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Die Grand Tour der Bildungsreisenden

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„Italien ist ein schönes Land, da sorgt der liebe Gott für alles, da kann man sich im Sonnenschein auf den Rücken legen, so wachsen einem die Rosinen ins Maul, und wenn einen die Tarantel beißt, so tanzt man mit ungemeiner Gelenkigkeit, wenn man auch sonst nicht tanzen gelernt hat ... nach Italien, nach Italien, rief ich voller Vergnügen aus.“

(Joseph von Eichendorff, Aus dem Leben eines Taugenichts, 1826)

 

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Franz von Lehnbach. Pastorello 1860, Monaco Bayer. Gemäldesammlung

Diese und andere überschwängliche Phantasievorstellungen vom Mythos Italien haben bis heute ihren Reiz nicht verloren. Nach wie vor fühlen sich Menschen aus dem Norden von Italien und Rom magisch angezogen. ‚Grand Tour’ nannte man die Bildungsreise der europäischen Elite, die seit dem späten 17. Jahrhundert in Mode kam. Waren es anfangs einzelne Kulturpilger, die der Wind aus allen Richtungen nach Rom wehte, breitete sich das Phänomen schnell aus. Die Italienreise wurde zum krönenden Abschluss der Ausbildung des aristokratischen Nachwuchses europäischer Höfe. Sie sollte den kulturellen Horizont erweitern, die Persönlichkeit bilden und für die gesellschaftliche und berufliche Zukunft ein Netzwerk aufbauen.

Auf ‚Grand Tour’ nach Italien ging auch bald die intellektuelle europäische Bürgerschicht. Gelehrte, Schriftsteller und Poeten wollten mit eigenen Augen sehen, lernen und verstehen. Sie erhofften sich von Rom neuen Stoff und neue Inspirationen für ihre eigenen Werke. In keiner anderen Stadt waren auf solch einzigartige Weise gleichzeitig die Antike wie auch die großen Meister der Renaissance und des Barock präsent.

 

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Angelika Kauffmann. Portrait J.W. von Goethe 1787 Weimar, Museo Goethe

Als 1786 Johann Wolfgang von Goethe, Autor des Romans ‚Die Leiden des jungen Werther’, mit dem er ganz Europa aufgewühlt hatte, zu einem knapp zweijährigen Aufenthalt nach Rom kam, fügte er der ‚Grand Tour’ einen neuen Aspekt hinzu. Goethe hatte die ‚Italien Sehnsucht’ erfunden, eng verbunden mit Begriffen wie ‚Freiheit’ und ‚Aussteigen’. Dieses neue Phänomen setzte geradezu einen Exodus aus den nordeuropäischen Ländern in Gang. Das Romfieber boomte. Wie Goethe ersehnten viele die Erfüllung einer kreativen Wiedergeburt. Und: Rom war zum Ort der Sinnsuche und Selbstfindung geworden. Herder, Keats und Shelly und unzählige andere hofften, von Rom verzaubert, gefesselt, transformiert, ja, sogar geheilt zu werden. Sie alle sehnten sich nach Freiheit, Loslösung von autoritären Zwängen in der Heimat, Heilung von Liebeskummer und anderen Seelenleiden. „Rom, du meine Heimat, meine Seele“, drückt es Lord Byron in einem Gedicht aus. Die ewige Stadt war also nicht mehr allein Bildungsstätte und Inspirationsquelle für Gelehrte, sondern seit Goethe auf dem besten Weg, auch Heilanstalt seelischer Leiden und Ort der Erfüllung aller Sehnsüchte zu werden.

