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Von Opfern und Kämpfern

Die schwierige Aufarbeitung der Verbrechen des Kommunismus

Mehr als zwei Jahrzehnte ist es her, dass die kommunistischen Diktaturen in Europa gestürzt wurden. Doch noch immer sind die damals begangenen Verbrechen nicht wirklich aufgearbeitet. Hat Europa bei der Aufarbeitung des Kommunismus versagt? Dieser Frage ging die Konrad-Adenauer-Stiftung in Zusammenarbeit mit der Gedenkstätte Hohenschönhausen in Berlin nach. Eine wichtige Erkenntnis lautet: Betroffene tun sich oft schwer mit der erwarteten Opferrolle.

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Die Formen des Kommunismus und des Widerstands gegen ihn unterscheiden sich in Europa von Land zu Land ebenso wie die Aufarbeitung jener Zeit. „In Deutschland ist seit dem Ende der DDR beim Thema Aufarbeitung viel passiert und viel wurde zu diesem Thema publiziert“, sagte Hildigund Neubert gleich zu Beginn der Diskussionsrunde. „Die Frage ist am Ende aber, ob die Menschen das überhaupt wissen wollen. Denn nur mit einem weit verbreiteten Wissen der Öffentlichkeit kann Aufarbeitung ihre Wirkung erzielen“, so die Thüringer Landesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen. Ein wichtiges Zeichen der Anerkennung wäre für sie etwa ein Mahnmal für die Opfer des DDR-Regimes in Berlin.

In anderen Ländern tun sich die Betroffenen schwer damit, sich selbst als Opfer zu sehen. „In Tschechien ist es zwar Konsens, dass die Opfer des Kommunismus eine Entschädigung bekommen sollen“, erklärte Dr. Jan Pauer. „Allerdings sind die meisten Opfer der 1950er Jahre heute nicht mehr am Leben und die Dissidenten aus der späten Zeit des Kommunismus, die Jahre im Gefängnis verbracht haben, sehen sich selbst nicht als Opfer sondern als Vorkämpfer einer neuen Zeit“, so der Osteuropa-Experte von der Universität Bremen.

Ähnliches gilt für Polen. „Die Angehörigen der Solidarność-Bewegung sehen sich ebenfalls nicht als Opfer des Systems sondern als dessen Bezwinger“, erklärte Prof. Dr. Wolfgang Schlott. Damit seien sie keine Opfer im klassischen Sinne, so der Professor für neuere slawische Kultur- und Literaturgeschichte Universität Bremen.

Ganz anders stelle sich die Lage in Russland dar. „Dort herrschte der Kommunismus seit 1917 und entsprechend schwach sind die Aufarbeitungsanstrengungen“, erklärte Dr. Hubertus Knabe. Im Gegenteil werde die eigene Vergangenheit bis heute glorifiert, so der Direktor der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen. „Das sieht man beispielhaft daran, dass in russischen Umfragen Stalin deutlich populärer ist als Gorbatschow“, ergänzte Neubert.

Hierzulande gebe es eine weit verbreitete Faszination für die Täter der SED-Diktatur und der Blick auf die Widerständler gerate dadurch in den Hintergrund. „Doch solange keine Anerkennung gewährt wird, sind die Opfer dieser Zeit auf die Rolle als Ankläger festgelegt“, machte Neubert klar. Länder wie Rumänien seien Deutschland da voraus, so Knabe. „Dort hat jeder anerkannte Widerständler das Recht, als Würdigung seiner Leistung kostenlos den öffentlichen Nahverkehr zu nutzen.“ Außerdem würden dort die Behörden auf die Opfer zugehen und nicht umgekehrt wie in Deutschland.

„Wir müssen die Aufarbeitung auf die europäische Bühne heben“, sagte Knabe. „Denn wenn das Bewusstsein für das Thema auf europäischer Eben nicht da ist, fließt auch kein Geld für die dafür notwendigen Projekte. Viele Anerkennungsmaßnahmen seien leider nicht in Angriff genommen worden. „Der 23. August war in Erinnerung an den „Hitler-Stalin-Pakt“ von 1939, etwa als Gedenktag für die Opfer des Kommunismus angedacht, aber es gab dagegen Vorbehalte im Deutschen Bundestag, da man fürchtete, die Verbrechen der Nazi-Zeit zu relativieren.“

Ob es irgendwann zu einer kollektiven Erinnerungskultur in Europa kommen wird, bleibt abzuwarten. Pauer zeigte sich am Ende jedoch skeptisch. „Besser ist es, wenn jedes Land seine Geschichte selbst aufarbeitet und seine Lehren daraus zieht.“

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