnung, einzelne Aufgaben zugewiesen, die im öffentlichen Interesse liegen, weil sie vom Markt nicht in zufriedenstellender Weise bereitgestellt werden. Mit derartigen Leistungen greift die öffentliche Hand auf verschiedene Art und Weise in das wirtschaftliche Geschehen ein: Das gilt zum einen für Interventionen zur Beeinflussung des privaten Angebots und der privaten Nachfrage in Form von Gesetzen und Verordnungen. Das betrifft zum anderen die Erhebung von Steuern und Abgaben sowie die Verausgabung der öffentlichen Mittel.
3.6. Wirtschaftsordnung und Wirtschaftverfassung in der Sozialen Marktwirtschaft
Die Wirtschaftsordnung umfasst die Gesamtheit der bewusst gesetzten und der spontan durch die Marktteilnehmer vereinbarten Regeln des Wirtschaftens einer Gesellschaft.
Die bewusst gesetzten Regeln bestehen vor allem aus den für die Wirtschaft relevanten Gesetzen des öffentlichen Rechts und des Privatrechts. Beispielhaft zu nennen sind die grundlegenden Verfassungsrechte, das Verwaltungs-, Finanz- und Steuerrecht sowie das Sozialrecht mit seinen verschiedenen Teilbereichen. Beim Privatrecht, also beim Eigentums-, Vertrags-, Unternehmens-, Arbeits-, Schuld-, Patent- oder Urheberrecht, ist der wirtschaftliche Bezug noch stärker ausgeprägt.
Die Gesamtheit dieser verbindlichen Regeln konstituiert die Wirtschafts-Verfassung als wichtigste Grundlage der Wirtschaftsordnung. Am Beispiel der Wirtschaftsverfassung wird die Interdependenz der Wirtschaftsordnung mit der Staats- und Rechtsordnung unmittelbar ersichtlich.
Das Wirtschaften war und ist stets und überall ordnungsbedürftig und ordnungsabhängig. Es gibt allerdings verschiedene Möglichkeiten zur Gestaltung der Wirtschaftsordnung, womit die Frage nach deren möglicher Ausformung angesprochen ist.
Der Wirtschaftswissenschaft sind bisher zwei Möglichkeiten zur Lösung des gesamtwirtschaftlichen Lenkungs- oder Allokationsproblems bekannt: Die Marktwirtschaft und die zentral geplante Wirtschaft. In der Marktwirtschaft werden die Wirtschaftsprozesse von einzelnen Individuen oder Wirtschaftseinheiten selbständig geplant und über Märkte und Preise koordiniert. Die Marktwirtschaft verkörpert somit ein System dezentraler Planung und Koordination der Wirtschaftsprozesse.
In der zentral geplanten Wirtschaft werden die Wirtschaftsprozesse dagegen von einer staatlich organisierten Zentralinstanz geplant und über einen Volkswirtschaftsplan koordiniert, wobei die Knappheitsgrade der Güter über ein zentral aufgestelltes Bilanzierungssystem ermittelt werden. Die Zentralplanwirtschaft ist in der Praxis immer mit einer Staatswirtschaft verbunden.
Alle Marktwirtschaften sind im Kern unternehmerisch organisierte Tauschwirtschaften. Es gibt jedoch verschiedene marktwirtschaftliche Leitbilder, denen unterschiedliche reale marktwirtschaftliche Ordnungs-Modelle entsprechen. Verantwortlich dafür ist die unterschiedliche Gewichtung der gesellschaftspolitischen Grundziele, wie der individuellen Freiheit und der sozialen Gerechtigkeit.
Das liberale Leitbild, das prinzipiell einer Sozialen Marktwirtschaft zugrunde liegt, das die Werte der individuellen Freiheit und Selbstverantwortung, des Privateigentums, des freien Unternehmertums und des Wettbewerbs in Verbindung mit einem Rechtsschutz-, Leistungs- und minimalen Sozialstaat postuliert, markiert eine Seite der Vorstellungen. Auf der anderen Seite steht das eher wohlfahrtsstaatliche Leitbild, das Privateigentum und Marktwirtschaft zwar akzeptiert, jedoch zugleich auch umfassende Zuständigkeiten des Staates bezüglich der Regulierung und Korrektur der Marktprozesse zugunsten der sozialen Gerechtigkeit, der Sicherheit und ökologische Grundüberlegungen einfordert.
Das Leitbild der Sozialen Marktwirtschaft steht zwischen diesen Positionen. Die Soziale Marktwirtschaft strebt eine angemessene Synthese zwischen der Freiheit auf dem Markt und dem staatlich bewirkten sozialen Ausgleich an.
Der Markt und die Privatinitiative werden, in der Sozialen Marktwirtschaft, als unverzichtbare Garanten für wirtschaftlichen Wohlstand und individuelle Freiheitsrechte gesehen. Die dezentrale, selbstverantwortliche Planung und marktmäßige Abstimmung der angebotenen und nachgefragten Güter, sichern die Entfaltung der Konsumenten-, Berufs-, Gewerbe-, Eigentums-, Vertrags-, Koalitions- und Wettbewerbsfreiheit. Dabei wird der Marktwettbewerb als das wirksamste Mittel zur Kontrolle und Begrenzung wirtschaftlicher Macht eingeschätzt. Deshalb erhält die staatliche Wettbewerbspolitik in der Sozialen Marktwirtschaft eine ordnungspolitische Priorität.
Der gewünschte und eingeforderte soziale Ausgleich findet in der Arbeitsmarkt- und Sozialordnung sowie einer Reihe sozialpolitischer Maßnahmen seine praktische Ausformung.
Der Aufsatz ist in pdf Format verfügbar
chủ đề
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