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Zwischen Innovation und Regulierung

Zur Notwendigkeit transatlantischer Kooperation im digitalen Raum

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Betrachtet man Kennzahlen des internationalen Handels und des globalen Datenstroms, wird deutlich: Die USA und Europa sind heutzutage aufs Engste digital und wirtschaftlich miteinander verknüpft. Infolgedessen weisen die Wirtschafts-, Rechts- und Datenräume eine starke Verflechtung auf, was eine enge transatlantische Kooperation bei der Gestaltung der Digitalisierung notwendig macht. Weiterhin haben sowohl die USA als auch Europa ein Interesse an intensiver Kooperation, weil nur so der freie und offene Fluss von Daten zwischen den Kontinenten gewährleistet werden kann. Ein freier und offener Datenfluss ist bedeutsam, weil er das Rückgrat für einen reibungslosen Ablauf der transatlantischen Handelsströme, für Innovationen und wirtschaftliches Wachstum bildet. Vorangetrieben von Staaten wie Russland und China breitet sich außerdem ein dezidiert autoritäres Ordnungsmodell für die Gestaltung der Digitalisierung aus, das neue digitale Möglichkeiten zur Stärkung autokratischer Systeme nach innen nutzt und nach außen sowohl die poli tische Stabilität liberaler Demokratien untergräbt als auch die wirtschaftliche Vormachtstellung des Westens attackiert.

Wo liegen aktuell Differenzen?

Vor dem Hintergrund einer Reihe von Skandalen bei digitalen Plattformen aus den USA, allen voran Facebook, sind in den letzten Jahren Diffe renzen im transatlantischen Verhältnis aufgetreten und die Rufe nach mehr europäischer Selbstbehauptung lauter geworden. Jenseits des Schutzes von Bürgerrechten vor staatlicher Überwachung umfassen diese Differenzen vor allem den Schutz persönlicher Nutzerdaten bei digitalen Plattformen, die angemessene Besteuerung neuer digitaler Geschäftsmodelle, die Haftbarkeit sozialer Medien für durch diese verbreitete Inhalte, die Wahrung eines fairen wirtschaftlichen Wettbewerbs in Zeiten der Plattformökonomie sowie den gezielten Einsatz offensiver Cyberfähigkeiten.

Wie tiefgreifend sind diese Differenzen wirklich?

Blickt man eingehender auf einzelne Handlungsfelder, zeigt sich, dass bei den heutigen Differenzen keine unvereinbaren Weltbilder und eklatanten Interessenkonflikte aufeinanderprallen, sondern dass wir es mit unterschiedlichen normativen Schwerpunktsetzungen und divergierenden Regulierungsansätzen zu tun haben. Hierbei legen die USA mit einer eher explorativ- technologiefreundlichen Disposition die Betonung auf wirtschaftliches Wachstum sowie nationale Sicherheitsinteressen und verfolgen unter Donald Trump einen stärker wirtschaftsliberalen Ansatz, bei dem Formen der Co- und Selbstregulierung ein Vorzug gegenüber staatlich-legislativer Regelsetzung eingeräumt wird. Da ein Gros der global agierenden „digitalen Champions“ (Google, Apple, Facebook, Amazon usw.) US-Konzerne sind, haben die USA selbstverständlich Interesse daran, diese Akteure und deren wirtschaftliche Freiheiten zu schützen. Demgegenüber steht ein europäischer Ansatz, der sich stärker auf den Schutz der Privat sphäre sowie der Bürgerrechte fokussiert und auf gesetzliche Regulierung von Unternehmen inklusive finanzieller Sanktionsmechanismen setzt.

Wo gibt es bereits Annäherung?

Dass Annäherung nicht nur notwendig ist, sondern bereits stattgefunden hat und auch unter der jetzigen US-Regierung weiter stattfindet, zeigt u. a. das Feld des Datenschutzes, das insbesondere wegen der neuen euro päischen Datenschutzgrund verordnung (DSGVO) als eher spannungs geladen gilt. Ein positives Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit ist in diesem Zusammenhang das EU-US-Privacy Shield von 2016. Als Reaktion auf den Kollaps des Safe-Harbour-Abkommens gelang es der EU und den USA hierbei innerhalb nur weniger Monate, eine neue Vereinbarung zum Datenschutz zu erreichen und damit den freien und offenen Fluss von Daten zwischen den USA und Europa zu bewahren. Inzwischen mehren sich die Anzeichen, dass die US-Regie rung in Reaktion auf mehrere Datenschutzskandale gewillt ist, ebenso Anpassungen in diesem Feld vorzunehmen. Zusätzlichen Vortrieb könnte diese Entwicklung insofern erhalten, als sich mehrere bedeutende US-Konzerne zu einer Übernahme der DSGVO in ihrem gesamten Geschäftsbereich bekannt (Microsoft / IBM) bzw. Willensbekundungen hierzu abgegeben haben (Facebook).

Ein kurzer Ausblick

Blickt man auf die Gestaltung der Digitalisierung, sind die USA für Deutschland und Europa ein unverzichtbarer Partner. Gerade wenn in Zukunft mal wieder die Rede von einem Mehr an europäischer Selbstbehauptung in Abgrenzung zu den USA die Rede sein sollte, gilt es, sich die geteilten Ordnungsvorstellungen und Interessen sowie die Entschlossenheit autoritärer Herausforderer in Erinnerung zu rufen. Darüber hinaus sollte man sich diesseits des Atlantiks weniger an einer regulierungsfixierten Abgrenzung zu den USA abarbeiten als vielmehr die Fragen stellen, wie die USA eine Vorreiterrolle bei der Digitalisierung erreicht haben und welche Lehren Deutschland und Europa aus dieser Erfolgs geschichte ziehen können.

 
 

Sebastian Weise ist Referent für Globale Innovations politik der Konrad-Adenauer-Stiftung.

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