Eine Reise nach Italien erforderte damals mindestens mehrere Monate Zeit, konnte sich sogar über Jahre ausdehnen und setzte eine gute Portion Abenteuerlust voraus. Die Fahrt mit der Postkutsche war beschwerlich, das Passieren der vielen Kleinstaaten lästig, die Mitreisenden oft unerträglich und das ganze Unternehmen noch bis ins 18. Jahrhundert nicht ungefährlich, denn die meist wohlhabenden Reisenden waren ständigen Raubüberfällen ausgesetzt. Der Schriftsteller Stendhal empfahl: „Nur einfache Kleidung und keinen Schmuck tragen. Erblickt man einen Gendarmen oder Zollbeamten, hält man ihm einen Geldschein unter die Nase- diesem verlockenden Anblick hält er nicht stand. Am besten kommt man überall durch, wenn man sagt, dass man krank sei, jeden Tag zur Messe geht und sonst nie ärgerlich wird.“ Die Reise dauerte zudem endlos lange, man brauchte etwa für die Strecke von Bologna nach Rom zwölf Tage. Die Unterkünfte waren abschreckend. Ein englischer Reisender riet seinen Landsleuten 1750: „Diejenigen, die kein komplettes Bett mit sich führen, sollen zumindest eine leichte Steppdecke, ein Kissen, einen Überzug und gutes Bettzeug mitnehmen … wenigstens ein Laken… im Übrigen soll der Reisende immer eine eiserne Vorrichtung bei sich haben, mit der er die Tür von innen verschließen kann… auch empfiehlt es sich, Handwaffen mitzunehmen …“

 

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Piazza del Popolo

Die Reiseroute wie auch die zu besichtigenden Etappen der Kunststädte waren in der Regel festgelegt: Venedig, Bologna, Florenz, eventuell Neapel, selten Sizilien. Stets aber war der absolute Höhepunkt Rom und die nähere Umgebung. Dort verbrachte man den ganzen Winter. Hatten die Kulturpilger endlich das nördliche römische Stadttor passiert und standen auf der Piazza del Popolo, empfanden sie wie Goethe, endlich in der ‚Hauptstadt der Welt’ angekommen zu sein. Von hier aus ging es zielgerecht durch die Via Babuino in Richtung Spanische Treppe. Das war das bevorzugte Quartier für Kulturreisende und Künstler. Hier konnte man ‚respriro europeo’ atmen. Allein die Namen der damaligen Hotels, in denen sie abstiegen, vermittelten dieses Flair: Hotel America, wo Richard und Cosima Wagner 1876 logierten; Hotel Europa; Hotel de Russie, wo Franz Liszt mit Arthur Rubinstein speiste und Picasso und Jean Cocteau 1917 kurz wohnten. Hotel d’Inghilterra gibt es heute noch. Im Albergo de Londres und im Hotel Serny residierte zeitweise König Ludwig I. von Bayern. Im Hotel Alemagna, direkt gegenüber der Spanischen Treppe, stieg die europäische Aristokratie ab.

 

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Café Greco

Die Neuangekommenen fanden Kontakte untereinander in den Vereinen und Cafés rund um die Piazza di Spagna. So gab es seit 1760 ein ‚Café degli Inglesi’, wo man Lord Byron, William Turner oder Oscar Wilde antreffen konnte. Ein mehr von Russen frequentiertes Café war das ‚Buon Gusto’, wo Gogol an seinen Büchern schrieb. Die Skandinavier hatten ihre Treffpunkte in der Via Condotti, wo Henrik Ibsen bei einer Tasse Café an ‚Peer Gynt’ arbeitete. In dem Lord Sandwich gehörenden ‚Cafè Nazzari’ wurden erstmals Sandwichs (daher der Name) serviert! Deutschsprachige Nationen trafen sich gerne im ‚Cafè Greco’, das ein Grieche 1750 eröffnet hatte. Es war eine charmante kleine Spelunke, wo man sich wegen des Zigarrenqualms kaum erkennen konnte. Mit Glück hätte man, zeitentsprechend, dort Goethe, Richard Wagner, Rainer Maria Rilke, Thomas und Heinrich Mann, Franz Liszt, Felix Mendelssohn-Bartholdy oder andere der vielen berühmte Maler treffen können.

Das Phänomen der ‚Grand Tour’ hatte Rom zur Drehscheibe internationaler Kultureisender gemacht. So viele unterschiedliche Menschen mit ihren unterschiedlichen Ideen trafen hier zusammen, die sonst nie miteinander in Kontakt getreten wären. Der ständige Aufenthalt ausländischer Gelehrter und Künstler in Rom führte zu einem einmaligen Kulturaustausch.

Weiter geht der Rundgang mit 'Spanische Treppe. Internationale Künstlerszene'

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Literatur

 

 

  • Gudrun Schäfer, Heinz Jürgen Kliewer (Hrsg).Italien Traumziel und Wirklichkeit 2001
  • Brigitte Heise/ C.J. Heinrich. Endlich in Rom 2002

 

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